Kapitel 57: Wirbel im Hause Black

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Am frühen Morgen nach der Weltmeisterschaft kamen die Eulen von Daphne und Draco, um sich zu versichern, dass es ihm gut ging. Daphnes Familie hatte es bereits vor der Sperrung des Gebiets geschafft, zu verschwinden - jemand hatte sie gewarnt. Draco hatte seine Eltern am Treffpunkt gefunden. Niemand verdächtigte die Malfoys, etwas mit der Sache zu tun zu haben. Sirius schien das jedoch noch wütender zu machen, da er sie nicht verraten konnte, ohne auch Harry in Schwierigkeiten zu bringen. Sein Pate zwang ihn jedoch schnell, die Eulen wieder davon zu schicken. Harry schaffte es gerade noch, ihnen eine kleine Nachricht zuzustecken, in der er seine Freunde darüber informierte, dass es auch ihm gut ging. Die Einzige, von der Harry nichts hörte, war Ginny. Er wusste zwar, dass die ganze Familie nur eine Eule hatte, die nicht mehr die jüngste war, nichts desto trotz machte er sich sorgen.

Die nächsten Tage war die Stimmung eisig am Grimmauldplatz. Sirius hatte ihm Hausarrest gegeben. Sie sahen sich nur während der Mahlzeiten, bei denen keiner etwas sagte. Immer wieder hatte Harry versucht, sich zu erklären. Sirius sah ihn nicht einmal ins Gesicht, wenn er mit ihm sprach. Noch schlimmer, als die Tatsache, dass sein Pate nicht mehr mit ihm sprach, waren jedoch die enttäuschten Blicke, die Sirius ihm zuwarf, wenn er dachte, Harry würde es nicht bemerken.

Sirius hatte, wie Harry erfuhr, den Auftrag erhalten, ihn zu überwachen. Das Ministerium fürchtete, dass Harry von den Todessern verfolgt werden würde. Sirius schien die Pläne des Ministeriums zu unterstützen und so kam sich Harry im Haus immer mehr eingeengt vor. Auch wenn sie kaum ein Wort miteinander sprachen, ließ Sirius Harry niemals aus den Augen. Wenn er gerade in seinem Zimmer saß, kam Sirius regelmäßig, um nachzusehen, was er gerade tat. Sirius verlangte sogar, in die Bücher zu sehen, die Harry laß, um sicher zu gehen, dass es nichts Schwarzmagisches war. Sirius erlaubte ihm auch nicht den kleinen Kautz, Sammy, zu benutzen, um seinen Freunden zu schreiben. So war das einzige Wesen, mit dem er in diesen Tagen reden konnte, einmal mehr Kundalini.

Eine Woche nach der Weltmeisterschaft bekam Sirius einen dringenden Brief, der ihm mitteilte, dass das Ministerium annahm, dass die Gefahr nun gebannt war und er wieder ins Büro kommen sollte. Sirius schien mit dieser Situation alles andere als zufrieden zu sein. 

„Du wirst dich nicht aus dem Haus begeben", sagte Sirius zum Abschied. Es waren die ersten Worte gewesen, die Sirius seit zwei Tagen an ihn gerichtet hatte. Damit verschwand er durch den Kamin.
Harry fühlte sich wie ein Gefangener in dem alten Haus. Er wusste allerdings genau wie er sich ablenken konnte, nun, da Sirius weg war. Er ging zu seinem Schrank und öffnete die versperrte Lade mit dem großem Buch Geheimnisse der dunkelsten Kunst. Sirius war sowieso schon wütend auf ihn, weil er dunkle Magie angewandt hatte - schlimmer konnte es nicht mehr werden, dachte er trotzig.
Harry wusste nicht, wie lange er in dem Buch versunken war. Er hatte gerade begonnen, dass Kapitel über ein schwarzmagisches Ritual mit dem Namen „Animo in duas partes dividere" zu lesen, einen Zauber, dessen Sinn er nicht ganz begriff, als Kundalini mit zuckender Schwanzspitze ins Zimmer geschlängelt kam. Als er aufblickte, bemerkte er, dass die Nachmittagssonne bereits vom Himmel schien. Er musste Stunden in dem Zimmer verbracht haben. Wie lange Kundalini wohl schon versuchte, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken?

„Jemand sssteht vor der Türe", zischte sie. Sofort war Harry alarmiert. Zuerst verstaute er sein Buch, dann straffte er seine Schultern. Er dachte daran, was Draco zu ihm gesagt hatte. Er wollte nach seinem Zauberstab greifen, als ihm einfiel, dass Sirius diesen immer noch hatte.
„Kundalini, bleib in meiner Nähe", sagte er. Die Schlange zischte bedrohlich. Angespannt stand er vor der Türe, als es klopfte.
„Harry, bist du da?", fragte eine bekannte Stimme.
„Professor Lupin?", stellte Harry überrascht fest.
„Ja. Sirius hat mich gebeten, nach dir zu sehen."
Harry öffnete die Tür. Davor stand Lupin. Er sah noch heruntergekommener aus, als im letzten Schuljahr. Sein Umhang war schmuddelig und sein rechter Arm endete kurz nach dem Ellbogen.
„Was machen sie hier, Professor?", fragte Harry.
„Ich bin nicht länger dein Professor, Harry. Nenn mich bitte Remus", antwortete er.
„Warum? Warum kommen ... kommst du nicht zurück nach Hogwarts?"
Remus sah traurig auf seinen Arm. „Ich habe meinen Zauberstabarm verloren. Ich bin gerade selbst dabei, viele Zauber neu zu lernen," antwortete er. Seine Stimme klang bedrückt. Harry wollte nicht, dass sich der Freund seines Paten unwohl fühlte - trotz der Erlebnisse zu Schulbeginn, trotz der Tatsache, dass Sirius im Moment kein Wort mit ihm sprach. Er hatte den Mann im letzten Jahr schätzen gelernt und wollte ihn nicht verletzten. Darum sagte Harry schnell: „Komm doch herein. Sirius ist gerade nicht da."
Gemeinsam gingen sie in den Salon.
„Weißt du, Sirius hat mich gebeten, ein Auge auf dich zu werfen. Wie man hört, hast du das Talent deines Vaters und deines Paten geerbt, dich in Schwierigkeiten zu bringen", sagte Remus zwinkernd.
Harry beauftragte Kreacher ihnen einen Tee zu zu bereiten. Anders als Sirius, machte sich Harry keine Gedanken, dass Kreacher ihn vergiften würde. Dafür hatte der Hauself zu viel Angst vor Harry oder besser, vor Kundalini. Harry setzte sich zu Remus und sie unterhielten sich darüber, was bisher passiert war, nachdem Remus ins Krankenhaus gebracht worden war. Nach einiger Zeit fragte Harry: „Hat das Ministerium schon etwas von Pettigrew gehört?" 
„Nein", sagte Lupin bedrückt. „Das Ministerium hat gerade andere Sorgen."
„Was meinst du?", fragte Harry.
„Lesen du und Sirius nicht von den Tagespropheten?"
Harry schüttelte den Kopf. Sirius hatte Harry die gesamte letzte Woche gerade zu von der Außenwelt abgeschnitten.
„Weißt du, Fudge steckt nach der Sache bei der Weltmeisterschaft ziemlich in Erklärungsnot. Besonders nach der ganzen Sache mit Sirius", antwortete Lupin. Er zog eine Zeitung aus seiner Tasche hervor und reichte sie Harry. Eine Reporterin mit Namen Rita Kimmkorn schrieb darüber, dass es Gerüchte gab, dass es auf der Weltmeisterschaft Muggel gestorben waren. Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als ihm das ernste Gesicht von Mr. Malfoy entgegen blickte, der gerade vor dem Zaubergamot stand und Ehrfurcht gebietend gestikulierte. Lucius Malfoy forderte, dass alles restlos aufgeklärt wurde, besonders jene Stellen im Ministerium, die offensichtlich undicht waren. Rita Kammkorn lobte ihn dafür in den Himmel. Harry konnte nicht anders, als den Mann zu bewundern. Selbst wenn Malfoy für die Schwierigkeiten verantwortlich war, schaffte er es noch, davon zu profitieren.

Lupin schien darüber alles andere als glücklich und er schüttelte nur den Kopf.
„Du bist doch mit Ginny Weasley befreundet. Ihrem Vater wird für diese Artikel die Schuld gegeben, weil er bei der Weltmeisterschaft sagte, es sei alles in Ordnung und es gibt noch keine weiteren Informationen! Der Familie geht es schrecklich wegen der Sache. Soweit ich das mitbekommen habe, wurden sie die gesamte letzte Woche von Reportern belagert."
Nun blickte Harry schockiert auf. Er hatte nie wirklich viel Kontakt mit Mr. Weasley gehabt und verabscheute Ron Weasley. Aber mit den Zwillingen hatte er eine Art Waffenstillstand geschlossen und Ginny - sein Magen kribbelte seltsam, als er an sie dachte - sie bedeutete ihm sehr viel. Sofort sprang Harry auf. Aufgeregt rief er: „Wie geht es Ginny? Ich muss zu ihr!"
„Harry, beruhige dich! Ginny ist umgeben von ihrer Familie, sie kümmern sich schon umeinander. Ich musste Sirius versprechen, dass du das Haus nicht verlässt. Da draußen sind Todesser und ich bin sicher, dass mindestens die Hälfte davon dich tot sehen will", sagte Remus bestimmt.
Er war ebenfalls aufgestanden und legte Harry beruhigend die Hand auf die Schulter. Langsam aber sicher frustrierte es Harry, dass Sirius dachte, er könnte ihn hier einsperren. Harry knurrte: „Ich habe die letzten dreizehn Jahre ohne euch überlebt und ich will jetzt wissen, wie es meiner Freundin geht!"
Remus seufzte und lächelte sanft. 
„Ich weiß, Harry", sagte er. „Du bist ein treuer Freund. Aber warte bitte, bis Sirius wieder da ist. Ich bin sicher, er geht mit dir zu den Weasleys."
Harry wollte jedoch nicht länger warten, außerdem bezweifelte er, dass Sirius ihn aus dem Haus lassen würde. Er wollte jetzt wissen, wie es Ginny ging und war sich sicher, nicht mehr hier weg zu kommen, sobald sein Pate zurück war. Verzweifelt überlegte er, wie er Remus abschütteln konnte.
Bereits während er einen Plan ausheckte meinte er: „Ich werde kurz mal nachsehen, wo Kreacher mit dem Tee bleibt."
Harry stürmte aus dem Salon die Eingangshalle hinunter. Er blickte sich um und erinnerte sich an das Porträt von Sirius Mutter, welches mit einem Spanntuch vernagelt war, um zu verhindern, dass sie aufwachte. Er machte einen Schritt darauf zu, als Kundalini neben ihm die Treppen herunterkam.
„Allesss in Ordnung, Harry?", fragte sie.
„Ich brauche kurz deine Hilfe", sagte Harry. „Hier wird gleich ein Mann herunterkommen. Ich möchte, dass du verhinderst, dass er wieder zurück in den Salon geht. Aber verletz ihn nicht, in Ordnung?"
Die Schlange zischelte mit ihrer Zunge, als Zeichen, dass sie verstanden hatte. Mit einem Ruck riss er das Spanntuch herunter und Mrs. Black begann zu schreien: „Schlammblut, elendes Schlammblut im Haus meiner Väter! Werwölfe, Blutsverräter, Schlammblüter alles der gleiche Abschaum! Schande! Schande!"
Harry ging hinter dem Treppenabsatz in Deckung, als Remus angerannt kam und versuchte, das Spanntuch erneut anzubringen. Harry sprang hervor und hetzte an Remus vorbei, der Harry perplex hinterher sah.
„Jetzt, Kundalini!", zischte Harry. Die Schlange baute sich vor Remus auf, der Harry entsetzt ansah.
„Harry was?", fragte Remus, der erschrocken einen Schritt zurückwich.
„Lass ihn auf keinen Fall vorbei", befahl Harry der Schlange zischend.
„Harry! Ruf deine Schlange zurück", sagte Remus - seine Stimme war nach wie vor ruhig, trotzdem ließ er Kundalini keine Sekunde aus den Augen.
Harry ignorierte Remus und lief die Stufen hoch. Remus schickte einen roten Schockzauber auf Kundalini zu, doch diese schien es nicht zu kümmern. Ein Glück, dass er Kundalini in der Winkelgasse gekauft hatte. Harry lief in den Salon, griff in den kleinen Krug auf der Kaminsims, nahm etwas von dem grünen Pulver und warf es ins Feuer.

„Zum Fuchsbau!", rief Harry und im nächsten Moment platzte er aus dem Kamin in ein kleines Wohnzimmer. Mrs. Norris gab ein grässliches Fauchen von sich, da Harry sie von ihrem Platz vorm Kamin vertrieben hatte. An einem Tisch in der angrenzenden Küche, in der gerade sechs Rotschöpfe saßen und das Abendessen zu sich nahmen, fand er Ginny.
„Potter! Was machst du denn hier?", knurrte Ron Weasley. Harry stieg die Röte ins Gesicht, als er Ginnys verwirrten Gesichtsausdruck sah. Er hatte sich tatsächlich nicht überlegt, was er der Familie sagen wollte, wenn er unangekündigt bei ihnen herein platzte. Er hatte im Affekt gehandelt, nachdem er erfahren hatte, dass Ginny bedrängt wurde.
„Ich... also... ich habe gerade gehört, dass Ihrer Familie die Schuld für das Fiasko mit dem Tagespropheten gegeben wird. Da ich bisher nichts von Ginny gehört habe, wollte ich sehen, ob es ihr gut geht", stotterte er mit Blick auf Mrs. Weasley. Er spürte, dass ihm die Röte nun bis zu den Ohren stieg.
Die Zwillinge prusteten in ihre Getränke. Ron warf ihm einen vernichtenden Blick zu und der Älteste der anwesenden Weasleyjungen, dessen Name Harry nicht kannte, sah amüsiert zwischen Ginny und Harry hin und her. Ginny lächelte hingegen ihn freudestrahlend an und Mrs. Weasley, nun ja, die schluchzte gerührt.
„Oh Harry, das ist ja so lieb von dir!", schniefte Mrs. Weasley. Ron verzog angewidert eine Miene. Ginny sprang auf und nahm Harry in die Arme, was Mrs. Weasley dazu brachte, sich zu räuspern.
„Charlie, kannst du Ginnys Geschirr mitnehmen? Ich denke, wir sollten die beiden kurz alleine lassen", sagte Mrs. Weasley, die anfing die leeren Gläser auf ein Tablet zu räumen.
„Ich werde nicht wegen Potter das Wohnzimmer räumen. Ich muss noch meine Hausaufgaben machen", meinte Ron trotzig. Ginny verdrehte die Augen.
„Komm Harry, draußen im Garten ist es sehr schön - dort können wir ungestört reden!"
Harry spürte, dass sie fünf Augenpaare verfolgten, als Ginny Harry nach draußen in den Garten trieb.

Wege eines SlytherinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt