Kapitel 60: Traum und Wirklichkeit

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Hagrid begann die Stunde sehr überdreht. Ein wenig erinnerte er Harry an ein kleines Kind vor Weihnachten. Um ihn herum standen mehrere Holzkisten. Als sie näher herankamen hörten sie ein Rasseln und kleinere Explosionen. Daphne wich die Farbe aus dem Gesicht. 
„Oh nein..."
„Was ist los?", fragte Harry.
„Ich habe ihm nicht auf seine Unterrichtsideen geantwortet! Über die ganze Sache bei der Weltmeisterschaft und deinem Besuch hab ich es ganz vergessen."
Draco schluckte und fragte unsicher: „Was hat er vor?"
„Hat wohl irgendeine neue Kreuzung gezüchtet", murmelte Daphne und scharrte verlegen mit ihrem Fuß in der Erde.
„Er hat was getan!?", platzte Harry entsetzt hervor.

„Moin!", sagte Hagrid gut gelaunt. „Wir werden dieses Jahr ein spannendes Projekt angehen."
Damit zeigte er auf die offenen Kisten. „Knallrümpfige Kröter", sagte er zufrieden. „Frisch ausgebrütet. Dachte ihr könntet sie heuer großziehen. Aber zuerst müsst ihr noch herausfinden, was sie fressen!"
„Uarghh!", rief Brown von den Gryffindors, die gerade in eine der Kisten blickte. Vor ihnen lagen seltsame Wesen, die aussahen wie missgestaltete, schalenlose Hummer. Sie waren fahl und sahen schleimig aus mit Beinen, die an allen möglichen und unmöglichen Stellen aus ihrem Körper ragten. Der Kopf hingegen war nicht zu erkennen. In jeder einzelnen Kiste lagen etwa einhundert dieser eigenartigen Kreaturen.
Widerwillig begannen Harry und Draco, zu versuchen, die Tiere zu füttern. Während alle anderen angeekelt und vorsichtig an die Aufgabe herangingen, zeigte Daphne wie immer Begeisterung.
„Autsch!", rief plötzlich Finnigan. „Mich hat es erwischt - er ist explodiert!"
Grinsend sah Harry, dass Finnigan eine Brandblase an seiner Hand hatte. Finnigan schüttelte seine Hand - es sah aus, als wäre es ziemlich schmerzhaft. 
„Kann schon mal passieren, wenn sie losknallen", sagte Hagrid.
„Waah!", rief Brown. „Ein paar von denen haben Stacheln!"
„Ich glaub das sind die Männchen", meinte Hagrid mit einem breiten Grinsen. „Die anderen, mit den Saugknöpfen zum Blutsaugen sind wohl Weibchen."
Brown zog schnell ihre Hand aus der Kiste.
„Wer will nicht ein Haustier, dass gleichzeitig blutsaugen, explodieren und stechen kann", meinte Draco leise, in der Absicht, dass nur Harry es hörte. Dieser musste ein Kichern verbergen.
Natürlich hatte Granger sie gehört. „Nur weil sie nicht hübsch sind, heißt es nicht, dass sie nicht nützlich sind. Drachenblut hat sagenhafte Eigenschaften und trotzdem würde niemand einen als Haustier wollen!", sagte sie wichtigtuerisch.
Draco wollte schon etwas antworten, doch da Hagrid gerade her sah, stieß Harry ihn in die Rippen. Daphne hielt einem Kröter in der Zwischenzeit voller Eifer ein Stück rohes Fleisch hin. Die kleinen Monster schienen nicht interessiert. Stattdessen versuchte eines nach Daphnes Finger zu schnappen. Elegant wich sie aus und gluckste, als sie den Kopf des Kröters tätschelte.

„Wisst ihr, ich denke, Granger könnte recht haben. Ich mag die Dinger irgendwie", sagte Daphne, als sie am Rückweg zum Schloss waren. Harry und Draco zogen die Augenbrauen hoch.
„Daphne, nicht böse sein - aber ich denke du verbringst zu viel Zeit mit Hagrid", sagte Harry, der gerade so einem Stachel auswichen war, bevor die Stunde beendet worden war. Daphne zuckte mit der Schulter und meinte: „Was soll's, wenn die Viecher vielleicht Drachenpocken oder so heilen können."
„Ich denke, man sollte die Dinger ersäufen, solange wir noch die Möglichkeit haben. Ich wette, sie werden zwei Meter lang, sobald Hagrid herausgefunden hat, was sie gerne fressen. Und dann ist es zu spät", knurrte Draco mürrisch, während er einen Erstklässler aus dem Wieg stieß.
Insgeheim musste Harry Draco recht geben. Daphne ließ sich jedoch nicht davon abhalten, sie darüber zu belehren, dass auch Runespoors, Alraunen und Drachen für verachtenswerte Kreaturen gehalten hatte, bevor man ihre Nützlichkeit zu schätzen wusste. Sie zitierte eine Aussage von Newt Scamander, der feststellt hatte, dass sogar die gefährliche Acromantula nützlich war, wenn ihr kostbares Gift extrahiert wurde. Als sie schließlich begann während des Mittagessen von Chimären und Nundus zu sprechen, beschloss Harry, sich auf sein Mittagessen zu konzentrieren.

Wege eines SlytherinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt