Kapitel 14: Dobby

904 66 10
                                    


Auf seinem Bett saß eine seltsame Kreatur. Sie hatte fahle Haut, große, fledermausartige Ohren und grüne, tennisballartige Augen die er schon einmal gesehen hatte. Es war das Wesen, das ihn von der Hecke aus beobachtet hatte. Während sie sich anstarrten, hörte Harry die Stimme von Dudley in der Diele. „Darf ich ihnen die Jacken abnehmen, Mr. und Mrs. Mason?", fragte er.

Harry wagte es kaum zu atmen. So sehr er sich gewünscht hatte, etwas aus der magischen Welt zu hören - ausgerechnet, wenn Onkel Vernon Besuch hatte, würde ihn das in gigantische Schwierigkeiten bringen. Harry überlegte fieberhaft, was er nun tun sollte. In der Zwischenzeit glitt das Wesen vom Bett und verbeugte sich so tief, dass seine lange Nase fast den Boden berührte. 

„Mr. Harry Potter, Sir, es ist mir eine Freude, sie kennen zu lernen", sagte das Wesen mit einer so durchdringenden Piepsstimme, dass Harry sich sicher war, jemand würde ihn hören.
„Wer sind Sie?", fragte Harry leise und versicherte sich, dass unten immer noch die Gespräche laut genug waren, um zu verhindern, dass jemand sie hörte.
„Dobby, Sir, einfach nur Dobby. Dobby der Hauself."
„Es tut mir leid, Dobby. Aber nun ist wirklich nicht der Augenblick, um einen Hauself in meinem Haus zu haben", sagte Harry bestimmt.
Von unten hörte er das künstliche Lachen seiner Tante Petunia.
„Gibt es einen bestimmten Grund, warum sie hier sind?", fragte Harry.
Der Hauself nickte eifrig.
„Der junge Master Malfoy hat Dobby geschickt, nach Ihnen zu sehen. Zu sehen, ob es Ihnen gut geht. Aber Dobby ist aus einem anderen Grund hier... es ist schwierig... Dobby weiß nicht wie er sagen soll."

Harry starrte den Hauselfen ungläubig an. Draco hatte ihm erzählt, dass seine Familie Hauselfen besaß. Aber warum sollte Draco einen Elfen anstatt einer Eule schicken? Er hätte ihn am liebsten weggeschickt, damit die Dursleys ihn nicht sahen, er nicht in Schwierigkeiten geriet - doch andererseits... wann würde er wieder Kontakt zur Zauberwelt haben? Wenn Draco den Elfen statt seiner Eule geschickt hatte, hatte das mit Sicherheit einen Grund.

„Setzen Sie sich doch erst einmal, aber bitte, seien sie leise", sagte Harry.
„SETZEN?!", rief der Hauself lauthals und brach in lautes Schluchzen aus.
„Nicht doch, ich wollte sie nicht verletzten!", sagte Harry schnell, bevor Dobby noch mehr krach machen konnte. Dieser verdammte Elf würde ihn noch in gehörige Schwierigkeiten bringen. Was musste er seine Zeit auch bei Muggeln verbringen? Wäre er in einer magischen Familie aufgewachsen, wäre ein Hauself in seinem Zimmer kein Problem.
„Verletzen, Sir... aber nicht doch. Es ist nur so, dass mich noch nie ein Zauberer gebeten hat, sich zu setzen. Von Gleich zu gleich", erklärte der Elf.
Harry seufzte. Ob das wieder eine dieser seltsamen Regeln war, die er aus der Zauberwelt nicht kannte?
„Na schön, Dobby. Wollen sie mir jetzt nicht erzählen, was Sie sonst noch hier her bringt?", fragte Harry. Dobby schien sich zu winden, als ob eine unsichtbare Kraft an ihm zerren würde.
„Dobby ist zu Ohren gekommen, dass Harry Potter den Dunklen Lord besiegt hat. Dobby hat außerdem gehört, dass es Harry Potter erst vor wenigen Wochen erneut gelungen ist, dem Dunklen Lord zu entfliehen. Der junge Meister hat es in einem seiner Briefe geschrieben", sagte der Elf.
„Ja, das stimmt, aber was hat das mit Ihrem Besuch hier zu tun?", fragte er, auch wenn er es seltsam fand, dass Draco in einem Brief davon schreiben würde - er hatte doch gewollt, dass die Sache vor seinem Vater geheim gehalten wurde.
„Nun Sir, Hogwarts wird dieses Jahr nicht sicher sein. Harry Potter darf nicht nach Hogwarts zurückkehren. Schreckliche Dinge werden geschehen!", sagte der Hauself.
„Schreckliche Dinge, was für schreckliche Dinge?", fragte Harry, doch bekam keine Antwort. In diesem Moment begann Dobby nämlich, wie von Sinnen seinen Kopf gegen die Wand zu schlagen.
„Dobby kann nichts erzählen!" rief er.
„Dobby, hör auf!", sagte Harry in Panik. Nun war er sicher, dass man unten etwas gehört hatte.

Tatsächlich stoppte der Hauself mitten in seiner Bewegung, als hätte Harry ihn erstarren lassen. Schon hörte er, wie Onkel Vernon die Stufen hoch trampelte.
„Dudley der Schlingel hat wohl mal wieder den Fernseher angelassen!", hörte er Vernons Stimme im Gang.
„Rein da!", fauchte Harry und steckte Dobby in seinen Schrank.
„Bist du von allen guten Geistern verlassen, Junge? Du hast mir meinen besten Witz versaut! Mach noch einen Mucks und du wirst dir wünschen, nie geboren zu sein!" knurrte Vernon gerade so laut, dass man ihn unten nicht hören konnte. Harry starrte seinen Onkel widerwillig an, nickte dann aber. 

Wege eines SlytherinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt