Kapitel 37: Dolorium

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Am nächsten Abend befanden sie sich in einem Trainingsraum im Obergeschoss des Herrenhauses. Draco und Harry standen beide dort, während Lucius Malfoy sie genau musterte.
„Ich habe mich entschieden, Draco dieses Jahr in die dunklen Künste einzuführen. Da du nunmal auch hier bist Harry, dachte ich mir, es sei eine gute Idee, wenn du ebenfalls an diesem Unterricht teilnehmen würdest", sagte er mit aalglatter Stimme. 

Mr. Malfoy hatte wohl entschieden, dass es besser war, nichts von ihrem Gespräch zu sagen bei er Harrys Unterricht zugestimmt hatte. Harry beschloss, es dabei zu belassen. Draco würde es wohl nicht gut heißen, dass Harry versucht hatte seinen Vater zu erpressen. Mr. Malfoy fuhr fort:
„Das führt uns zu einem weiteren Vorteil. Da ihr zu zweit seit, gibt es auch jemanden, an dem ihr eure Flüche üben könnt."
Draco sah ihn entsetzt an. Sein Blick wanderte zu Harry, dann schüttelte er heftig den Kopf. 
„Aber Vater... er ist mein bester Freund. Ich kann doch nicht...!", begann Draco.
Mr. Malfoy schnaubte. In seinen Augen lag kein Funken an Verständnis. „Dunkle Magie muss so gemeint sein. Du musst es wirklich wollen. Wenn du sie gegen einen Freund einsetzen kannst, wirst du sie gegen jeden einsetzen können."
Harry war nicht sicher, was er davon halten sollte. Er wollte Sirius Black verletzten, doch nicht seinen besten Freund. In ihm tobte ein Kampf zwischen seinem Bedürfnis nach Rache und seiner Sorge über Dracos Wohlbefinden. Vorsichtig fragte er: „Wir werden doch keine Flüche üben, die langfristigen Schaden anrichten können, oder?"
„Natürlich nicht. Zumindest nicht, wenn alles kontrolliert abläuft. Dumbledore wäre nicht sehr erfreut, wenn ich seinen Lieblingsschüler verletze. Und ich würde nie etwas tun, das meinen Erben gefährden würde", sagte Mr. Malfoy bestimmt. Diese Versicherung genügte Harry vollkommen. 

„Großartig. Womit beginnen wir?", fragte er. Harry war aufgeregt und konnte es kaum erwarten, seinen Zauberstab zum Einsatz zu bringen. Draco hingegen schien alles andere als begeistert von der Idee, dunkle Flüche gegen seinen besten Freund einzusetzen.
„Wir beginnen mit einem einfachen Illusionszauber. Einfach, aber wirkungsvoll. Je nach dem, wie stark der Zauber ist, kann man das Opfer unterschiedlichste Dinge sehen und spüren lassen - von der Illusion einfacher Nadelstiche, hin zu gebrochenen Knochen, bis zur Illusion, dass es sterben müsse."
Harry war sofort Feuer und Flamme. Das war genau das, was er sich vorstellte, wenn er an sein Zusammentreffen mit Black dachte.
„Wie lautet der Zauber?", fragte Harry wissbegierig.
„Dolorium", sagte Mr. Malfoy mit einem fast sanftem Lächeln. Dann zeigte er ihnen die Handbewegung. „Also - wer möchte anfangen?" 

Draco wich zurück. Harry hingegen blickte ihn voller Tatendrang an. Er spürte ein leichtes Kribbeln seiner Finger, dort, wo sie seinen Zauberstab berührten. 
„Ich denke Draco sollte beginnen. Er hat mehr Erfahrung und schon einfachere dunkle Zauber gemeistert", beschloss Mr. Malfoy schließlich. „Nicht vergessen Draco - Dolorium. Und du musst es wirklich so meinen, oder der Zauber wird keine Wirkung zeigen."
„Dolorium!", rief Draco und schwang seinen Stab. Nichts geschah. Draco rief erneut: „Dolorium!"
Wieder passierte nichts. Harry erkannte sofort, dass Mr. Malfoy mehr als enttäuscht von seinem Sohn war.
„Nun gut, vielleicht hast du ja mehr Talent, Harry. Und nicht vergessen..."
„Ich muss es so meinen, ich weiß. Aber ich habe noch eine Frage. Muss ich mir wirklich vorstellen, Draco zu verletzten oder reicht es, mir jemand anderen vorzustellen?", fragte Harry.
Mr. Malfoy grinste zufrieden. „Ein guter Gedanke Harry. Es scheint, als hättest du eine wichtige Grundlage der schwarzen Magie verstanden."

Harry hob seinen Zauberstab. Er dachte an Black. Er sah es beinahe vor sich, wie Black zu seinem Meister gelaufen war.
„Es ist geschehen mein Lord... die Potters haben mich zu ihrem Geheimniswahrer gemacht!", hörte er eine flüsternde Stimme in seinem Kopf, als ob er selbst vor dem Verräter stehen würde. Die Stimme, die er hörte, wollte nicht so recht zu dem Mann passen, den er im Tagespropheten gesehen hatte. Daher stellte er sich eine Mischung aus dem Mann, den er auf dem Bild der Hochzeit seiner Eltern gefunden hatte und dem Mann, den er später auf den Fahndungsplakaten kennengelernt hatte, vor. Er dachte daran, wie die Dursleys ihn gequält hatten, über all die Jahre. Und er fragte sich, wie es gewesen wäre, wenn er eine richtige Familie gehabt hätte. Unglaublicher Hass stieg in ihm auf. Er wünschte sich, Sirius Black zu quälen, ihn für seine Taten zahlen zu lassen.

Wege eines SlytherinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt