Kapitel 4: Der Meister der Zaubertränke

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Ein spitzer Schrei ließ Harry aus dem Schlaf fahren. Sofort bemerkte er, dass Kundalini nicht mehr neben ihm lag. „Oh nein, bitte nicht!", dachte Harry. Noch im Schlafanzug lief er die Treppen hinunter. Mehrere Mädchen, sie mussten im zweiten oder dritten Jahr sein, standen an die Wand gepresst im Gemeinschaftsraum. Kundalini hatte es sich neben dem Kaminfeuer gemütlich gemacht und war ebenfalls von dem Geschrei wachgeworden. Verwirrt suchte sie nach der Quelle des Lärms. 

„Wem gehört dieses Monster!?", fragte eines der Mädchen. Mittlerweile hatte sich das halbe Haus, die meisten noch in ihren Schlafanzügen im Gemeinschaftsraum versammelt.
„Sie ist kein Monster! Schlangen sind unglaublich intelligente Tiere!", verteidigte Harry sein Tier. Dem Rat Dracos folgend, sprach er Kundalini jedoch nicht direkt an, sondern gab ihr ein Zeichen, zu ihm zu kommen. Sie schlängelte sich durch den Raum, was die Schüler, die ihr im Weg standen panisch zur Seite weichen ließ. Er reichte ihr die Hand, um die sie sich eng schlang, bis sie sich auf seiner Schulter niedergelassen hatte.
„Wasss ist losss?", fragte sie verschlafen. Er schüttelte nur den Kopf um ihr zu zeigen, dass er nicht mit ihr sprechen konnte.
„Sie ist gut erzogen und wird niemanden etwas tun. Außerdem habe ich eine Sondererlaubnis von Dumbledore!", erklärte er. Die Sondererlaubnis hatte ihm Hagrid noch in den Ferien zukommen lassen. Nun war es Pistoletti, der Eingriff.
„Na schön, alle wieder in ihre Schlafsäle, macht euch fertig für den Unterricht. Potter! Sorg dafür, dass deine Schlange in eurem Schlafsaal bleibt, solange du nicht dabei bist und dass sie die Haustiere der anderen in Ruhe lässt." Diejenigen, die schon vorher Angst vor der Schlange hatten, wurden auch durch die Worte von Pistoletti nicht beruhigt, doch niemand wagte es, ihm zu Widersprechen.
„Kundalini, du musst unbedingt in diesem Raum bleiben, wenn ich nicht dabei bin, ok?", sagte er, als Theo den Schlafsaal verlassen hatte.
„Warum?", fragte die Schlange.
„Die anderen haben Angst vor dir. Und wenn du sie erschreckst, dann muss ich dich nach Hause schicken", erklärte er.
„Na gut, dann bleibe ich eben hier. Aber versssprich mir, mich bald abzuholen! ich will endlich etwasss von der Welt sssehen."
„Natürlich. Am Wochenende können wir das Gelände erkunden!"
„Weißt du, dass ich es immer noch schräg finde, wenn du mit der Schlange sprichst?", fragte Draco. Harry zuckte jedoch nur mit der Schulter.


„Da ist er!"
„Wo?"
„Na da, neben den beiden blonden!"
„Der mit der Brille?"
„Hat er wirklich die Narbe?"
Ein ständiges Flüstern und viele Blicke verfolgten ihn am nächsten Morgen.
„Alle wollen einen Blick auf den berühmten Harry Potter werfen", stellte Draco feixend fest. Harry mochte es nicht, doch zum Glück sorgten die älteren Slytherins, die sie in der ersten Woche zu ihren Klassenzimmern brachten, dafür, dass er ein wenig abgeschirmt wurde. Harry war sehr froh, dass die älteren Schüler sie begleiteten. Das Schloss hatte hunderte Stufen, Gänge und Treppen, die an manchen Tagen in eine andere Richtung führten und man konnte sich weder an den Porträts an den Wänden noch an den Rüstungen in den Gängen orientieren, da diese oft ihren Standort wechselten.
Slytherin schien das einzige Haus zu sein, dass die Erstklässler unterstützte, denn es passierte regelmäßig, dass Gryffindors, Ravenclaws und Hufflepuffs zu spät kamen. Außerdem hatten sie gehört, dass Peeves der Poltergeist die Angewohnheit hatte, neue Schüler an der Nase herumzuführen. Argus Filch hatte wohl bereits zwei Gryffindors zum Nachsitzen verdonnert, weil sie, während sie sich verirrt hatten, den Korridor im dritten Stock betreten hatten wollen.

Harry musste bald feststellen, dass Zauberei um einiges mehr ausmachte, als nur ein paar Zaubersprüche zu murmeln und dabei mit dem Zauberstab zu fuchteln. Jeden Donnerstag mussten sie mit ihren Teleskopen den Nachthimmel studieren und die Namen von unterschiedlichen Planeten und Sternen lernen. Dreimal die Woche gingen sie hinaus zu den Gewächshäusern wo sie bei der kleinen Professorin Sprout lernten, welche Pflanzen man wie nutzen konnte. Sogar ein Geist unterrichtete sie. In Geschichte der Zauberei, dem langweiligsten Fach der ganzen Schule. Professor Flitwick, der Lehrer für Zauberkunst, war, laut Draco ein Halbkobold. Zu Beginn ihrer ersten Stunde hatte er die Namensliste verlesen und war beim Namen Harry Potter  vom Bücherstapel gestürzt.

Professor McGonagall wiederum war ganz anders. Harry hatte durchaus recht gehabt, mit seiner Vermutung, dass sie sehr streng war. Streng und klug hatte sie kein Problem, die ganze Klasse ruhig zu halten. „Verwandlungen gehören zu den schwierigsten und gefährlichsten Zaubereien, die ihr in Hogwarts lernen werdet", sagte sie zu beginn der Stunde, „Jeder, der in meinem Unterricht Unsinn anstellt, wird gehen und nicht mehr zurückkommen." Sie schien dabei besonders die Slytherins anzufunkeln. „Ihr seid gewarnt."
Dann schrieben sie erstmal eine Menge komplizierter Dinge auf bis sie zur ersten Übung kamen. Sie erhielten alle ein Streichholz, doch weder Harry noch Draco hatten Erfolg damit, es in eine Nadel zu verwandeln. Am Ende der Stunde nickte sie lediglich Daphne aufmunternd zu, deren Streichholz zwar nicht zu einer Nadel geworden war, doch zumindest schon an einen Zahnstocher erinnerte.

Quirrells Unterricht stellte sich als wirkliche Enttäuschung heraus. „Mein Bruder hatte recht. Egal wie Snape im Unterricht ist, er kann nur besser als Quirrell sein", stellte Daphne am Ende der Stunde fest. Was Harry erleichtert feststellte war, dass er keinesfalls Meilenweit hinterherhinkte, wie er zu Anfang befürchtet hatte. In den anderen Häusern waren viele Schüler aus Muggelfamilien, die wie er keine Ahnung gehabt hatten, dass sie Hexen oder Zauberer waren. Außerdem gab es so viel zu lernen, dass selbst Schüler wie Daphne keinen wirklichen Vorsprung hatten. Lediglich Draco, der wirklich fleißig war und viel zu lernen schien, war etwas weiter als sie und nicht einmal das war der Rede wert.
Freitag war ein aufregender Tag für die Slytherin-Erstklässler. Zum ersten Mal würden sie nicht mehr von den Fünftklässlern begleitet werden. Daphne, Harry, Draco und mit ihnen auch Gregory und Vincent waren ohne Probleme zum Frühstück gekommen.

„Heute haben wir Snape, nicht war?", fragte Harry Daphne, als er gerade Haferbrei aß. „Er soll ein großartiger Lehrer sein, sagt Vater", verkündete Draco. In diesem Moment kam die Post. Harry hatte sich daran gewöhnt, doch am ersten Morgen hatte er einen kleinen Schreck bekommen, als beim Frühstück etwa hundert Eulen in die Große Halle schwirrten, die Tische umkreisten und ihren Besitzern Briefe und Päckchen brachten. Da Harry weder eine Eule hatte, noch jemanden außerhalb seines Schlafsaals, der ihm schreiben würde, achtete er nicht weiter darauf. An diesem Morgen war jedoch alles anders.
„Harry, ich glaub die Eule will zu dir", meinte Vince plötzlich. Vor ihm hatte sich eine der Schleiereulen der Schule niedergelassen. Harry riss ihn sofort auf.
In krakeliger Schrift stand da geschrieben:

„Lieber Harry,
ich weiß, das du Freitagnachmittag frei hast. Hättest du nicht Lust, mich zu besuchen und eine Tasse Tee zu trinken? Ich möchte alles über deine erste Woche erfahren. Schick mir mit der Eule eine Antwort.
Hagrid"


Harry borgte sich Daphnes Federkiel.
„Von wem ist das?", fragte Daphne.
„Von Hagrid. Er hat mich von den Muggeln weggeholt und möchte heute einen Tee mit mir trinken", erklärte er.
„Hagrid, der Wildhüter?", fragte Daphne begeistert, „Ich habe gehört, er züchtet Hippogreife. Oh bitte darf ich mitkommen?"
„Natürlich, ich bin sicher, Hagrid hat nichts dagegen. Draco, kommst du auch mit?", fragte er. Er warf Harry kurz ihnen seltsamen Blick zu, als würde er sich unwohl fühlen, murrte dann jedoch: „Na wenn ihr meint."
Es war gut, dass Harry etwas hatte, auf das er sich freuen konnte, denn Zaubertränke sollte alles andere als lustig werden.

Beim Bankett hatte er das Gefühl gehabt, Snape würde ihn nicht besonders mögen, doch am Ende der ersten Stunde wusste er, das er falsch gelegen hatte. Snape hasste ihn. Der Zaubertrankunterricht fand im Kerker statt, der noch tiefer lag, als ihr Schlafsaal. Es war einige grad kühler als oben und auch ohne die in Essig eingelegten Tiere, die in an den Wänden aufgereihten Gläsern herum schwammen, wäre es unheimlich genug gewesen.
Snape begann die Stunde mit der Verlesung der Namensliste. „Harry Potter" sprach er mit einem so scharfen Ton aus, dass Harry Angst hatte, Snape würde ihn gleich anschreien. Fragend blickten ihn seine Freunde an. Snape rief die restlichen Namen der Klasse auf und richtete dann seinen Blick auf sie.
„Ihr seid hier, um die schwierige Wissenschaft und exakte Kunst der Zaubertrankbrauerei zu lernen. Da es bei mir nur wenig albernes Zauberstabgefuchtel gibt, werden viele von ihnen kaum glauben, dass es sich um Zauberei handelt. Ich erwarte nicht, dass ihr wirklich die Schönheit des leise brodelnden Kessels mit seinem schimmernden Dämpfen zu sehen lernt, die zarte Macht der Flüssigkeiten, die durch die menschlichen Venen kriechen, den Kopf verhexen und die Sinne betören... Ich kann euch lehren, wie man Ruhm in Flaschen füllt, Ansehen zusammenbraut, sogar den Tod verkorkt - sofern ihr kein großer Haufen Dummköpfe seid, wie ich sie sonst immer in der Klasse habe."
Die Klasse war stumm nach dieser kleinen Rede. Harry hatte bemerkt, dass Snape bei dem Wort Dummkopf nur in seine Richtung gestarrt hatte.
„Longbottom!", sagte Snape plötzlich. „Was bekomme ich, wenn ich einem Wermutaufguss geriebene Affodilwurzel hinzufüge?", fragte er. Der Junge mit der Kröte sah ratlos umher. Doch auch Harry musste zugeben, keine Antwort auf die Frage zu wissen.
„Ich weiß es nicht, Sir", stotterte der Junge, während Grangers Hand nach oben geschossen war. „Versuchen wir es doch noch einmal mit einem anderen Gryffindor. Wie wäre es mit... Weasley? Wo würden sie suchen, wenn sie mir einen Bezoar beschaffen müssten?", fragte er. Dieses Mal wusste Harry es. Die Frau in der Magischen Menagerie hatte ihm einen Bezoar mitgegeben, falls seine Schlange jemanden beißen würde. Der Bezoar war ein Stein aus dem Magen einer Ziege, der alle Vergiftungen heilen konnte. Harry war neben Hermine der einzige, der die Hand hob.
„Potter!", rief Snape und verzog sein Gesicht zu einem fiesen Grinsen, „Wollen sie ihrem kleinen Gryffindorfreund etwa helfen?" Draco, Crabbe und Goyle begannen zu kichern, doch Harry schämte sich dafür.
„Sir... Ein Bezoar ist ein starkes Gegengift, ein Stein, den man im Magen einer Ziege findet", antwortete er knapp. Snape nickte, warf ihm jedoch einen stechenden Blick zu, bei dem er das Gefühl hatte, Snape würde in seinen Kopf sehen.
„Finnigan, erklären sie mir den Unterschied zwischen Eisenhut und Wolfswurz", schnarrte er, nachdem er sich von Harry abgewandt hatte. Wieder kam keine Antwort.
„Gryffindor wird ein Punkt abgezogen, wegen dieser unglaublichen Innkompetenz, die sie hier an den Tag legen. Lassen sie sich gesagt sein, Arroganz und Mut werden sie in meinem Klassenzimmer nicht weit bringen!"

Dann erklärte er die offen geblieben Fragen und teilte sie in Paare ein. Die Gerüchte, dass Snape die Slytherins bevorzugte, stellten sich als Wahrheit heraus. Er lobte Daphne für das exakte Abwiegen der Nesseln, Blaise dafür, dass sie ihre Schlangenzähne so fein gemahlen hatte und schließlich Greg und Vince dafür, dass sie die Flamme genau auf die richtige Größe eingestellt hatten. Bei allen Gryffindors und auch bei Harry hatte er hingegen etwas auszusetzen. Er wollte gerade die ganze Klasse dazu auffordern, dass sie sich die Wellhornschnecken ansehen sollten, die Draco anscheinend perfekt geröstet hatte, als eine grüne Rauchwolke und ein lautes Zischen den Kerker erfüllte. Longbottom hatte es irgendwie geschafft Finnigans Kessel zu einem Klumpen zusammen zu schmelzen. Das Gebräu sickerte über den Boden und brannte Löcher in die Schuhe. Im Nu war die ganze Klasse auf den Stühlen, außer Longbottom, der in dem Gebräu lag, sich die Hände vors Gesicht hielt, das wie sein ganzer Körper von Furunkel überzogen war und vor Schmerz schrie.
„Sie Idiot! Sie haben die Stachelschweinpastillen hinzugefügt, während der Kessel noch am Feuer stand", blaffte Snape. „Bringen sie ihn in den Krankenflügel. Noch ein Punkt Abzug für Gryffindor!"
Mit einem Wink mit dem Zauberstab ließ Snape die Flüssigkeit verschwinden. Dann wandte er sich wieder Harry zu. „Und nun zu ihnen Mr. Potter. Sie haben es nicht geschafft, den Zaubertrank fertig zu stellen. Ich erwarte von ihnen, dass sie bis nächste Woche einen Aufsatz über die zehn Anwendungsarten von Wellhornschnecken schreiben. 2,5 Fuß in Reinschrift!" Daphne, die mit ihm den Zaubertrank braute, erwähnte er mit keinem Wort. Damit entließ er die Klasse.

Als sie die Stufen hinaufstiegen, stellte Daphne jene Frage, die sich wohl alle Slytherins in diesem Moment stellten. „Warum zum Teufel hasst dich Snape so? Ich mein, dass er die Gryffindors hasst, ist ja bekannt, aber warum dich? Du bist einer von uns!" Beim letzten Satz zeigte sie auf das Wappen, das nun alle ihre Roben zierte. „Ich weiß es wirklich nicht. Ich kenne ihn noch nicht einmal. Ich bin im vor der Eröffnungsfeier noch nie begegnet."

Um fünf vor drei verließen sie das Schloss und machten sich auf den Weg nach unten zu Hagrid Hütte. Hagrid hatte einen großen Hund, der ebenso wild aussah wie Hagrid, doch auch genauso zahm. Daphne streichelte ihn, was dazu führte, dass er wild mit dem Schwanz wedelte.
„Das sind Draco und das hier ist Daphne. Sie ist mitgekommen, weil sie gehört hat, dass du Hippogreife züchtest", erklärte Harry, während Hagrid den Kessel aufsetzte.
„Du interessierst dich für magische Tierwesen?", fragte Hagrid gut gelaunt. Daphne nickte ebenso begeistert, nur Draco sah aus, als hätte ihm jemand in die Suppe gespuckt.
„Ich darf dich leider nicht zu den Hippogreifen bringen, dafür biste noch zu klein. Aber wart nur, bis du Pflege magischer Geschöpfe besuchst, dann zeig ich dir noch ganz andere Sachen!", kündigte er an, was Daphne etwas enttäuscht zurückließ. Gerade als Hagrid begann, mit Daphne über Drachen und Lindwürmer zu sprechen, bemerkte Harry einen Zeitungsartikel unter der Teetasse.
Er erzählte ebenfalls von dem Einbruch in Gringotts - doch dieses Mal offenbarte er auch Datum und Verlies, in das eingebrochen wurde. Es handelte sich um eben jenes Verlies, aus dem Hagrid das Paket geholt hatte und es wurde in der Nacht nachdem sie dort gewesen waren eingebrochen. Konnte das alles ein Zufall sein?

Bevor Harry etwas dazu sagen konnte, begann Daphne jedoch alles über die ersten Unterrichtsstunden zu erzählen, bis sie schließlich bei Zaubertränke angelangt war.
„Er scheint mich richtig zu hassen!", stellte Harry fest.
„Unsinn!", sagte Hagrid. „Warum sollte er das?"
Doch Harry meinte zu bemerken, dass Hagrid zu Boden blickte.
„Sie sind ein schlechter Lügner", stellte Draco direkt fest. „Ich weiß, dass es etwas mit Harrys Vater zu tun hat, sie waren gemeinsam an der Schule. Oder wollen sie mir sagen, dass sie noch nichts von dieser Geschichte gehört haben? Ich wette sie sind nicht wichtig genug, um solche Dinge zu erfahren."
Nun plusterte sich Hagrid vor Draco auf. „Hör zu, Malfoy, ich zwar, dass sich deine Familie für die beste überhaupt hält, aber sie ist nicht die einzige, die weiß, was hier in Hogwarts so läuft. Mir ist sehr wohl bewusst, dass Professor Snape Harrys Vater hasst, weil dieser ihn immer wieder verhext und ihm böse Streiche gespielt hat."

Harry starrte Hagrid ungläubig an. Ihm wurde schlecht. Das hatte sein Vater getan? Er erinnerte sich an das, was Dudley und seine Bande ihm angetan hatte und stellte sich nun vor, wie es gewesen wäre, wenn sie auch noch Magie zur Verfügung gehabt hätten.
„Harry... es tut mir leid. Du hättest es nicht so erfahren sollen." Doch Harry war bereits aufgesprungen und aus der Hütte gelaufen. Er konnte es nicht fassen, dass sein Vater nicht besser als Dudley gewesen sein sollte! Sollten die Dursleys in diesem Punkt doch die Wahrheit gesagt haben? War sein Vater wirklich ein schlechter Mensch gewesen? 
„Harry warte!", hörte er nun die Stimmen von Daphne und Draco hinter sich.
„Was ist los mit dir?", fragte Daphne.
„Ich wurde 10 Jahre lang von meinem Cousin und seinen Freunden gequält. Hogwarts ist für mich der erste Ort, an dem ich mich wirklich wohl fühle. Die Vorstellung, dass mein Vater genau das hier, mit einem Schüler gemacht hat...", sagte Harry. Er fühlte, wie unglaubliche Wut in seinen Bauch stieg. „Diese dreckigen Muggel! Das haben sie dir angetan... Aber Harry... du bist nicht so. Es tut mir leid, ich wusste nicht, was genau zwischen deinem Vater und Snape vorgefallen ist, nur das sie gemeinsam in der Schule waren. Ich habe einfach mal ins Blaue geraten und gehofft, das Hagrid darauf reinfällt", sagte Draco. Zum ersten Mal hatte Harry das Gefühl, dass Draco wirklich geknickt wirkte.
„Es ist besser so, als anders", stellte Harry fest. „Jetzt kann ich etwas ändern. Ich muss mit Snape sprechen. Ich kann nicht ändern, was mein Vater getan hat, doch ich kann ihm sagen, dass es mir leid tut und ich nicht wie er bin!"

Daphne und Draco waren sich nicht sicher, ob das so eine gute Idee war. Sie versuchten es, ihm auszureden und ihn davon zu überzeugen, doch eine Nacht darüber zu schlafen. Doch Harry hatte sich entschieden und schließlich ließen sie ihn ziehen. Harry rannte den Kerker hinunter und wartete vor Snapes Büro, dass im Moment noch leer stand. Schließlich, als eine weitere Unterrichtsstunde vorbei war, kam er angerauscht.
„Potter, was wollen sie hier. Ich werde ihnen den Aufsatz nicht erlassen, nur weil sie berühmt sind!", blaffte er.
„Professor... es geht nicht um den Aufsatz. Kann ich mit ihnen reden? Allein. Es geht um meinen Vater." Snape zog die Augen zu engen Schlitzen und kurz hatte Harry das Gefühl, er würde ihn davonjagen. Doch Snape hielt nur den Blickkontakt, wobei Harry sicher wahr, dass dieser Mann ihm direkt in die Seele schauen konnte. Dann stieß er die Türe auf und knurrte: „Kommen sie herein. Und wagen sie es nicht, meine Zeit zu verschwenden."

Das Büro war ebenso furchteinflößend wie Snape selbst. Der Raum war nur schwach beleuchtet, im Kamin brannte kein richtiges Feuer sondern eine leichte Glut. An allen Wänden waren Regale mit allerlei schleimig aussehenden Dingen in Glaskolben. In der hinteren Ecke des Raumes befand sich ein Schrank, der mit einem Schloss versehen war. Harry nahm auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch platz, Snape setzte sich dahinter.
„Professor Snape... ich habe erfahren, was mein Vater ihnen angetan hat. Ich wollte mich dafür entschuldigen und ihnen sagen, dass ich auf keinen Fall so bin, wie mein Vater. Mir wurden selbst jahrelang Streiche gespielt und ich wurde geschlagen, weil meine Peiniger zum Glück keine Magie beherrschten. Ich möchte ihnen sagen, dass ich so etwas nie für gut heißen würde!"
Nach diesem Redeschwall herrschte Totenstille im Raum. Dann traf Schwarz auf Grün. Snape sah ihm tief in die Augen und Harry hatte das Gefühl, dass all die Erinnerungen an Dudley und seine Bande in ihm hochstiegen. Harry konnte den Blick auf Snapes Gesicht nicht deuten. Es wirkte, als würde ein Kampf im Inneren den Zaubertrankmeisters toben, denn nach außen hin war plötzlich ganz ruhig.

„Ich werde über ihre Worte nachdenken und nun verschwinden sie", schnarrte Snape mit seltsamer Stimme. Bevor Harry den Raum verließ, rief ihm Snape noch hinterher: „Und kämmen sie sich die Harre. Sie sehen lächerlich aus!"

Wege eines SlytherinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt