Break the Cycle |Linkin Park|

Chapter Ninety-Six

„Hey." Lächelnd blickte Anna von ihrem Puzzle am Esstisch auf, als Mike ins Wohnzimmer schlich. Wieder einmal mit den Gedanken auf einem anderen Planeten, blieb er auf der Stelle stehen und starrte sie einen Moment lang wie ein Reh im Scheinwerferlicht an. „Tut mir Leid, ich wollte dich nicht erschrecken!"

„Nichts passiert, hi", murmelte er lachend und machte sich daran, den Papierstapel, welchen Anna vom Tisch auf die Bank befördert hatte, weiter auf den Boden zu übersiedeln. Natürlich wäre der Mistkübel eine bessere Option gewesen, aber in einer Wohnung mit zwei Musikern und Künstlern konnte jede Rechnung auf der Rückseite ein Meisterwerk enthalten, weshalb Anna lieber nichts entsorgte, das nicht unter die Kategorie Küchenabfall fiel. „Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass noch jemand wach ist."

„So spät ist es dann aber auch noch nicht", warf Anna zunächst der Uhr und dann Mike einen amüsierten Blick zu und konnte schwören, dass er ein wenig verlegen wurde. „Falls Joe nicht auch alles davon aufgefuttert hat, ist noch etwas Reis in der Küche."

„Danke, dann werde ich mir mal meinen Mitternachtssnack organisieren." Unbeholfen deutete er mit ausgestreckten Zeigefingern Richtung Küche und rutschte von der Bank, während Anna sich mit einem Kopfschütteln wieder dem Puzzle zuwandte. In Gedanken war sie aber wieder bei der vorherigen Nacht, in der Mike sie überrascht hatte. Dabei kam es ihr vor, als hätte Mike einmal mehr seinen Charakter ausgetauscht, vor allem jetzt, wo er sich mit seinem Abendessen wieder zu ihr setzte.

„Reis mit Reis", gab er vor, über das Essen zu trauern, während Anna sich ein Schmunzeln angesichts seines Gesichtsausdrucks nicht verkneifen konnte. „Verdammt Joe, warum musst du immer nur die Beilage übriglassen?"

„Naja, er hat irgendwie ziemlich niedergeschlagen gewirkt, also habe ich ihn essen lassen. Ich glaube, er hat es gebraucht." Zumal er gleich danach die Süßigkeitenlade entleert hatte und mit seiner Beute ins Schlafzimmer verschwunden war.

„Mhm", würgte Mike den ersten Löffel trockenen Reis hinunter, ehe er Anna eine Erklärung lieferte. „Joe hat morgen eine Prüfung und ich sage es nicht gerne, aber seine Chancen zu bestehen gehen gegen null."

„Klingt nicht gut." Also war es vermutlich wirklich eine gute Entscheidung gewesen, ihn nicht darauf anzusprechen. Dann wäre er nur noch nervöser geworden. „Aber musst du diese Prüfung nicht auch machen?"

„Ngh", kam die Antwort von Reis gedämpft. „Wir haben zwar viele Kurse zusammen, aber nicht alle."

„Verstehe. Mike!" Kopfschüttelnd stand Anna auf und kam kurz darauf mit einer Teetasse und der beinahe leeren Ketchupflasche wieder. „Ich kann dir nicht beim Ersticken zuschauen."

„Danke!" Mit einem ehrlichen Lächeln griff Mike nach der Teekanne am Tisch, die Anna in den letzten Stunden beinahe geleert hatte und deutete damit auf die Puzzleteile. „Was machst du da eigentlich?"

„Huh?" Einen Moment war sie verwundert über seine Frage, war in ihren Augen doch mehr als offensichtlich, was sie gerade tat. Wenn sie jedoch die tausenden Teile, die alle beinahe die gleiche Farbe hatten, betrachtete, verstand sie, was er meinte. „Ach so, das Puzzle. Theoretisch. Aber ich könnte schwören, dass die einfach ein Teil 3000 Mal in diese Verpackung gesteckt haben."

„Dafür bist du aber nicht schlecht dabei, gestern war das noch nicht da." Freute sie sich zunächst noch darüber, dass er ihr ein Kompliment für die wenigen zusammenhängenden Randteile, die sie bereits aneinander gestöpselt hatte, aussprach, so wurde sie im nächsten Moment wieder daran erinnert, dass er nicht immer so aufmerksam war wie jetzt gerade, wenn es um sie ging.

„Doch", antwortete Anna schließlich zögerlich und zwang sich, die Situation herunterzuspielen, als sie sah, wie Mike seine Stirn runzelte. „Wahrscheinlich hast du es übersehen, weil es hinter dem schiefen Turm in eurer Wohnung versteckt war."