Chapter Fourty

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Natürlich war Brad ausgerechnet heute nicht da, wie konnte es auch anders sein? Andererseits bot sich ihr so die Gelegenheit, zuerst noch etwas Recherche anzustellen und sich eine Strategie zurechtzulegen. Denn wenn sie die Sache falsch anging, würde sie im Endeffekt am Freitagabend, von ihren Eltern abgesehen, alleine dastehen.

„Schreck dich nicht." Auch wenn ihr Kopf keine Sekunden brauchte, um die Stimme zuzuordnen, zuckte sie dennoch kurz zusammen, als Mike seine Arme um sie schlang und sie an sich drückte, wie es sonst immer nur Chester tat wenn er sie sah. „Happy Birthday."

„Danke." Mit einem breiten Lächeln im Gesicht drehte sie sich zu ihm, der sich offenbar darüber freute, sie wiederzusehen, so wie sie froh war, wieder an seiner Seite zu sein, auch wenn es nur etwas mehr als einen Tag her war, seitdem sie sich zum letzten Mal voneinander verabschiedet hatten. Sie wusste nicht, woher dieses Gefühl auf einmal gekommen war, hatte sie doch Jahre Zeit gehabt, sich an die Einsamkeit zu gewöhnen.

„Und wie war die Feier mit deinen Eltern?" Um sie herum herrschte das übliche Treiben in dem Universitätsgebäude, hier, vor der Mensa knapp nach Mittag, ihrem üblichen Treffpunkt. Und doch fühlte sich Anna, als wären sie in einer anderen Dimension, die Menschenmassen nichts anderes als der Wind, der an ihnen vorbeiströmte. Nichts, das ihr Unbehagen bereiteten würde, wie es sonst immer der Fall war.

„Feier ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort", seufzte sie, während Mike offenbar beschloss, dass sie ihre Unterhaltung genauso gut in der Schlange vor der Essensausgabe fortsetzen konnten. „Ich würde es eher im Wohnzimmer herumsitzen und sich über Dinge, die mich nicht interessieren unterhalten nennen."

„Tut mir Leid." Er blickte auf seine Füße. „Wir hätten dich entführen sollen oder so."

„So schlimm war es dann auch wieder nicht, keine Sorge." Schmunzelnd schüttelte sie den Kopf, im Gedanken bei Mike und seinen Freuden, die mit Sturmhauben in ihr Haus stürmten. „Heuer war die Stimmung sogar vergleichsweise gut."

„Das klang aber gerade nicht so." Er zog eine Augenbraue in die Höhe. „Dann möchte ich nicht wissen wie es ist, wenn die Stimmung bei eurer kleinen Party schlecht ist!"

„Möchtest du nicht." Ihre Worte bezogen sich nicht nur auf ihren Geburtstag, sondern auf jeden einzelnen Tag in ihrem Leben. Es war, als würde sie in einem Casino leben, so unberechenbar war die Stimmung in ihrem Elternhaus. Und wie es eben in einem Casino so war, gab es Tage an denen man gewann und dann wieder Tage, an denen man als der große Verlierer dastand. „Wirklich nicht."


„Die Jungs und ich werden dafür sorgen, dass die gute Stimmung überwiegt." Von einer Sekunde auf die andere war Mike ernst geworden, hatte seine Stimme ein wenig gesenkt und sich leicht herabgebeugt, sodass sie ihn trotzdem verstehen konnte. „Irgendwann jedenfalls."

„Danke." Anna war sich nicht sicher, ob er ihre Anspielung eben verstanden hatte, das kleine bisschen an neuer Information übe ihr Leben, das sie ihm hatte zukommen lassen, aber es lag so ein unglaubliches Mitgefühl in seinem warmen Blick, dass sie ihm vermutlich ihr Herz ausgeschüttet hätte, wären sie nicht in einem Raum voller Studenten.

„Und irgendwann erkläre ich es dir." Egal ob er ihre Worte, kaum mehr als ein Flüstern, das ihren Mund nicht so recht verlassen wollte, hören konnte oder nicht, sie wollte es ihn wissen lassen. Ihm zu verstehen geben, dass es ihr ausnahmsweise die Umstände unmöglich machten zu sprechen und nicht dieser unsichtbare Wächter in ihr, die jedes Wort und jeden Satz genauestens auf seinen Inhalt überprüfte und nur die wenigsten durchließ, wie sehr sie sich auch dagegen sträubte.


„Was hast du heute am Nachmittag noch alles?" Mike wechselte das Thema, versuchte bewusst fröhlich zu klingen, doch er ließ sie wissen, dass er sie verstanden hatte, streifte ihre Schulter flüchtig mit seiner Hand, sodass es für Außenstehende wie zufällig wirken musste. Aber Anna wusste, was er ihr damit sagen wollte, schöpfte die Kraft aus seiner Nähe die sie brauchte, um sich wieder auf das Hier und Jetzt zu besinnen.

Break the Cycle |Linkin Park|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt