Noch dreizehn Minuten, dann ging es für ihn zurück in die Hölle. Gelangweilt starrte Rob auf die Uhr neben der Tafel und klopfte gedankenverloren mit einem Stift auf dem Heft vor ihm herum, jeder Schlag symbolisch für eine weitere Sekunde, die verstrich. Eine weitere Sekunde seines Lebens, die ungenutzt vorbeigegangen war, während er nur darauf warten konnte, dass die Unterrichtsstunde zu Ende war und er wieder seinen Klassenkameraden ausgeliefert war. Rob fragte sich, was wohl an diesem Montagmorgen auf ihn warten würde, ob es lediglich ein paar Beleidigungen waren oder ob er dieses Mal mit einem vollends gebrochenen Knochen nachhause gehen würde.
Oder, und er wusste, dass es dumm von ihm war dies zu denken, er würde einmal in Ruhe von einem Raum zum nächsten gehen können, dazu in der Lage sein, die Unterrichtsmaterialien aus seinem Schließfach zu holen ohne dabei Angst haben zu müssen, dass ihm etwas entgegenkippte oder seine Bücher verschwunden waren. Vielleicht würden sie ihn ja wieder mit Papierkügelchen bewerfen und vereinzelt Kieselsteine daruntermischen, wobei für ihn längst kein Unterschied mehr zwischen beiden bestand. Denn selbst wenn er körperlich verletzt wurde, so war es doch seine Seele, die Narben davontrug.„Eine Durchsage." Die Stimme der Sekretärin riss ihn aus seinen finsteren Gedanken, wenngleich ein Teil von ihm sich wunderte, ob sie die Schule vor einem Wahnsinnigen warnen würde, vor dem es nun zu flüchten galt. Der vielleicht schon vor dem Klassenzimmer stand und nur darauf wartete, ihm eine Kugel durch den Körper zu jagen.
„Der Schüler Robert Bourdon wird gebeten vor die Direktion zu kommen." Ihre Worte allerdings erwiesen sich als deutlich schlimmer als es jedes Geschoss hätte sein können. Denn während in Falle eines Amoklaufs seine Mitschüler wenigstens gegenüber der Presse so getan hätten, als wäre er stets ein beliebter Teil der Klasse gewesen, dauerte es nun keine Sekunde, bis Getuschel ausbrach und er die Blicke aller auf sich spürte. Und doch keine andere Wahl hatte, als sich mit gesenktem Kopf zu erheben und in Richtung Ausgang zu schlurfen, sein Bestes gab die Vermutungen seiner Mitschüler zu ignorieren.
Dabei war ihm auch ohne deren Kommentare bewusst, dass er in Schwierigkeiten steckte, wurde man doch nicht einfach ohne Grund zur Direktion bestellt. Vermutlich war jemandem aufgefallen, dass sich die Schrift seiner Mutter verändert hatte, oder seine Mitschüler hatten es endgültig geschafft ihm etwas anzuhängen, das zu seiner Suspension führen würde.
„Na das hat aber gedauert." Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, war eine bekannte Stimme zu hören, deren Besitzer mit seinen feuerroten Haaren wie immer leicht zu finden und in Begleitung seines besten Freundes war.
„Du bist wirklich bei allem außer beim Schlagzeugspielen super lahmarschig, was?", klopfte ihm Chester lachend auf die Schulter, ehe Rob die Gelegenheit hatte, die beiden mit Fragen zu bombardieren.
„Was macht ihr zwei hier?" Verdutzt sah er zwischen seinen Freunden, die offenbar anstelle einer Standpauke vor der Direktion auf ihn gewartet hatten, hin und her. „Habt ihr mich holen lassen?"
„Dich abholen, also ja", erklärte Mike ihm hastig, ehe er zum Grund ihres Besuchs kam. „Wir müssen zum Label."
„Was?!" Rob konnte nicht glauben, was er eben gehört hatte. Nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit nichts von dem Musikkonzern gehört hatten, wurde nun auf einmal wieder nach ihnen verlangt? „Jetzt gleich?"
„Sonst wären wir nicht hier." Es war unmöglich zu übersehen wie aufgeregt Chester war, wippte er doch unaufhörlich von einem Fuß auf den anderen, ehe er sich zum Gehen wandte. „Also komm jetzt."
„Hey, warte Mal, ich kann nicht einfach so verschwinden!" Von der Tatsache abgesehen, dass seine Schulsachen immer noch in der Klasse herumlagen und er unmöglich dorthin zurückkonnte, nur um wenige Momente später zu gehen, würden seine Lehrer zweifelsohne alles andere als begeistert sein.
„Entspann dich, die Schule weiß Bescheid", versicherte ihm Mike, ehe er Rob mit einem Nicken in Richtung der großen Uhr im Gang zu verstehen gab seine Sachen zu holen, nachdem sie es offenbar eilig hatten.
„Na endlich, wir haben schon angefangen zu glauben ihr würdet gar nicht mehr auftauchen!" Kaum hatte Chester sein Auto abgestellt, riss Brad auch schon sichtlich nervös eine der Türen auf. „Wenn wir zu spät kommen kassieren wir sicher eine Absage."
„Wenn wir das nicht sowieso tun", merkte Mike an während die Gruppe in schnellem Schritte zu dem Gebäude ging, in dem nun über ihre Zukunft entschieden werden würde.
„Dann dürfen die aber unserem Boss erklären, warum ich einfach so verschwunden bin", grummelte Chester, der offensichtlich um jeden Preis mit einem Plattenvertrag in der Tasche nachhause gehen wollte. Immerhin wäre es sein Ticket in eine bessere Zukunft, eine Einstellung, die Rob mit ihm teilte. Denn auch jetzt, wo sie durch die Hallen schritten, an deren Wände zahlreiche Auszeichnungen von diversen Musiklegenden hingen, wanderten seine Gedanken wieder zurück in die Schule, in der er eigentlich sein sollte. In der er ein Niemand war, und nicht ein angehender Rockstar.
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Break the Cycle |Linkin Park|
Fanfiction» Ich sag dir was, Mike, mal wieder. Du hast nur Angst davor, noch einmal jemanden zu verlieren, den du liebst. « Würdest du zulassen, dass deine Welt auf den Kopf gestellt wird, oder würdest du um jeden Preis versuchen, deine dunklen Geheimnisse un...