„Was gibt's denn da zu lachen?"
„N-nichts!" Hastig ließ Mike das Handy in seiner Hosentasche verschwinden, ehe er Chester mit einem Handschlag und einer brüderlichen Umarmung begrüßte.
„Ja klar, ich schaue auch immer lachend auf mein Handy." Sein bester Freund sah ihn herausfordernd an, wusste er doch genau, dass er ihn ertappt hatte. „Wer ist denn deine Freundin?"
„Sie ist nicht meine Freundin!" Seufzend schüttelte Mike den Kopf, bewusst die Stimme in seinem Kopf ignorierend, die ihn daran erinnerte, dass er sie vor weniger als 24 Stunden geküsst hatte, oder sie ihn, je nachdem, und er alles andere als schlechte Erinnerungen daran hatte.
„Michael Kenji Shinoda opfert sein wertvolles Gehalt, um einer Frau SMS zu schicken." Er klatschte lachend in die Hände, bevor ein Mike einen Arm um die Schulter legte, ihn Richtung Küche bugstierte. „Wenn das kein Zeichen ist, dann soll mein Name nicht mehr Chester sein."
„Glaube, was du willst, Charly." Es war nur zwei Nachrichten gewesen, die er ihr gesendet hatte, und zwei, die er bekommen hatte. Vier kurze Nachrichten, mehr nicht. Und doch hatte er sich darüber gefreut, war nach ihrer letzten Nachricht wohl ein wenig zu lange dagesessen und hatte das Display angestarrt.
hey hoffe bei dir ist alles ok
hallo :-) ja dank dir schon. sehen wir uns am montag?
klar doch:-) bis montag
bis dann freu mich schon x
„Ich glaube, dass du im Kopf schon wieder bei ihr bist. Und du schuldest mir noch eine Erklärung!" Wie immer nahmen sie ihre Plätze ein, nebeneinander am Essensfließband, wie sein Freund es so treffend bezeichnete, bereit, in den nächsten Stunden einen Burger nach dem anderen zu stapeln.
„Die Story ist echt schräg", gab er ihm eine kleine Vorwarnung, überlegte dabei insgeheim, wie detailliert Chester davon erfahren sollte und was er besser für sich behielt.
„Will ich für dich hoffen", grummelte er vor sich hin, ließ Mike damit wissen, dass er und die anderen noch immer ein wenig sauer waren ob der Tatsache, dass er ohne ein Wort nicht bei der Probe aufgetaucht war. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht, Mann."
„Ich weiß, sorry, aber wie gesagt, die Sache war schräg, Charly."
„Na dann schieß mal los, Shinizzle." Chester schob ihm eine halbvolle Pappbox hin, die er wie ein Roboter weiter befüllte, während er ihm die Kurzfassung der letzten Tage lieferte.
„Ich hab dir ja von der einen da erzählt, die mein Handy geschrottet hat. Sie hat mir ein neues gebracht und ist mir ab dem Moment immer wieder über den Weg gelaufen. Und gestern ist sie am Heimweg von ein paar Besoffenen blöd angeredet worden und ich hab ihr geholfen, weil sie sich nicht wehren konnte." Das war so ziemlich alles, das er ihm zumuten konnte, ohne dass Chester noch falschere Rückschlüsse ziehen würde, als er es ohnehin tat. Wobei seine Rückschlüsse ja nicht unbedingt falsch waren, aber es eben immer schafften, Mike so rot anlaufen zu lassen wie seine Haare.
„Ihr Ritter in glänzender Rüstung also." Anerkennend klopfte er ihm auf die Schulter. „Hast du gut gemacht, mein Freund. Aber das erklärt noch immer nicht, wieso du nicht aufgetaucht bist."
„Ich konnte sie schlecht alleine nachhause gehen lassen, zumal sie echt fertig mit den Nerven war." Der Gedanke an die blanke Angst in ihrem Gesicht ließ ihn auch jetzt noch erschaudern, die Erinnerung daran, wie sie einfach durch ihn durchgestarrt hatte, er sich nicht sicher war, ob sie ihn denn überhaupt wahrgenommen hatte.
„Aww!" Chesters Stimme klang unnatürlich hoch, zusammen mit dem extra-breiten Grinsen in seinem Gesicht, das ihm schon fast wehtun musste, kein gutes Zeichen für Mike. „Du bist ein richtiger Gentleman! Kein Wunder, dass sie dich gerne hat!" Wenn sein Grinsen davor schon unmenschlich war, dann wurde es jetzt schön langsam dämonisch. „Wie heißt dein Mädchen überhaupt?"
„Anna", murmelte er, wohl wissend, dass jeglicher Protest nutzlos war, ihm zudem nicht über die Lippen kommen wollte. War er selbst es doch gewesen, der sie als mein Mädchen bezeichnet hatte.
„Anna Shinoda, klingt doch nicht schlecht, oder?" Er lachte leise und zum ersten Mal war Mike froh darüber, einen so strengen Vorgesetzten zu haben, würde er sonst wohl kaum noch zu stoppen sein. Und das Problem an Chesters Lachen war, dass er nicht anders konnte, als ebenfalls zu lachen, auch wenn er ihm am liebsten den Kopf abgerissen hätte.
„Wie oft noch, Charly, sie ist nicht meine Freundin." mit etwas mehr Kraft als beabsichtigt platzierte er die obere Brötchenhälfte auf dem Burger.
„Weißt du, wer das normalerweise immer sagt?" Er stupste ihn mit dem Ellbogen an, während Mike nur seufzend den Kopf hängen ließ.
„Brad, und wir wissen ja alle, dass er nicht auf Elisa steht. Aber Chester", er schielte kurz zu ihm hinüber, „eine Beziehung ist derzeit echt das Letzte, was ich brauche." Es waren Robs Worte, nur in anderer Ausführung, das war ihm bewusst. Aber der Junge hatte ihn nun einmal durchschaut, auch wenn er es sich selbst nicht eingestehen wollte, dass es Angst war, die ihn so lange von Anna ferngehalten hatte, ihn vermutlich immer ein wenig weiter von ihr fernhalten würde, als seinem Herzen lieb war.
„Ich versteh schon." Er nickte, war ihm doch bestens bewusst, wann er Mike genug aufgezogen hatte, ihm auf diesem Weg vielleicht etwas entlockt hatte, was er sonst niemals gesagt hätte. Eine Seite an Mike, die ihm manchmal den letzten Nerv raubte, war er doch ein Mensch, um den man sich nur schwer kümmern konnte, der nicht wirklich zuließ, dass andere den Schmerz sahen, den er zweifelsohne fühlen musste. „Wie geht es ihm?"
„Unverändert." Es waren diese kleinen Fragen, die oft aus dem nichts kamen, die ihn immer wieder daran erinnerten, wie komplex Chesters Persönlichkeit doch war. Und so wusste er mittlerweile, dass hinter jedem Lächeln ein unglaublicher Schmerz verborgen lag, dass jede Träne, die er vergoss, ein Tropfen aus der Wolke war, welche die Sonne verdeckte, die immer in seinem Herzen schien, sie alle wärmte. In dem Herz, das so unglaublich groß war, das er die ganze Welt darin aufnehmen könnte, wenn er denn wollte. Voller Sorge um diejenigen war, die er liebte.
DU LIEST GERADE
Break the Cycle |Linkin Park|
Fanfic» Ich sag dir was, Mike, mal wieder. Du hast nur Angst davor, noch einmal jemanden zu verlieren, den du liebst. « Würdest du zulassen, dass deine Welt auf den Kopf gestellt wird, oder würdest du um jeden Preis versuchen, deine dunklen Geheimnisse un...