Chapter Sixty-Eight

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„Was ist passiert?! Anna, was ist los?!", schrie Mike so laut, dass sie ihn vermutlich auch ohne Telefonverbindung hören konnte. Laut genug jedenfalls, dass Chester seinen fahrenden Schrotthaufen herumriss und mit quietschenden Reifen zurück Richtung Annas Haus raste, sehr zum Ärgernis von Rob, der ihn mit freundlicher, aber bestimmter Stimme darauf aufmerksam machte, dass ihrer Freundin nur wenig geholfen war, wenn sie sich sich jetzt Ärger mit der Exekutive einfing.

„Mein Vater hat, hat mich eingesperrt!", kam es unterdessen stockend vom anderen Ende der Leitung, gefolgt von einem Schluchzen, dass Mike einen Stich ins Herz versetzte, ebenso wie die Tatsache, dass ihr Atem nun wieder schneller und flacher wurde. Zweifelsohne der Beginn einer Panikattacke, von denen er schon genug miterleben hatte müssen um zu wissen, dass sie nun besser nicht zu lange alleine war. Und auch wenn er Rob normalerweise zugestimmt und Chester aufgefordert hätte, sich gefälligst an die Straßenverkehrsordnung zu halten, so bedeutete er seinem Freund nun mit einem Klopfen gegen die Rückenlehne, dass dieser lieber noch etwas aufs Gas drücken sollt. Eine Aufforderung, der er nur allzu gerne nachkam und dem Nesthäkchen lediglich ein resigniertes Seufzen entlockte.
„Wir holen dich da raus", versprach er Anna und bemühte sich, seine Anspannung vor ihr zu verbergen, brauchte sie jetzt doch jemanden, der sie beruhigte und nicht mit ihr zusammen in Panik verfiel. „Alles wird gut, Anna, wir sind gleich wieder bei dir."
„Aber, mein Zimmer ist... im, im zweiten Stock", schniefte sie verzweifelt, während die Rädchen in Mikes Kopf zu rattern begannen. Sie mussten Anna irgendwie aus diesem Haus schaffen, so viel war ihm klar, aber sofern nicht einem von ihnen Flügel wuchsen, würde sich das Unterfangen vermutlich als äußerst schwierig herausstellen. „Und mein Vater hat den Schlüssel."

„Dann müssen wir dich eben durch das Fenster befreien", gab er sich trotzdem zuversichtlich, während Chester nun endgültig Blut geleckt hatte.
„Oder wir schlagen ganz einfach alle Türen ein, die uns im Weg stehen!", verkündete er lauthals und Mike zweifelte keine Sekunde daran, dass er seine Drohung wahr machen würde. Immerhin hatte er ihm schon öfters bewiesen, dass er für seine Freunde durch die Hölle und zurück gehen würde, eine der Eigenschaften, die er so sehr an ihm schätzte.
„Hey Mike, kannst du mir Anna mal einen Moment geben?" Rob streckte die unverletzte Hand in seine Richtung aus und Mike gab ihm nur zögerlich das Handy, auch wenn er Anna nach der letzten Aussage kurz hatte kichern hören und sie sich offenbar wieder ein wenig gefangen hatte.



„Anna, hast du noch immer das gleiche Zimmer wie früher?" Kaum hatte er Anna an der Leitung, warf Rob ihr gleich seine Frage entgegen und flehte alle höheren Mächte an, dass die Antwort positiv ausfallen würde. Immerhin hatte er, auch nach all den Jahren in denen er weg gewesen war, noch einen gewissen Heimvorteil gegenüber den beiden anderen.
„Ja, wieso?", fragte sie ihn verwundert, offenbar noch nicht wieder ganz Herrin über ihre Gedanken. Denn er bezweifelte stark, dass sie vergessen hatte, was sie als Kinder so oft versucht hatten, waren sie doch oft genug von seiner Mutter dabei erwischt und deswegen zurechtgewiesen worden.
„Klettere auf die Überdachung vom Balkon, wir holen derweil die Leiter aus eurer Gartenhütte", erklärte er ihr und den beiden im Auto hastig, ehe Anna seine Pläne mit trauriger Stimme zunichtemachte.
„Das geht nicht so einfach, mein Vater hat vor ein paar Jahren ein Schloss anbringen lassen, nachdem ein paar Dinge gestohlen worden sind." Rob verfluchte ihn und den Dieb im Stillen, während er im Kopf die Möglichkeiten durchging, die ihnen noch blieben. Natürlich könnte er Anna dazu anstiften, jeglichen Stoff, den sie in ihrem Zimmer hatte, aneinanderzuknüpfen und wie Häftlinge es so oft in Filmen taten zu ihnen klettern, aber auf diese Weise würde sie sich vermutlich verletzten. Immerhin brauchte man sie nur anzusehen um zu erkennen, dass sie kaum Kraft hatte.


„Hast du vielleicht irgendetwas Spitzes in deinem Zimmer das zu uns runterwerfen kannst?" Er bemühte sich, so heiter wie nur irgendwie möglich zu klingen und starrte angestrengt aus dem Fenster, wagte er sich mit dieser Frage doch auf dünnes Eis und zwar nicht nur, weil er in wenigen Momenten erklären würde müssen, warum er Schlösser knacken konnte.
„Ein paar Haarnadeln auf jeden Fall." Dem Rascheln im Hintergrund nach zu urteilen durchsuchte Anna gerade alle Schubladen in ihrem Zimmer. „Oh, ich hätte auch noch ein paar Stecknadeln, obwohl ich schon ewig nicht mehr genäht habe." Dabei hatte sie es schon als Kind geliebt, ihren Stofftieren neue Kleidung zu geben.

Break the Cycle |Linkin Park|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt