Chapter Seventy-Six

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„Danke nochmal, dass du mich begleitet hast." Erleichtert verstaute Anna ihre neuesten Dokumente zwischen den Seiten eines alten Notizblocks, der ihr fürs Erste als Dokumentenmappe dienen würde, während Mike nur mit den Schultern zuckte.
„Ach was, ich hab' doch nichts gemacht, das Reden hat ohnehin Joe übernommen." Er hatte sogar daran gedacht zu erwähnen, dass ihr Wohnort nicht weitergegeben werden sollte. Somit musste sich Anna zumindest keine Sorgen mehr darum machen, dass ihre Eltern plötzlich vor der Wohnungstür stehen würden und andererseits konnte sie von ihnen nicht als vermisst gemeldet werden, da ihr derzeitiger Aufenthaltsort den Behörden bekannt war.
„Der war ja auch ganz hin und weg von der Angestellten", bemerkte sie schmunzelnd, wäre Rob vor lauter Scham ob der Flirtversuche seines Freundes doch am lieben im Boden versunken und hatte die Entscheidung, sie zu begleiten offensichtlich bitter bereut.
„Nur blöd für ihn, dass sie bereits vergeben ist", warf Mike ein und ließ sich aufs Sofa fallen. „Was wirst du jetzt machen?"

„Um ehrlich zu sein", Anna setzte sich neben ihn und starrte auf ihre Hände, die sich wie so oft am Saum ihres - oder in diesem Fall Mikes - Pullover festkrallten, „ich weiß es nicht. Mir ist klar, dass ich nicht den ganzen Tag hier herumsitzen kann, aber ich habe keine Ahnung, was ich stattdessen machen soll."
„Also lässt du das Studium bleiben?"
„Mhm." Sie nickte zaghaft, und auch wenn sie bisher nicht daran gedacht hatte, erschien es ihr nun als die einzig vernünftige Option. „Ich denke schon. Immerhin interessiert es mich nicht wirklich und ich traue meinen Eltern durchaus zu, dass sie zur Uni kommen um mich dort abzufangen."

„Und wenn du stattdessen etwas anderes studierst?" Aus dem Augenwinkel heraus konnte Anna erkennen, wie Mike auf ihre Notizbücher zeigte und verstand, was er ihr damit sagen wollte. Zumal sie selbst auch schon öfters darüber nachgedacht hatte, jedes einzelne Mal aber zu dem gleichen Entschluss gekommen war.
„Dafür bin ich doch niemals gut genug", seufzte sie und warf ihren Büchern einen traurigen Blick zu. So viele Stunden sie auch damit verbrachte, sie mit tausenden Wörtern zu füllen, sie konnte es sich einfach nicht vorstellen, dass sie gut genug war um mit den anderen mithalten zu können. Zumal sie den Moment fürchtete, in dem ein Außenstehender ihre Geschichten kritisieren und somit ihr Heiligtum zerstören würde.
„Das glaube ich nicht." Mike schüttelte den Kopf und fuhr fort, ehe sie ihm widersprechen konnte. „Ja ich weiß, ich hab' noch nie etwas gelesen, das du geschrieben hast. Aber so viel wie du schreibst", erneut deutete er auf den Stapel, „musst du einfach gut darin sein."
„Danke." Auch wenn Mikes Worte längst kein Grund für sie waren, ihre Selbstzweifel über Bord zu werfen, es fühlte sich gut an zu wissen, dass es jemanden gab, der ihre Leidenschaft unterstützte. „Und irgendwann gebe ich dir auch etwas zu lesen, versprochen."
„Du musst nicht, wenn du nicht willst", wank Mike ab, ehe er realisierte, dass es nun so klang, als würde es ihn nicht sonderlich reizen. „Also, interessieren würde es mich schon aber ich will dich zu nichts zwingen", fügte er noch hastig hinzu, während Anna nicht anders konnte als zu lachen.

„Weißt du, ich habe meine Geschichten einfach noch nie jemand anderem gezeigt", erklärte sie schließlich, während Mike sie aufmerksam musterte. „Nicht einmal Patty. Es fühlt sich einfach so an, als ob-" Sie rang nach den richtigen Worten.
„Als ob du jemandem Zutritt zu deinem Herzen gewähren würdest?", schlug Mike vor, sein Blick noch immer auf Anna gerichtet, die nun endlich die Ärmel losließ und stattdessen voll und ganz im Gespräch aufging.
„Genau!", stimmte sie ihm voller Begeisterung zu. „Meine Geschichten, das sind meine privatesten Gedanken und sie mit jemandem zu teilen fühlt sich momentan einfach falsch an. Beinahe so, als würde ich der Welt somit noch mehr Angriffsfläche bieten", gestand sie ihm, der verständnisvoll nickte, auch wenn Anna nicht sicher war, ob er wirklich verstanden hatte. Immerhin war er es doch gewohnt, seine Gedanken in Form von Songtexten mit seinen besten Freunden zu teilen und kämpfte derzeit sogar darum, sie der ganzen Welt zeigen zu dürfen.

Break the Cycle |Linkin Park|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt