Fünf Minuten. Nervös wippte Mike mit dem Fuß, während er den Leuten zusah, wie sie seiner Meinung nach entscheiden zu langsam in den Bus einstiegen. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass der Professor überzogen hatte, jetzt sammelte Mike auch noch mit jeder Haltestelle weitere Verspätung und das, obwohl er genau wusste, wie wenig erfreut sein Vorgesetzter war, wenn jemand seine Schicht zu spät antrat. Weshalb er letzten Endes dazu gezwungen war, den Weg von der Bushaltestelle zum Fast Food Lokal zu sprinten und außer Atem einstempelte.
„Hey!" Keine Sekunde später wurde er auch schon unsanft von jemandem an sich gedrückt, der Mike damit definitiv nicht half, endlich durchschnaufen zu können.
„Hey Chester", befreite Mike sich unbeholfen aus der zu fest geratenen Umarmung seines besten Freundes und zog stattdessen die Arbeitsuniform aus dem mit seinem Namen beschrifteten Schließfach. „Was machst du da?"
„Pause, was sonst?" Schulterzuckend ließ er sich auf die Bank vor den Schließfächern fallen und wurde von Mike mit einem prüfenden Blick gemustert. Es war nichts Neues, dass Chester so betrunken zur Arbeit kam, dass dieser Fakt nicht zu ignorieren war, aber heute schien der Schluck aus seiner hochprozentigen Wasserflasche etwas größer ausgefallen zu sein als sonst. Vermutlich gab es etwas, das ihn bedrückte, da sein Blick trotzdem noch leer und in die Ferne gerichtet war. Dennoch konnte Mike nichts weiter tun, als Chesters Zustand mit einem Seufzen zur Kenntnis zu nehmen, ehe er seine roten Haare unter der in seinen Augen lächerlichen Kappe versteckte und in die Küche schlurfte.
„Bennington!" Keine zehn Minuten, nachdem Chester sich zu ihm gesellt und Mike ihm aus dem Augenwinkel dabei zugesehen hatte, wie er unbeholfen die Bestandteile eines Burgers zusammenstapelte und das erbärmliche Resultat zu Mike weiterschickte, hallte die schrille Stimme des Vorgesetzten durch die Küche. „In mein Büro!"
„Scheiße", hörte er Chester noch murmeln, ehe dieser sich hastig die Hände an seiner Schürze abwischte und mit gesenktem Kopf zur Standpauke taumelte. Mike hingegen betrachtete seufzend den halbfertigen Burger, den er hinterlassen hatte und machte sich mit einem Kopfschütteln daran, die Arbeit seines Freundes zu übernehmen. Gedankenverloren stapelte er Brötchen, Fleisch und Gemüse übereinander und hörte dabei nicht einmal mehr wirklich den Küchenlärm oder die Gäste, die sich wie immer gegenseitig überstimmen wollten. Die eintönige Arbeit erledigte sich wie von allein, während er sich das Hirn darüber zermarterte, was Chester gerade zu hören bekam. Vermutlich hatte er Glück, wenn sie in ein paar Minuten noch Kollegen waren, so wütend wie der Vorgesetzte geklungen hatte. Und so sehr er es sich auch wünschte, seinem besten Freund moralischen Beistand leisten zu können, so blieb Mike doch nichts andres übrig, als abzuwarten, bis Chester wieder zu ihm geschlurft kam.
„Und?", fragte Mike ihn leise und schob Chester einen Teil der Bestellung, an der er gerade arbeitete, zu. So würde sich zumindest niemand darüber beschweren, dass sie nebeneinanderstanden, und dass sie sich unterhielten war schließlich nicht verboten, zumal es bei der aktuellen Geräuschkulisse ohnehin kein Wort weiter als einen Meter schaffte, bevor es einfach verschluckt wurde.
„Was soll schon sein." Das gleichgültige Schulterzucken wollte Mike so gar nicht gefallen. „Wenn ich noch einmal so betrunken auftauche, bin ich den Job los." Also hatte er zumindest eine Schonfrist bekommen. Mike wagte nicht, sich auszumalen, was geschehen würde, wenn Chester plötzlich ohne Job dastand. „Dabei habe ich ihm gesagt, dass ich meine Arbeit ja trotzdem mache, verdammt noch mal!" Zur Bestätigung klatschte er die obere Brötchenhälfte auf einen Burger und Mike wusste, dass es keine kluge Idee war ihm zu wiedersprechen, auch wenn das Endresultat selbst für Fast-Food-Ketten-Verhältnisse jämmerlich aussah.
„Wenigstens hast du den Job noch", meinte Mike schließlich kurz, um Chester nicht das Gefühl zu geben, dass er sich mit der Luft unterhielt. Wobei, angesichts der Tatsache, dass Mike von ihm vollkommen ignoriert wurde, war das vermutlich nicht notwendig gewesen.
DU LIEST GERADE
Break the Cycle |Linkin Park|
Fanfic» Ich sag dir was, Mike, mal wieder. Du hast nur Angst davor, noch einmal jemanden zu verlieren, den du liebst. « Würdest du zulassen, dass deine Welt auf den Kopf gestellt wird, oder würdest du um jeden Preis versuchen, deine dunklen Geheimnisse un...