Kapitel 42

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Wild und ungebändigt schlägt Skylas Herz. Das junge Medium steht unter Schock und kann nicht glauben, dass sie im Beisein ihrer Familie auf einen paranormalen Bewohner traf. Gerade jetzt sehnt sich Skyla nach Milan. Seine Abwesenheit nimmt ihr den Mut, solchen Kreaturen entgegenzutreten. Mit zittrigen Händen fährt sich Skyla durch ihre Haare. Ungeachtet davon, dass sie auf Glasscheiben sitzt und Lukas sich solch eine Mühe mit der Frisur gemacht hat.


Ihr Onkel Hendrik, Marys Mann, greift Skyla unter die Arme und hebt sie auf die Beine. „Hoch mit dir, Liebes."
Als Tessa anfängt zu kichern, schimpft ihre Mutter Mary: „Tessa, das ist nicht lustig."
Während hinter Skyla die Aufräumarbeiten beginnen, bewegen sich ihre Beine automatisch zur Tür. Als plötzlich Tessa sich ihr den Weg stellt. Mit verschränkten Armen vor der Brust, geweiteten Augen und einem bösen Lächeln blickt ihre Cousine von oben auf Skyla herab. In ihrem Blick ist nichts anders als Wahnsinn und Schadenfreude zu finden.
„Du hast es gesehen oder?", fragt Tessa begeistert, obwohl sie die Antwort kennt.


Das wird Skyla alles zu viel. Sie bevorzugt ausnahmsweise die Flucht und schafft es an Tessa vorbei, die sich köstlich über den Anblick amüsiert. Ihre Mutter hingegen fängt ihre Tochter ein und nimmt Skylas Gesicht behutsam in ihre Hände.
„Hey, mein Schatz. Was ist los?"
„Ich brauche nur etwas frische Luft", möchte Skyla dieser Unterhaltung aus dem Weg gehen.
„Aber ...", will ihre Mutter beginnen.
„Ist schon gut", schaltet sich Lukas ein, „ich begleite Skyla."
Ihre Mutter Kacie blickt zur Gartentür und führt ihre Tochter hinaus, schließlich verlässt sie sich darauf, dass Lukas sich um das Sorgenkind kümmert.


Skyla rechnet mit Vorwürfen, aber ihr bester Freund belässt es hierbei und nimmt sie einfach nur schweigend im Arm. Einer Umarmung, woraus sich das Medium nicht befreien kann. Daniel kommt wenig später zu ihnen und grinst bereits verdächtig.
„Hey, Skyla. Du bist mir ein Satansbraten." Er kichert leise und ignoriert Lukas barsche Aufforderung, zu verschwinden. „Ich habe dich gar nicht für stoned gehalten. Hast du was von dem Zeug dabei?"
„Ich rate dir, verzieh dich!", brummt Lukas mies gelaunt.
„Daniel!" Ramona begibt sich hinaus und schnappt nach ihrem Freund. „Sag mal, hast du den Verstand verloren?"
„Hatte gehofft, deine Cousine teilt mit uns", äußert sich Daniel gelassen dazu.
Ramona betrachtet Skyla erwartungsvoll, als würde sie wirklich hoffen, heute an Rauschgift zu kommen.
Da Skyla das Schweigen bevorzugt, wendet sich Ramona augenrollend an den Vater ihres Kindes: „Kannst du bei ihr knicken, Daniel."
„Ich dachte, sie wäre cool."


Lukas reicht es, er fletscht die Zähne und fordert die beiden auf: „Verschwindet doch einfach."
Zu Skylas Verwunderung ziehen die beiden wortlos von dannen, woraufhin sich Lukas' Muskulatur entspannt. Sie nimmt sich an seiner ruhigen Atmung ein Beispiel und nach einigen Minuten kann sie deutlich besser mit dem Thema umgehen. Die Kreatur handelt aggressiv, reagiert nicht gezielt auf eine Person, sondern springt nach Lust und Laune auf andere herüber. An dieser Stelle muss sich Skyla fragen, ob Tessa ebenfalls ein Medium ist. Denn ihre Cousine kann die Bestie auch sehen.


Ein Blick durch das Gartenstück ihrer Großmutter zeigt, dass die Pflanzen sich bereits auf die kalten Temperaturen eingestellt haben und ihre Ruhephase durchleben. Anders als im Frühling oder Sommer schlummert das Grünstück. Ein Blick zum Torbogen, woran die Rosenpflanze hinauf klettern und der kleine Bistrotisch abgedeckt ist, ruft eine Erinnerung hervor, wie Skyla und Tessa in jungen Jahren mit ihrer Oma dort Karten gespielt haben. Tessa war seit Anbeginn schlecht im Verlieren, sie hat damals einen riesen Aufstand gemacht. Ihr Gejammer hat Skyla schon in Kindertagen schlechte Laune bereitet, sodass sie gerne absichtlich verloren hat, um dieses Theater nicht laufend ausgesetzt zu werden.


Unbewusst legt Skyla ihren Kopf an Lukas Brust und bekommt seinen erhöhten Herzschlag zu hören. Durch das Fenster kann die Dämonenbesitzerin verfolgen, wie sich Tessa mit Tante Mary streitet, bevor die schwarzhaarige Schönheit mit hochrotem Kopf und beleidigter Miene den Garten betritt. Allein Tessas geekeltes Gesicht, als ihre glänzenden Lederstiefel ins Laub treten, bringt Skyla zum Lächeln. Auf der Hut vor Laub und Insekten wagt sich Tessa in die Natur heraus. Sie schwingt ihren Hintern in ihrer engen Röhrenhose und der knitterfreien Tunika in Skylas Richtung. Sie macht einen abschätzenden Laut, als sie die beiden Freunde so sieht.


Lukas seufzt genervt, als Tessa mit verschränkten Armen wenige Schritte vor ihnen stoppt.
„Skyla, ich habe dir meine Gefühle offenbart und nun liegst du in Romeos Armen. Macht es dir Spaß, auf mein gebrochenes Herz rumzutreten?"
„Mein Name ist Lukas und nicht Romeo."
„Tessa, angenehm." Skylas Cousine lächelt milde. „Nun kenne ich endlich deinen Namen. Ich drücke ein Auge zu für deine schlechten Manieren, denn wer kann einem so hübschen Gesicht schon böse sein?"
„Du hast dich ebenfalls nicht vorgestellt, Tessa", erinnert Lukas sie streng und verhindert, dass Skyla sich aus seinem Griff löst.
Seine Worte bringen Tessa zum Grübeln und zum ersten Mal wird sie einsichtig: „Entschuldige bitte, Lukas. Es mag zwar keine Entschuldigung sein, aber die letzte Zeit war nicht leicht für mich. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich Skyla gerne allein sprechen."
„Es macht mir etwas aus."
Stirnrunzelnd betrachtet Tessa ihn und wartet geduldig auf eine Erklärung, doch Lukas schweigt.


Ein Gespräch unter vier Augen wäre Skyla sogar Recht, also spricht sie zu ihrer besseren Hälfte: „Schon gut, Lukas. Lässt du uns bitte allein."
„Ich lasse dich nicht allein, Skyla. Nicht, nachdem du so hineingeblickt hast."
„Mir geht es schon besser, dank dir."
Tessa kichert böse, woraufhin die beiden Freunde zu ihr sehen.
„Rede dir das weiter ein, Skyla", spricht ihre Cousine mit einem Hauch von Dramatik zu ihr, „aber ich garantiere dir, es wird nicht besser."
Skyla möchte ungern, dass Lukas mehr hört. Also bittet sie erneut: „Lukas, geh jetzt bitte."
„Nein."
„Sei nicht so stur!"
„Schließe mich nicht aus", fordert er mahnend.


Tessa blickt misstrauisch auf. Etwas, was Skyla nicht entgeht. Zum Glück mischt sich Thomas aus der Ferne ein. Er pfeift und ruft seinen Sohn. Als Lukas ihm widersprechen möchte, meldet sich sogar Tante Mary und weist streng daraufhin, dass Tessa sich entschuldigen mag und er nichts dort zu suchen hat. Also löst Lukas widerwillig den Griff, um kurz darauf Skyla an den Oberarmen zu packen.
„Ich komme hierauf zurück, Skyla. Aber nicht heute", versichert er ihr, bevor ihr bester Freund ins Haus verschwindet.

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