Kapitel 13 - Teil 2

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Eine freudige Atmosphäre, lautes Stimmengewirr und fröhliches Gelächter erwartet Skyla auf der anderen Seite des Portals. Es ist nur ein kurzer Augenblick, indem sie blind voran durch das Portal läuft. Sie stolpert auf einen weichen, lehmigen Boden und ist dankbar für den Halt, den Milan ihr gibt. Ein Blick hinab lässt sie auf plattgetretene Grashalme blicken. Die Stimmen sind ganz nah, daher blickt Skyla verwundert auf und findet sich in einer gewaltigen Menschenmenge wieder. Leute, aus allerlei Kulturen. Durch die fehlenden Sprachkenntnisse sind viele Gespräche kaum zu verfolgen. Aus der Ferne erfassen die Portalreisenden einige Zeltplanen, wo Papierlaternen verkauft werden, die Skyla bereits auf Fotos zu sehen bekommen hat. Sie ähneln kleinen Papiertüten und werden durch eine Flamme wie ein Heißluftballon von den Winden hoch in den Himmel getragen. Ein unvergesslicher Augenblick. Der Andrang ist gewaltig. Menschen aus aller Welt versammeln sich und fiebern auf das Startsignal hin. Die Laternen sind größer als angenommen. Ausgebreitet reicht der Star des Abends vom Boden bis zur Hüfte.

Wann, wenn nicht heute, bietet sich die Gelegenheit, Teil des Ganzen zu sein? Frech zwinkert Milan ihr zu und verankert seine Hand in ihre.

„Damit keiner von uns verloren geht", behauptet der freche Kerl.

Bei all dem Ansturm lässt Skyla die Ausrede gelten. Wenn er fort ist, dann auch ihr Express-Ticket für nach Hause. Der Geisterjäger steuert aufgeregt die Zelte an. Er wirkt wie ein freudiges Kind und seine gute Laune geht auf seine Begleitperson über. Milan ist vorbereitet. Er ist mit der entsprechenden Währung – dem Baht – ausgestattet und schnell ist die riesige Tüte organisiert. Skyla brennen so viele Fragen auf der Zunge, aber wie damals auf der Kirmes will sie ihn nicht bremsen. Seine Augen strahlen wie die eines Kindes zur Weihnachtszeit.

„Hast du schon mal so etwas gemacht?", spricht die Neugier aus ihm.

Skyla schüttelt den Kopf. In der Menge rückt sie unausweichlich nah an ihn heran. Etwas, das ihr unangenehm ist. Ihn hingegen stört es eher weniger. Milan beugt sich sogar ganz nah zu ihr und hält ihr die gewaltige Laterne vor der Nase. Schließlich beginnt seine Erklärung zum Ablauf und es überrascht ihn, wie gut sie ihm folgen kann. Dabei fühlt sie sich von ihm auf dem Arm genommen, denn er spricht mit ihr, als sei sie ein kleines Kind. Etwas Zeit bis zum Startsignal bleibt ihnen noch. Diese nutzen die beiden, um ein Erinnerungsfoto zu schießen. Milan schafft es, Skyla mit seiner lustigen und frechen Art aufzulockern. Er ist anders als sein Mitbewohner. Viel einfühlsamer, entgegenkommender und locker. Seine Art, ihr von seinen Erlebnissen in Thailand zu berichten, ist humorvoll. Milan bringt sie sogar zum Lachen. Je mehr Zeit sie mit ihm verbringt, desto netter findet sie ihn. Sein unverschämter Charme wickelt Skyla um den Finger. Eine Tatsache, die ihr schnell bewusst wird und die sie nicht gutheißt, denn er ist ihr fremd. Abgesehen davon, dass er als Geisterjäger arbeitet und seine Partnerin eine eingebildete Fee ist, passend zu seinem mies gelaunten Mitbewohner, weiß Skyla so gut wie nichts über ihn. Wer garantiert ihr, dass dieser junge Mann mit offenen Karten spielt? Milan ist ein geheimnisvoller Kerl. Wachsam und vorsichtig, wenn es darum geht mit Informationen über sich selbst rauszurücken. Und doch ist er so unwiderstehlich.

Pünktlich um zwanzig Uhr zur Ortszeit ist es dann endlich soweit. Die Mönche beten im Chor und kurz darauf brennen die ersten Zündschnüre einiger Laternen. Milan zündet ihre mit der Hilfe von Skyla an einem der Feuerständer an. Dabei handelt es sich um einen langen Stab, der im Erdreich steckt und oben einen Behälter bildet. Es erinnert an einem Aschenbecher. Während Skyla die Laterne hochhält, beobachtet sie aufmerksam, wie das Feuer den in Öl getauchten Ring in Flammen setzt. Es dauert nicht lange, bis die Flammen ihre Wirkung zeigen und die Papiertüte sich aufbläst. Bereit, in die Luft abzuheben. Milan Zündtechnik ist gekonnt, als mache er dies nicht zum ersten Mal. Sie treten gemeinsam vom Feuerständer weg und geben diesen damit frei. Dabei kommt es zwischen den beiden zu Augenkontakt. Der Tanz der wilden Flammen findet sie auf seinem Seelenspiegel wieder. Als wären seine Augen nicht bereits ein wahrer Hingucker, kann sie kaum den Blick von ihm nehmen. Es fühlt sich magisch an. Die Luft zwischen ihnen knistert. Es entsteht eine Anziehungskraft, wogegen sie nicht gewappnet ist. Ein Verlangen nach seiner Nähe und Liebe. Sie sehnt ich nach dem Geschmack seines Atems und der Berührung seiner Lippen. Für einen Moment schmachten sie so sehr in ihren Gedanken, dass ihr entgeht, wie Milan sie anspricht und ihr das Okay gibt, die Laterne loszulassen. Erst als seine Mundwinkel erheitert zucken, weiten sich ihre Augen und das Blut schießt ihr ins Gesicht.

Nebenjob GeisterjagdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt