Mit einem milden Lächeln, um den Schein zu wahren, tritt Skyla durch die Haustür in das Reich ihrer Eltern. Zwei Wochen sind bereits vergangen, seit Milan fort ist. Das Ambiente „Zum Kräutergarten" war heute vollkommen ausgebucht und jeder Mitarbeiter kam ins Schwitzen. So wünscht sich Skyla ein wenig Schlaf, bevor die Arbeit morgen weitergeht. Aber es ist der Blick ihres Vaters, der alarmierend wirkt. Aus der Ferne hört Skyla ihre Mutter laut schluchzen, woraufhin ihr Mann seine Gattin über die Ankunft ihrer Tochter informiert. Skyla erreicht ihr Zimmer, wo sie sich ihrer Tasche entledigt, als plötzlich ihre Mutter mit dem Telefon in der Hand an sie herantritt.
„Mary, meine Tochter ist gerade eingetroffen."
Skyla blickt müde auf. „Tante Mary? Grüße sie lieb von mir."
Überrascht blickt das Medium auf, als ihre Mutter ihr das Telefon mit einem Blick hinhält, der ihrer Tochter das Blut in den Adern gefrieren lässt. Skylas Mutter wirkt sichtlich besorgt, vielleicht sogar verzweifelt. So, als verliere sie fast den Verstand. Es ist etwas Verrücktes an ihrem Blick. Gefährlich verrückt. Skyla kann nicht sagen, was ihre Mutter als Nächstes tun wird und ob sie überhaupt bei Sinnen ist. Gleichzeitig ist da ein Ausdruck von Angst, als wäre ihre Tochter bedrohlich. Mutter Kacies Hand zittert stark und als Skyla das Telefon in die Hand nimmt, bleibt keine Zeit zum Nachhaken. Ihre Mutter ergreift fluchtartig die Flucht, woraufhin das Medium misstrauisch wird.
„Tante Mary?" Skyla legt das Telefon ans Ohr. „Stimmt etwas nicht?"
„Hallo, Skyla. Wie geht es dir?"
Ihre Tante klingt freudig. Auffällig gespielt, woraufhin Skyla schließt, dass die beiden etwas Übles aushecken oder etwas Schlimmes geschehen ist.
„Erschöpft von der Arbeit. Wie geht es dir?"
„Besten, bestens. Deine Mutter sagte, du durchlebst im Moment eine schwere Zeit. Tessa und ich dachten, du könntest etwas Ablenkung gebrauchen."
Wohl eher du, Tante Mary. Ich könnte halbtot auf der Straße liegen und Tessa würde es nicht jucken. Aber das kann ich dir nicht sagen.
So übt sich Skyla an einem gespielten Lächeln. Etwas, was ihr schwerfällt und der Blick in den Spiegel beweist, wie erschreckend das Ergebnis aussieht. Wohl eher gespenstig.
„Ist das so? Wie lieb von euch", bringt Skyla, so gut es geht, dankbar herüber.
„Nicht wahr. Warte ich gebe dir Tessa. Sie kann dich dann einweihen."
Bitte nicht! Nein, wirklich. Ich will nicht mit Tessa sprechen!
„Oh nein! Das kannst du so vergessen!", tönt es im Hintergrund.
Eindeutig Tessas zickiger Ton, der Skyla bereits jetzt Kopfschmerzen bereitet.
Aber Tante Mary lässt sich nicht abwimmeln. Im strengen Ton mahnt sie ihre Tochter: „Tessa! Wir hatten darüber gesprochen und waren uns einig!"
Skylas Cousine gibt grummelige Laute von sich, woraufhin das Medium zu ihrer Tante spricht: „Ach weißt du, Tante Mary, ich will nicht, dass ihr euch meinetwegen streitet. Wenn Tessa nicht will, ..."
„Blödsinn!", unterbricht Mary im strengen Ton ihre Nichte. „Es täte dir gut, Skyla. Hör ihr wenigstens zu."
Als bliebe mir eine andere Wahl!
„Hey, kleines, blauhaariges Monster!", meldet sich Tessa schlechtgelaunt.
„Hey, kleine Diva!"
Nichts, was Tessa kränkt. Leider. Ihre Cousine steckt die Feindseligkeiten oft besser weg. Tessas Rüstung ist von einem ganz anderen Niveau.
„Ich habe gehört, du hast Probleme, Skyla."
„Hab ich das?"
„Fühl dich geehrt, meine Ma lädt dich zu meiner Geburtstagsfete ein. Ich weiß, du hast keinerlei Modegeschmack und machst einen auf Rebell. Aber ich bitte dich kleide und benehme dich zur Abwechslung nicht wie ein Straßenköter."
Eine Feier? Eine von Tessa prunkvollen Partys mit Glamour und Eleganz. Zu Beginn war Skyla begeistert und froh, dabei sein zu dürfen. Bis die grausamen Kommentare und das ignorante Verhalten von ihr und ihren Freunden den Rahmen sprengte und Skyla es satt war, das Opferlamm zu spielen. Tessa kann grausam sein und mit den Jahren hat Skyla gelernt, sich eine harte Schale anzulegen und frech zu kontern. Sie nimmt die abscheulichen Worte ihrer Cousinen nicht mehr ernst und hat sich geschworen, ihretwegen keine weitere Träne zu vergießen. Genauso wie sich Skyla geschworen hat, nie wieder einen Fuß auf die Party ihrer beiden Cousinen zu setzen. Zumal sie gerade jetzt mit ihrem Fluch und Milans Verschwinden andere Sorgen hat.
Als Kind hatte Skyla langes Haar, das ihre Mutter Kacie mit viel Liebe zum Detail geflochten hat. Aber Tessas Bande erlaubte sich an einer der Feten einen miesen Spaß auf ihre Kosten und so verpasste die Bande ihr einen neuen Haarschnitt. Es war grauenvoll. Skyla war wehrlos. Sie wurde wie ein Reh in die Enge getrieben und die Schere richtete im Nullkommanichts einen großen Schaden an. All die schönen Spangen lagen auf dem Boden verteilt und gingen durch das Getrampel kaputt. All das abgeschnittene Haar wurde wie Konfetti verstreut. Es wurde laut gelacht. Die beißenden Kommentare, dass jede noch so erdenkliche Frisur zu schön für sie sei, trampelten ihr Selbstwertgefühl nieder. Es gab für Tessa und die anderen zwar riesig Ärger, aber für Skyla hat es sich mit Langhaar-Frisuren endgültig erledigt. Ihre Mähne bleibt kurz und wild. Es war Tessa, die den Rebellen in Skyla geweckt hat. In der prunkvollen und glamourösen Blase von ihren Cousinen ist kein Platz für sie. Es ist alles nur Schein und Trug. Nichts, womit das Medium ihre Zeit verschwenden mag.
Noch immer nagt der Schatten der Vergangenheit an ihr und so spielt sich alles erneut in ihren Kopf ab. Bilder des Grauens, die ihr Blut zum Kochen bringen. Ein Gefühl von Hilflosigkeit und Verzweiflung.
Skyla macht einen belustigten Laut. Denn diese Einladung klingt wie ein schlechter Scherz. „Oh, die eingebildete Prinzessin hat Geburtstag und putzt sich fein raus. Es wird sicherlich eine märchenhafte Feier. Voller hübscher Leute. Einer arroganter wie der andere und alle tun so, als wären sie wirklich deine Freunde. An solch einen Ort voller Hass und Intrigen habe ich nichts verloren. Ich muss dankend ablehnen. Zumal ich bezweifel, dass ich an deinem großen Tag eh kein frei bekomme."
„Ich vergaß, du gehörst zur unteren Schicht. Armes Ding. Arbeitest so viel, hast wenig Freizeit und verdienst nicht mal halb so viel wie ich."
Skylas Zornesader schwillt an. Wäre es nur möglich, würde sie sich auf ihre Cousine stürzen und sich auf eine Rauferei einlassen.
„Hör zu, Tessa!" Skyla schließt bewusst die Augen und zählt in Gedanken bis zehn, damit ihre Wut nicht die Oberhand bekommt. „Ich bin müde und erschöpft. Im Gegensatz zu dir arbeite ich hart..."
„Oh ja, ich vergaß. Den Kochlöffel schwingen ist ja so anstrengend. Arme Skyla."
Mit zitternden Fingern beendet Skyla freiwillig das Telefonat. Denn es hat sich so viel Wut in ihr angestaut, dass sie am liebsten auf irgendetwas einschlagen mag. Gerade jetzt wäre sie motiviert für Justins Training, das dank Lukas nie wieder stattfinden wird. Aber alternativ bieten sich die feindlichen Geister und Dämonen an. Als sich Skyla entschlossen zur Haustür dreht, bekommt sie den vorwurfsvollen Blick ihrer Mutter ab. Mama Kacie schüttelt enttäuscht den Kopf und es brauchen nicht mal mehr Worte fallen, denn ihr Blick ist Strafe genug. Stumm drückt das Medium ihrer Mutter das Telefon in die Hand und begibt sich zur Haustür. Die kalte Nachtluft wird ihr helfen, mit der Wut besser fertig zu werden. Hinzu kommt die Stille auf den einsamen Straßen. Niemand, der ihr weitere Vorwürfe machen kann. Ob per Blick oder per Gespräch. Ein kurzes Telefonat und schon ist Skylas Laune im Keller. Tessa hat ein wahres Talent, ihr auf die Nerven zu gehen.
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Nebenjob Geisterjagd
ParanormalBand 1 "Was du siehst, das kann auch dich sehen. Die Geister werden dich auf Dauer nicht ignorieren, du wirst ihnen ein Dorn im Auge sein. Um Unschuldige nicht in Gefahr zu verwickeln, solltest du lernen, wie man gegen das Böse angeht. " "Geraten wi...