Kapitel 36 - Teil 1

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Fröhliches Gesumme und ein ansteckendes Lächeln - auf der Arbeit erkennen die Kollegen Skyla kaum wieder bei all der Heiterkeit, die sie wie einen Raumduft versprüht. Ihre Gedanken kreisen rund um Milan und diesem wundervollen Überraschungsbesuch. Nur schweren Herzens hat sie sich von dem Geisterjäger verabschiedet, aber auch nur deshalb, weil bis zur nächsten Verabredung wenige Stunden liegen. Sehnsüchtig tritt Skyla gegen Abend in ihr Zimmer ein, Milan hat es sich bereits still und heimlich auf ihrem Bett gemütlich gemacht. Einige Türen weiter amüsieren sich ihre Eltern köstlich auf der Couch. Sie schauen irgendeine Sendung im Fernsehen und sind nicht zu überhören.

Skyla hingegen kann aufatmen, denn die Angst, Milans Worte wären leer, lag schwer wie ein Stein auf ihrem Herzen. Aber jetzt, wo sie in seine silberfarbenen Augen blickt, ist die Welt trotz der Tatsache, dass sie beschattet wird, perfekt. Der Geisterjäger hat sich die Zeit mit einem ihrer Manga vertrieben und setzt sich auf.
„Weißt du, ich habe dieses Heft zuerst falsch gelesen und daher auch nicht viel verstanden."
Sie lächelt wissend, denn auch Lukas hat diesen Fehler am Anfang gemacht. Dabei wird auf der ersten Seite oft erklärt, wie der Manga richtig zu lesen ist. Von rechts nach links und nicht anders.
„Mhm." Sie nimmt ihm den japanischen Comic aus der Hand und wirft einen Blick auf die Seite. „Oh sieh an, Band zwei. Scheint dir ja zu gefallen."
„Naja, ich weiß nicht." Milan seufzt. „Ich lese in meiner Freizeit eigentlich nicht, Skyla. Aber du bist ja schon ein Bücherwurm."
„Es sind Comics", hält sie ihm den Unterschied vor Augen.
Milan blickt verzweifelt zu ihrem Bücherregal. „Und dann so viele."
Skyla beugt sich vor. Ihre Augen blitzen auf, womit sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit hat. Dramatisch beton sie ihr Vorhaben: „Und es werden noch mehr."

Dem Geisterjäger wird die Unterhaltung zu öde, woraufhin er sich wieder hinlegt und die Fotos betrachtet.
„Du verbringst viel Zeit mit Lukas."
„Das tue ich." Ein böses Lächeln huscht ihr über die Lippen. „Eifersüchtig?"
Milan brummt zur Antwort, woraufhin Skyla ihren Hintern auf die weiche Matratze pflanzt.
„Du wirkst glücklich an seiner Seite", findet der Geisterjäger.
„Er ist mein bester Freund. Niemand versteht mich so gut wie Lukas."
Milan dreht seinen Kopf zu ihr und betrachtet sie nachdenklich, bevor er widerspricht: „Das war einmal, Skyla. Erinnere dich an diesen schrecklichen Tag. Deine Gabe und die Tatsache, dass du ein Monstermagnet bist, wird er nie wirklich verstehen können."
Es war einmal ...wie recht er damit hat.
Ein Gedanke, der Skyla traurig stimmt. Sie nickt niedergeschlagen und seufzt laut. Nur ungern möchte sie sich an diesen schrecklichen Tag erinnern. Ein Ereignis, das ihr ganzes Leben auf den Kopf gekrempelt hat.

„Weißt du, Milan, du hattest Recht."
„Womit?"
„Lukas hat mir seine Liebe gestanden."
Kaum ist es ausgesprochen, glühen ihre Wangen. Es ist ein befremdlicher Moment. Für gewöhnlich spricht Skyla nicht über solche Dinge. Mit niemanden. Nicht mal mit Emilie oder sonst wem. Denn solche Themen schiebt sie bewusst von sich fern.

Milans Kiefer spannt sich an. Seine Augen fangen jede noch so winzige Bewegung ein, die Skyla von sich gibt.
„Und?" Seine Stimme zittert. „Wie hast du darauf reagiert? Liebst du ihn?"
Skyla sieht überrascht auf. Fast empört. „Lukas war und ist mein bester Freund. Mehr und nicht weniger."
Erst jetzt kann Milan aufatmen. Es wirkt auf das Medium, als falle eine tonnenschwere Last von dem Geisterjäger.
„Wie hat er darauf reagiert?", spricht die Neugier aus ihm heraus.
„Was denkst du?"
„Er gibt dich nicht auf." Da ist sich Milan so sicher und trifft somit ins Schwarze. „Er wäre auch dumm, wenn er das tun würde. So jemanden wie dich findet man nicht oft. Du bist einzigartig. Nicht zu ersetzen und wundervoll."
Dieser Charmeur!
Skyla boxt ihn verlegen gegen die Schulter und lächelt so dämlich, dass es ihr schon selbst peinlich ist. Aber das Lächeln will einfach nicht von ihren Lippen schwinden.

„Ist das so? Nach unserem ersten Treffen gabst du andere Worte von dir", erinnert sie ihn vorwurfsvoll.
Milan lächelt verlegen. Ertappt schlägt er die Augen nieder.
„Unser Start war etwas holprig", beginnt er nervös.
Skyla nickt zustimmend. So kann man es auch nennen.
Schlagartig greift Milan nach ihrer Hand, woraufhin sich die beiden in die Augen blicken und er sehnsüchtig hinzufügt: „Aber ich habe hinter die Fassade geblickt und du hast mich verzaubert, Skyla. Es vergeht kaum eine Sekunde, in der ich nicht an dich denke."

Mit einem hochroten Kopf spricht sie unüberlegt zu ihm: „Fressen dir die Mädchen wirklich hiernach aus der Hand?"
Milan denkt nicht nach und antwortet triumphierend: „Es ist zu einfach, Skyla. Was soll ich sagen? Ich weiß, wie ich die Frauenherzen zum Schmelzen bringe."
Der Zauber zwischen ihnen verpufft, das Lächeln auf Skylas Lippen schwindet. Statt dem angenehmen Kribbeln, staut sich die Wut. Milan blinzelt perplex, bis ihm überhaupt bewusst wird, was er da von sich gegeben hat.
„Besser wir verschwinden, Milan", meldet sich Mia aus irgendeiner Ecke.
„Hör auf das Insekt und lauf!", knurrt Skyla wie ein bissiger Hund.
Sie erhebt sich wütend, doch Milan weigert sich, seinen Hintern von ihrem Bett zu erheben. Stattdessen zeigt er Reue und teilt seine Gedanken laut mit: „Ich sollte meinen Kopf vorher einschalten. Das war unüberlegt."
„In der Tat!", presst Skyla zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Milan lächelt milde, bevor er einen Blick an den Tag legt, der Skyla überwältigt. Aus dem frechen Geisterjäger wird plötzlich ein entschlossener Krieger. Das flüssige Silber in seinen Augen hypnotisiert das Medium mit einem Schlag. Selbst wenn sich Skyla wünscht, wegzusehen, kann sie es nicht.
Seine Worte mähen sämtlichen Zweifel in ihr nieder, als er sie mit ernster Miene daran erinnert: „Ich wäre nicht hier, wenn ich keine Zukunft für uns sehen würde, Skyla. Jedes Mädchen, so hübsch es auch sein mag, hätte ich sitzen gelassen. Die Gefahr, die von den Leuten ausgeht, ist nicht stemmbar. Ich wünschte, ich könnte ihnen das Wasser reichen, aber ich kann es nicht. Allein hier zu sein, erweist sich als großes Risiko. Aber mein Herz verkümmert ohne dich. Ich drehe durch, wenn ich dich nicht in Sicherheit wissen kann. Ich bin hier, weil ich dich vom Herzen liebe."

Seine eindrucksvolle Art macht ihre Knie weich und seine Worte treiben ihr einzelne Tränen in die Augen.
„Idiot!", schimpft sie, während ihr Finger das Beweismaterial ihrer Schwäche aus dem Gesicht wischt.
Sehnsüchtig breitet Milan seine Arme aus. „Jetzt komm schon her."
Skyla bewegt ihren zittrigen Körper auf das Bett zu. Sie möchte in seinen Armen liegen, seinen Herzschlag hören und einfach seinen Duft tief einatmen. Glücklich lässt sie sich in eine Umarmung schließen. Sie legt sich neben ihn ins Bett und genießt die zärtlichen Berührungen. Milan wirkt genauso erschöpft wie sie und es tut gut, nach einem harten Arbeitstag hier zu liegen und gemeinsam zu entspannen.

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