Kapitel 48

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Es tut gut, Lukas von allem zu erzählen. Keine Lügen und keine Geheimnisse mehr. Es ist befreiend und das ist das erste Weihnachten seit langem, wo sich Skyla nicht um das Essen kümmern muss. Wäre da nicht diese seltsame Stimmung während des Festessens und diese peinliche Stille. Skyla entgeht nicht, wie sie von allen immer wieder angestarrt wird. Sie möchte gar nicht wissen, was in den Köpfen ihrer Verwandten geistert.

Während die Sonne am Himmelszelt untergeht, hat es sich die Familie bereits im Wohnbereich gemütlich gemacht. Der weihnachtliche Zauber ist nun auch bei Skyla angekommen. Es wird gelacht, erzählt, Kekse genascht, angestoßen und die Zeit mit der Familie geschätzt. Am Ende des Abends sitzen Skyla und Lukas allein am Tisch im Kerzenschein, vertieft in einem Gespräch, während der Rest der Familie, sich im Wohnzimmer verteilt hat. Ramonas Freund Daniel wurde mit Skylas Vater zum Spülen verdonnert und Skyla beobachtet zwischendurch, wie gut die beiden sich unterhalten. Sie möchte wirklich nicht wissen, worüber die beiden sprechen. Sicherlich blamiert sich ihr Vater, indem er mit einer Geschichte aus seiner Jugend prahlt. Wie gut, dass Skyla weit genug von der Küche sitzt, damit Lukas davon nichts mitbekommt.

Mitten im Gespräch setzt sich Tessa ungezwungen zu ihnen. Skyla betrachtet die schwarzhaarige Prinzessin erwartungsvoll und wartet ungeduldig auf den Grund ihrer Anwesenheit. Tessa macht es sich bequem, als hätte sie nicht vor, schnell zu verschwinden. Erst jetzt erkennt Skyla, was in Tessas Händen steckt. Das Kartenspiel ihrer Großeltern ist gut bespielt. Einige Karten haben bereits Knicke oder Eselsohren und doch betrachtet Skyla die Karten glücklich.

„Es ist ruhig geworden, Skyla", beginnt Tessa vorsichtig.

Ihre blauhaarige Cousine handelt und legt ihre Hände auf die von Tessa, die überrascht aufblickt.

„Es ist vorbei", versichert Skyla ihr sanft.

„Was?" Tessa reagiert verwirrt. „Wie kannst du das sagen?"

„Dank eines Geisterjägers kenne ich so einige Tricks", antwortet Skyla vorsichtig.

Ihre Cousine betrachtet sie nachdenklich. „Also doch. Du bist einem also tatsächlich begegnet und hast etwas gesehen, was nicht für deine Augen bestimmt wahr oder?"

Es folgt von Skylas Seite ein langes Seufzen.

Wenn es doch nur bei einer Begegnung geblieben wäre.

„Kann man so sagen."

Tessas Züge werden entspannter. Sie blickt, als würde eine schwere Last von ihr fallen.

„Sollte das stimmen, dann habe ich dir zu danken, Skyla." Hoffnungsvoll blickt sie auf. „Aber sollte mich der Terror immer noch heimsuchen, dann garantiere ich dir, rufe ich dich an. Dann schnappst du dir den Geisterjäger und kommst vorbei. Versprichst du mir das?"

Skyla geht auf Lukas genervten Laut nicht ein und versichert ihr: „Das werde ich. Versprochen."

Tessas Lippen formen ein zufriedenes Lächeln. Ihre Augen glitzern verdächtig und dann wagen sich tatsächlich einige Tränen hinaus, die Tessa schnell auffängt.

Schließlich hebt sie die Hand mit dem Stapel Karten. „Wollen wir spielen?"

Skyla möchte allzu gern spielen, aber nicht ohne Lukas. Ein Blick zu ihrem besten Freund, der ihr daraufhin zunickt und schon ist die Sache für die beiden Freunde beschlossen. „Gern, Tessa."

„Die Kekse sind so gut", bekommen sie zu hören.

Ramona stellt ihnen mampfend einen Teller Weihnachtskekse hin und nimmt nun neben Tessa Platz. Damit hat das süße Kleingebäck aus Butterplätzchen, Zimtsternen und Vanillekipferl Skylas ungeteilte Aufmerksamkeit. Lukas ist schneller als Skyla, er schnappt ihr einen Zimtstern vor der Nase weg. Damit ist die Sache für das Medium ganz klar. Schnell zugreifen, bevor sie keinen der leckeren Kekse abbekommt. Denn die Wangen ihrer schwangeren Cousine sind so voll wie die von Eichhörnchen mit Nüssen. Bevor Skyla jedoch ihre Hand ausstrecken kann, hält Lukas ihr den Zimtstern vor die Nase und fordert sie amüsiert auf, abzubeißen. Es wundert sie nicht, dass er ihre Schwäche zu dem Gebäck kennt und als könnte Skyla der Versuchung widerstehen, in das butterweiche Plätzchen zu beißen.

„Oh, ihr spielt. Das ist lange her. Kennt ihr noch die Spielregeln?", fragt Ramona nach.

Ihre Oma setzt sich ebenfalls dazu, sie wird von allen Seiten glücklich angelächelt. Skyla lauscht aufmerksam ihrer Erklärung zu den Spielregeln und nun fühlt es sich wie ein vergangener Spielabend an, nur mit dem Unterschied, dass jeder von ihnen reifer geworden ist. Selbst Ramona, denn aus dem Gespräch heraus, hat sich ihre schwangere Cousine bereits Gedanken zu ihrem Leben mit einem Kind gemacht. Zu Skylas Überraschung sind Ramonas Pläne sehr vernünftig und wer weiß, vielleicht verändert die Mutterrolle ihre Cousine positiv.

Die Stimmung ist entspannter als jemals zuvor. Befremdlich, fast zu familiär und doch wunderschön. Dieses Weihnachtsfest wird Skyla in Ehren tragen.

Ob sich das Verhältnis zwischen Tessa und mir entspannt?

Ein Gedanke, der Skyla gefallen mag. Denn auch wenn Tessa ein wenig eitel ist, kann sich Skyla mit ihr vernünftig unterhalten. Es fühlt sich an, als wäre das Eis zwischen ihnen gebrochen und wer weiß, vielleicht werden die beiden auch noch so etwas wie Freunde. Das mag zwar weit hergeholt sein, zumal, Tessa ihr Dinge an den Kopf geworfen hat, die Skyla verletzt haben und doch besteht Hoffnung.

Mit einem zufriedenen Lächeln steigt Skyla am Ende des Tages ins Auto. Zuerst bringen ihre Eltern Lukas und Thomas nach Hause und schließlich geht's auf zum Eigenheim. Dort, wo sie eine böse Überraschung erwartet. Auf dem Parkplatz ist noch alles okay und hey, das schwarze Auto und der fremde Mann sind fort. Aber nur einen Schritt in den Hausflur und schon lässt Skyla vor Schreck die Taschen fallen, die sie hineintragen soll.

Überall an den Wänden, selbst auf dem Boden wiederholt sich der Satz: „Verbrennt die Hexe!"

Ihre Mutter nähert sich ihr und wollte mit ihr schimpfen, doch kaum erblickt sie das gewaltige Kunstwerk, ist sie genauso fassungslos wie ihre Tochter. Oben in der Wohnung findet sich ein gewaltiges Chaos wieder. Die Einbrecher haben sämtliche Schubladen und Schränke geleert und den Inhalt quer in der Wohnung verteilt. Möbelstücke liegen umgekippt im Raum und auf den Wänden wiederholt sich überall dieselbe Botschaft.

Überall außer in ihrem Zimmer, denn dort steht geschrieben: „Lügen ist eine schwere Sünde!"

Fortsetzung folgt!

Nebenjob GeisterjagdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt