Kapitel 44

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„Kind, du bist ja völlig fertig. Ich übernehme für dich. Holst du mir bitte den Rotkohl aus dem Keller", bittet Oma Ulrike ihre Enkelin um den Gefallen.

Rotkohl? Wofür?

„Ähm", bringt Skyla nur über die Lippen.

„Du willst deiner lieben Großmutter doch nicht den Gefallen ausschlagen", reagiert sie empört.

„Wozu Rotkohl? Ich meine, der gehört doch gar nicht ins Menü", braucht Skyla Klarheit.

Als ihre Oma enttäuscht den Kopf schüttelt, wird Skyla bewusst, dass diese Bitte nur dazu dient, dass Skyla sich um den Geist kümmern kann, ohne dass jemand Verdacht schöpft.

„Weißt du Kind, komm erst mal in mein Alter. Die Kellertreppe macht es mir schwer und ich möchte morgen gerne Rotkohl essen."

Skyla betrachtet sie voller Sorge und wiederholt: „Im Keller? Warum nicht gleich auf dem Dachboden."

In Skylas Kopf spielt sich der Horrorfilm bereits ab. Dunkle Räume. Unheimliche Geräusche. Die perfekte Atmosphäre für einen bösen Geist.

Leise fügt Skyla hinzu: „Ich hasse es!"

Lukas besorgter Blick entgeht ihr nicht.

„Sie sollte nicht allein gehen", rät Tessa ihnen.

„Lass mich dich begleiten, Skyla", schlägt ihr bester Freund vor.

„Ihr könnt später turteln!", brummt ihre Oma.

Tessa kichert verdächtig, woraufhin sie von allen Seiten neugierig angesehen wird.

„Fürchtest du dich vor dunklen Kellern, Skyla?", provoziert ihre Cousine sie.

Allein das Wort Keller weckt Skylas Erinnerung an den Feuerdämon und beschwört die Phantomschmerzen durch die Verbrennung herauf. Zischend blickt Skyla auf ihre heile Hand und doch fühlt sie die alten Schmerzen.

Thomas will gerade seine Hilfe anbieten: „Ich gehe sch..."

„Nein", unterbricht Skyla ihn nervös, bevor sie ihre Chance erneut verpasst, „ich komme klar. Wozu wurde das Licht erfunden. Ist ja nicht so, als müsste ich durchs Dunkle tappen."

„Angst, meine liebe Skyla beginnt in unserem Kopf. Ähnlich wie mit Mut", möchte Thomas sie zum Nachdenken bringen.

„Angst hilft uns Menschen beim Überleben", kontert sein Patenkind.

Thomas blickt beeindruckt und lässt sie als Sieger aus dieser Unterhaltung gehen.

Skyla hat den Küchenbereich gerade verlassen, da stoppt sie und fragt nach: „Wenn ich schon einmal in den Keller gehe, soll ich dann sonst noch was außer Rotkohl mitbringen?"

„Saure Gurken, darauf hätte ich jetzt so richtig Lust", meldet sich ihre schwangere Tante.

Skyla nickt und sieht sie um. „Sonst noch was?"

Da sie keinerlei Rückmeldung erhält, verlässt das Medium den Wohnbereich und begibt sich in den Flur. Sie dreht sich nur zur Seite, als sie Tessas Verfolger zu Gesicht bekommt. Am Ende des Gangs steht der schwarze Geist und betrachtet sie kurz, bevor er hinter der Treppe verschwindet.

„Hör auf zu spielen und mach ernst!", knurrt Skyla und stampft hinterher.

Kai kommt dazu und hüpft auf ihre Schulter. „Der ist ganz schön wütend."

Als wolle das Ungetüm die Aussage ihres widerlichen Schutzgeistes bekräftigen beginnen sämtliche Einrichtungsgegenstände wie bei einem Erdbeben zu wackeln. Skyla sieht das Unglück kommen und wischt mit ihrer Hand einen Bogen neben sich. All die Gegenstände, die der Geist auf sie schleudert, prallen an ihrer Macht ab und bleiben in der Luft schweben. Unbeschadet schweben sie wenige Zentimeter von dem Medium fern. Es war nur ein Gedanke, umso mehr freut es sie, dass der Schild funktionierte.

Nebenjob GeisterjagdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt