Kapitel 28 - Teil 2

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Ein kritischer Blick vom Nachbartisch macht Skyla auf ihre zitternde Hand aufmerksam. Die Kuchengabel gleitet ihr aus der Hand und fällt klirrend auf den Teller. Als Skylas Sicht abermals verschwimmt, vergeht ihr bereits der Appetit. Dieser Zustand wiederholt sich immer und immer wieder. Wenn auch nur kurz. Selbst in der Berufsschule konnte sie ihre eigene Schrift nicht lesen. Zum Glück sitzt sie allein an ihren Platz, da Lukas das WC aufgesucht hat. So bekommt er von all dem Nichts mit und bisher hat sich dieser Zustand immer schnell gelegt. Zu groß wäre seine Sorge um seine Freundin. Etwas, was ihre Freiheit durch sein aufdringliches Verhalten einschränken kann. Die Sicht klärt einige Sekunden später auf und fast hätte Skyla erleichtert aufgeatmet. Als sich der trockene Husten mit Blut meldet. Besorgt starrt sie auf das abgefangene Blut in der Serviette, bis sie Schritte im Hintergrund wahrnimmt. Schnell knüllt sie das Stück Stoff in ihrer Hand und lässt es in ihrer Faust verschwinden.

Die Ladenbesitzerin ist eine jungaussehende Frau mit karamellfarbenes Haar und beneidenswerte Engelslocken. Violette Schleifen sind in der Frisur eingeflochten und der beruhigende Duft nach Lavendel steigt Skyla in die Nase. Die neugierigen, schokobraunen Augen haften auf dem kranken Gast. Das Medium bewundert die schmale Figur in diesem fliederfarbenen Kleid mit schwarzer Spitze.

Die Fremde lächelt ihr freundlich zu. „Gefällt es dir hier?"

Skyla glaubt jedoch nicht an Zufälle und befürchtet das Schlimmste. „Habe ich Ärger gemacht?"

Die hübsche Frau blickt hinab auf Skylas Tasche und das Medium ahnt, dass es sich hier um den Bären geht.

„Ein interessanter Anhänger, den du hast." Die Fremde spielt mit einer Locke. „Bist du hier, um mir diesen zu verkaufen?"

„Zu verkaufen?", wiederholt Skyla überrascht und erinnert sich daran, dass Hexen Dämonen kaufen. „Bist du etwas eine Hex..."

„Mhm", unterbricht die Fremde sie summend.

Skyla staunt mit offenem Mund. „Wow."

Die Hexe kichert amüsiert und erkennt: „Sieh an, unser Treffen war mehr ein Zufall."

„Ich bin Skyla."

„Skyla? Ein schöner Name. Nenne mich Pari. Mir gehört der Laden. Gehst du gerne jagen?"

„Nein, eigentlich nicht. Aber ich sehe sie und sie reagieren auf mich."

Pari blickt überrascht auf und scheint zu verstehen, woraufhin Skyla hinaus möchte.

„Verstehe. Sei willkommen, Skyla. Falls du es dir anders überlegst mit dem Verkauf oder doch Freude an der Jagd findest, weißt du ja, wo du mich finden kannst. Hier meine Kontaktmöglichkeiten."

Dankbar betrachtet Skyla die schwarze Visitenkarte mit der geschwungenen Schrift in einem leuchtenden Violett.

Kai räuspert sich auffallend.

„Die Schule."

Kaum spricht ihr Schutzgeist es aus, blickt Skyla schlagartig auf. „Ah ja. Ich hätte ein wichtiges Anliegen. Ein Geist. Ich kann ihn nicht jagen."

„Warum nicht?"

„Ich gehe dort zur Schule. Mein Gesicht ist zu bekannt und ich kann es mir nicht leisten, dort aufzufallen. Kennst du jemanden, der den Auftrag annimmt?"

Die Hexe legt den Kopf schief. „Zufällig befindet sich seit einigen Tagen ein Geisterjäger vor Ort."

Skyla erinnert sich daran, dass Justin mit einem verabredet war. Vielleicht spricht die Fremde von ein und derselben Person.

Wer den Auftrag übernimmt, spielt jedoch keine Rolle. Hauptsache jemand nimmt sich dem Problem an. Also gibt sie der Hexe die Adresse weiter und beschreibt leise, was sie gesehen hat. Feinsäuberlich trägt sich Pari alles in einen Notizbuch ein. Am Ende blickt sie besorgt auf.

Nebenjob GeisterjagdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt