26. Kapitel

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Ich lief ins Wohnzimmer und setzte mich auf die Couch und das ohne meine Oma aus dem Blick zu lassen. Sie lebte so lange hier, sie wusste sicher was das Alles sollte.

Die kam auf mich zu und ließ sich mir gegenüber nieder, um anschließend mein T-Shirt zur Seite zu ziehen um einen Blick auf meine Wunde zu werfen, doch anstatt überrascht zu sein schüttelte sie nur lächelnd mit den Kopf. Ich kam mir vor wie in einem falschen Film.

"Du bist also mit Jayden zusammen gekommen?", fragte sie und schaute dabei aus dem Fenster, in das die Sonne scheinte.
"Nein! Wie kommst du darauf? Dieser Psychopath hat mich gebissen! Siehst du das denn nicht?"
Ich zog mir hysterisch das T-Shirt aus doch sie ignorierte mich wieder mal.

"Du musst mit Jayden sprechen", murmelte sie und stand auf, um weg zu laufen, doch ich lief ihr hinterher in die Küche.
"Sag mir was das Alles soll!", forderte ich die auf, doch sie sah mich mit Tränen in den Augen an und schüttelte den Kopf.
"Ich kann nicht. Es geht mich nichts an."

Sie wandte sich ab und stellte den Wasserkocher an und in diesem Moment, kamen auch mir die Tränen.
"Ich bin deine Enkelin! Ich bin nur wegen dir hier und dich kümmert es nicht, dass ein Mann mich im Wald angreift und mich dabei körperlich verletzt!", schrie ich und rannte aus der Küche um die Treppen hoch in mein Zimmer zu eilen.

Voller Wut und Entsetzten nahm ich meinen Rucksack und fing an, alles Mögliche an Kleidung in ihm zu verstauen. Ich musste hier weg und zwar sofort. Sie brauchte meine Hilfe nicht und anscheinend war sie genau wie meine Mutter und dachte nur an sich selbst. Es war ein Fehler mein eigenes Leben aufzugeben, selbst wenn es ein Leben in Armut und Einsamkeit war.

Ich rannte mit dem fertig gepackten Rucksack runter ins Bad und zog mir einen weißen Pullover über, um anschließend vor dem Spiegel meine Haare zu einem Zopf zu binden. Meine ganzen Hygiene Artikel stopfte ich auch noch rein und warf ihn dann um meine Schulter.

"Chiara, warte doch bitte! Es ist nicht-"
"Leb wohl, Lisbeth!"
Mit Tränen die sich den Weg über mein Gesicht bahnten knallte ich die Haustür und lief von der Sonne geblendet Richtung Hauptstraße. Es war die Straße, die zwar auch am Wialtrama vorbei führte, aber auch die, die als Einzige aus der Stadt raus führte.

Es war ja noch mitten am Tag, also musste ich nicht damit rechnen einen der Nachtaktiven auf meinem Weg zu treffen. Ich zog mir beim Laufen meine Kopfhörer auf, wischte mir die Tränen weg, schaltete Musik ein und fokussierte mich auf den Weg.

Als ich kurz nach dem Wialtrama dort ankam, wo ich den Weg raus aus der kleinen Stadt vermutete, staunte ich nicht schlecht, als keine Straße mehr heraus führte. Ich lief durcheinander den Waldrand entlang und es schien kein Entkommen mehr zu geben. Es kam mir alles so Unglaublich vor, dass ich wieder anfing an meinem Verstand zu zweifeln.

Ich drehte mich um, lief über die Straße und zog mir die Kopfhörer aus, um eine ältere Dame nach dem Weg zu fragen.

"Es gibt keinen Ausweg aus dieser Stadt."

Das bekam ich als Antwort und schon verschwand die kleine Frau mit dem dicken Pelzmantel um die nächste Ecke. Ich schüttelte nachdenklich den Kopf und starrte auf den Wald. Es musste einen Weg hier raus geben. Ich bin ja immerhin auch hier her gekommen und das war nur ein paar Tage her. So schnell konnte kein Wald über eine asphaltierte Straße wachsen.

Ich erinnerte mich an die kleine Brücke und den Bach, über den wir drüber gefahren waren und suchte am Waldrand danach und zu meinem Entsetzen, fand ich die Brücke. Doch über ihr verlief keine Straße mehr, sondern es standen zwei Bänke drauf und mehrere Büsche.
"Das kann nicht sein", murmelte ich mir selbst zu und lief auf die Brücke zu.

Auf ihr stehend schaute ich der Dunkelheit des Waldes entgegen und entschloss mich dazu, immer geradeaus durch ihn durch zu laufen, irgenwann musste er ein Ende haben, dass war die einzige Möglichkeit, die ich noch hatte.

Ich setzte erneut meine Kopfhörer auf, platzierte den Rucksack auf meinem Rücken und lief dann entschlossen über die knackenden Äste und den wohlriechenden Waldboden, immer weiter zurück in mein altes Leben, in dem ich hoffentlich bald wieder ankommen würde.

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The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt