27. Kapitel

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Es vergingen sicher mehrere Stunden, denn es wurde immer dunkler und mein Magen meldete sich auch immer wieder mit einem lauten Knurren.

Die Kopfhörer hatte ich schon vor einiger Zeit wieder in den Rucksack gesteckt, denn der Akku meines Players hatte den Geist aufgegeben. Da waren nur noch ich, die immer mehr einnehmende Dunkelheit und die gruseligen Geräusche des Waldes, die mich immer wieder erschrocken meine Umgebung mustern ließen.

Ich setzte mich erschöpft auf einen Baumstamm und stellte den Rucksack neben mir ab. Dabei kam ich mir so dumm vor. Mein ganzes Leben war geprägt von meinen schlechten Entscheidungen. Ich bereute so vieles getan zu haben, genauso bereute ich vieles nicht getan zu haben. Aber am meisten bereute ich die Schnappsidee, alleine durch den Wald zu laufen und das, ohne Aussicht auf dessen Ende.

Ich ließ mein Gesicht verzweifelt in meine Hände fallen und überlegte wie es weiter gehen sollte. Was ich tun sollte. Ich konnte nicht zurück und auch nicht weiter laufen, dafür war es mittlerweile zu dunkel und mein Hunger zu groß. Nachdenklich stand ich auf und erkundete meine Umgebung so gut es bei dieser Dunkelheit möglich war.

Ich entschied mich dazu, die Nacht einfach hier zu verbringen und betete dafür, dass es hier keine wilden Tiere gab, die mich im Schlaf angreifen würden.
Voller Angst davor gefressen zu werden, öffnete ich meinen Rucksack und zog mir einen zweiten schwarzen Pullover über. Ich war der Meinung, dass ein Tier mich dann nicht so gut sehen konnte und dazu wärmte er mich auch.

Ich ließ mich auf dem Boden nieder und lehnte meinen Rücken an den Baumstamm, um anschließend meine Augen zu schließen und ein wenig Schlaf zu finden. Doch Fehlanzeige. Sobald ich die Augen schloss, hörte ich nur noch Geräusche die mir eine Todesangst einjagten. Raschelnde Blätter, der Wind, der durch die Bäume bließ und dazu ein Geräusch, als würde ein großes Tier ein- und ausatmen. Schnell sprang ich auf und versuchte etwas in dem schwarz, das mich umgab, zu erkennen. Doch da war nichts.

"Ich werde hier sterben", sprach ich mir selbst zu und setzte mich vorsichtig auf den Baumstamm, um bereit zu sein aufzustehen, sollte ich mich verteidigen müssen.

Noch nie zuvor hatte ich mich so einsam, verlassen und verzweifelt gefühlt und egal wie beschissen mein Leben zuvor schien, ich hätte alles gegeben, um aus dieser Situation wieder heil raus zu kommen. Doch egal wie sehr ich es mir wünschte, kaum machte ich die Augen auf, saß ich wieder im Dunklen alleine auf dem Baumstamm.

Ich ließ mich kraftlos runter gleiten, sodass ich mit meinem Po auf dem kalten Waldboden saß und zu meinem Missfallen, fing es auch noch an wie aus Eimern zu regnen.

Da saß ich nun und dachte über meinen Tod nach. Noch nie hatte ich Liebe erfahren. Ich hatte noch nie einen Mann geküsst, mich noch nie wirklich frei gefühlt und diese Nacht würde meine Letzte sein, dass dachte ich zumindest.

Ich überlegte ganz kurz, ob ich wohl jämmerlich verhungern würde oder an der Kälte erfrieren würde und ehe ich diesen grausamen Gedanken zu Ende führen konnte, nahm ich ein lautes Rascheln genau hinter mir wahr.

Es war nicht weit weg und ich saß regungslos da. Ich war eine Sekunde unfähig zu atmen oder sonst was zu tun, aber dann riss ich mich zusammen und rannte einfach nur geradeaus. Weit weit weg von dem Geräusch und das, ohne mich umzudrehen.

Kleine Äste klatschten mir schmerzhaft ins Gesicht und plötzlich blieb ich mit meinem Fuß an etwas hängen, fiel vorne über und sah nur noch schwarz.

****

Mein Kopf schmerzte unglaublich und nur mühsam bekam ich meine Augen auf. Es war so unglaublich warm, dass sich Schweißperlen auf meiner Stirn gebildet hatten und als ich langsam meine Umgebung wahr nahm, wurde mir klar, das jemand mich gefunden haben musste.

Ich setzte mich auf und schaute direkt auf eine helle Holztür, die geschlossen war. Die Wände waren weiss gestrichen und überall lagen Klamotten herum. Ich erkannte jede Menge Bhs und Tops auf dem Boden und auf der Holzkommode, die direkt neben der Tür stand. Entweder wohnte hier eine unordentliche Frau die anscheinend jeden Tag eine Modenschau veranstaltete, oder aber ein Serienkiller, der schon eine Menge Frauen hierher gebracht hatte.

Ich stieg vorsichtig aus dem Bett und stellte erschrocken fest, dass ich nur noch meinen Bh und meine Unterwäsche am Körper trug. Zitternd und entsetzt riss ich die dunkelblaue Wolldecke an mich und murmelte mich bis zum Hals in sie ein.

Mein Blick fiel danach auf das Fenster über dem Bett, das mir den Ausblick auf den Regen gab, der nie aufzuhören drohte. Ich kehrte dem Fenster den Rücken zu und wollte die Tür öffnen, doch stellte erschrocken fest, dass sie abgeschlossen war. Ich rüttelte an ihr und zog so fest ich konnte, doch ich hatte keine Chance.

Panisch lief ich zurück zum Bett und kniete mich darauf hin, um dann mit zitternden Händen am Fenster zu reissen, doch ein kleines Schloss ließ mich erahnen, das ich auch hier nicht raus kommen würde. Als ich dann plötzlich hörte, dass ein Schlüssel in das Schloss der Tür hinter mir gesteckt wurde, stockte mir der Atem und ich ließ mich auf den Boden fallen, um mich dann unter das Bett zu rollen.

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873 Wörter

The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt