15. Kapitel

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Als nach weiteren drei Drinks Lou immernoch nicht zurück war, beschloss ich, nach ihr zu suchen. Am liebsten wäre ich einfach nach Hause, aber ich wollte nicht gehen ohne nach ihr zu sehen.

Ich stand vorsichtig auf und checkte erstmal ob der Alkohol überhaupt noch zu ließ, dass ich mich geradeaus bewegen konnte. Als ich dann merkte,  dass mir zwar ein wenig schwindelig war, aber ansonsten alles gut schien, machte ich mich auf den Weg in die Richtung, in die Lou verschwunden war.

Den Tresen entlang und vor dem Vorhang  nach rechts, befanden sich zwei enge braune Türen, über denen man anhand von  lustigen Karikaturen wusste, welche für Damen und welche für Herren war. Ich schubste die Tür für Frauen auf und stand in einem Vorraum umgeben von mehreren Waschbecken und einem großen Spiegel. Vor mir nahm ich mehrere geschlossene Kabinen wahr und lehnte mich dann an eins der Waschbecken, um kaltes Wasser über meine warmen Hände laufen zu lassen.

Das Gefühl war unbeschreiblich wohltuend, als würde das Wasser mir einen Teil des Alkohols entziehen, der mich so durcheinander machte. Als ich dann hörte, wie eine Kabinentür sich öffnete, drehte ich mich in der Hoffnung, es wäre Lou, in die Richtung. Zu meinem Entsetzen stand nicht sie, sondern die Schwarhaarige plötzlich vor mir, die anscheinend doch nicht mit Ludwig abgehauen war.

"Er ist nichts für dich Chiara. Er braucht eine richtige Frau an seiner Seite, kein Kind."
Sie wusch sich die Hände und schaute mir arrogant im Spiegel entgegen, während ich innerlich vor Wut anfing zu brodeln.
"Ludwig kann ja wohl selbst-"
"Ich meine nicht Ludwig", unterbrach sie mich und drehte den Wasserhahn dabei zu. Ich musterte ihre schöne Haut und die blauen Augen, während sie einen Schritt auf mich zumachte und ihr Geruch nach Lavendel mir intensiv entgegen wehte.

"Ich spreche von-"
"Da bist du ja!", stürmte Lou plötzlich in den Raum und musterte die mir gegenüber stehende abschätzig.
"Wir sollten gehen", nahm sie dann meine Hand und zog mich eilig aus der Situation raus in den Club und obwohl ich dankbar war, dass sie wieder da war und bei bester Gesundheit, war ich sauer darauf, dass sie unser Gespräch einfach unterbrochen hatte.

Beim herum gewirbelt werden, dachte ich über ihre Worte nach und darüber, wen sie wohl gemeint hatte. Vielleicht dachte sie, dass Chace an mir Interesse hatte. Immerhin war ich mit ihm schon hier und er war auch derjenige, der mir meine Jacke kurz vorher gereicht hatte. Aber wieso sollte er nicht gut für mich sein. Und wo war Ludwig wenn nicht mit ihr?

Ehe ich eine Antwort auf meine Fragen bekommen konnte, fanden meine Gedanken den Weg zurück in die Realität und ich fand mich mitten auf der Tanzfläche wieder. Lou tanzte ausgelassen und auch ich fing an mich zum Takt zu bewegen, als hätten mich die Musik und die Lichter fest unter Kontrolle. Immer weiter und intensiver nahm ich die Klänge in mich auf und schloss dabei die Augen.

Der Alkohol ließ mich meine Hemmungen verlieren. Ich tanzte und das ohne darauf zu achten, ob ich dabei eine gute Figur machte oder Leute mich beobachteten. Irgendwann spürte ich zwei Hände um meine Taille und den warmen Atem eines Mannes an meinem Nacken. Ich öffnete erschrocken die Augen und sah direkt in die Augen der Braunhaarigen vor mir, die mir entgegen grinste und mir einen Daumen hoch zeigte. Anscheinend sah der Typ hinter mir nicht schlecht aus.

Ich schloss erneut die Augen und ließ mich an seinem Körper gehen, spürte seine Arme dabei, die mich immer fester umklammerten und sein Kinn, das er auf meiner Schulter nieder ließ. Er fühlte sich warm an und brachte mir ein Kribbeln im Magen mit seinen rhythmischen Bewegungen an meinem Po. Ohne mir überhaupt Gedanken darüber zu machen, wer er war, lächelte ich und drehte mich zu ihm um, um festzustellen, dass er wirklich gut aussah.

Er hatte braune Haare, die er stylisch zur Seite gegelt hatte und ein schönes Lächeln. Das weiße T-Shirt lag eng um seine muskulöse Brust und er hatte eine silberne Uhr um das Handgelenk.
"Hey", murmelte ich schüchtern und schaute ihm dabei gegen die bebende Brust.
"Hi", antwortete er und zog mich eng an sich heran.

Es verging eine ganze Weile, in der wir ausgelassen tanzten und unsere Körper aneinander reibten, bis Lou sich irgendwann verabschiedete und der Fremde mir anbot, mich nach Hause zu begleiten.

Ich schnappte mir meine Jacke und zog sie über, um anschließend mit ihm den immer leerer werdenden Club zu verlassen. Ich hoffte darauf, Ludwig, Chace oder den Unbekannten vor der Tür zu treffen, doch da war niemand. Nichtmal Eddie saß auf seinem Hocker.

So langsam bekam ich das Gefühl, es wäre doch keine gute Idee gewesen, mich von einem Fremden begleiten zu lassen, also erfand ich eine Ausrede.
"Ich muss wieder rein. Ich hab was vergessen", stotterte ich und sah ihm entgegen, wie er vor mir im Dunklen stand und mich neugierig musterte.
"Das kannst du auch morgen noch holen."

Er nahm meine Hand und zog mich Richtung Wald, was mir fast das Herz implodieren ließ. Meine Hand in seiner fing an zu schwitzen und ich hätte das Gefühl, vor Angst zu ersticken.
"Da wohne ich nicht!", zischte ich ihn erschrocken an und entriss ihm meine Hand, doch er packte sie wieder und zog mich in die eiskalte Dunkelheit.

Finstere Gedanken schossen mir durch DEN Kopf und ich erstarrte innerlich.

Immer weiter laufend ins Nichts, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, entriss mich ihm erneut und lief einfach ziellos durch die Bäume, einfach nur weg von ihm.

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The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt