50. Kapitel

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"Weißt du wie verletzend es ist, jemanden wie dich als Mate zu bekommen?"
Er wandt seinen Blick von mir ab und ließ sich frustriert auf der Couch nieder, während meine Wut anfing, meine Angst zu besiegen.

"Achja, beschämend?", gab ich ihm zurück und machte einige vorsichtige Schritte auf ihn zu.
"Du hast kein Recht, mich immer wieder als schwach zu bezeichnen, nur weil ich KEIN Wolf bin! Und auch deine anderen Taten sind nicht gerechtfertigt, nur weil es Gründe dafür gab, die man auch einfach hätte besprechen können!"

Ich blickte ihm wütend  entgegen, während er damit beschäftigt war, seinen schwarzen Kapuzenpullover zu richten und aufzustehen.
"Es ist so leicht, andere zu verurteilen Chiara! Und es ich auch leicht, Macht  zu bekommen. Das Schwierige ist, sie  zu behalten. Soll ich versuchen es immer allen recht zu machen? Wie schnell würde niemand mehr Respekt  vor mir haben?!"

Ich schüttelte ungläubig den Kopf und hielt mir fassungslos die Hand an die Stirn.
"Du denkst die Leute hier haben Respekt vor dir? Ganz sicher nicht. Das ist nur Angst! Angst vor dir und deinem Rudel, mehr  nicht!", erklärte ich ihm mit bebender Stimme und sah plötzlich hinter ihm auf der Couch einen Bh,  der mich innerlich kochen ließ.

"Und ich könnte auch niemals vor jemanden Respekt haben, der Frauen benutzt wie Spielzeuge!"
Ich drehte mich zur Tür und war bereit zu gehen. Mein Kopf ertrug dieses hin und her nicht mehr,  doch er stellte sich neben mich und drückte mit der Hand gegen dir Tür.

"Ich hab jahrelang nach meiner Mate gesucht, bin fast verzweifelt an dieser Einsamkeit, die mich zu jemand anderem gemacht hat. Diese Frauen nehmen mir diese Einsamkeit, auch  wenn es nur für kurze Dauer ist. Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, wusste ich wer du bist und ich wusste sofort, das du ein Mensch bist."

Er atmete tief durch und lehnte sich dabei mit dem Rücken an die Tür, während ich die Arme verschränkte und darauf wartete, dass er weitersprechen würde, doch ich traute meinen Augen nicht, als ich plötzlich Tränen  über sein Gesicht laufen sah.
"Du bist ein Mensch und denkst ich würde dich deswegen verurteilen. Aber ich versuche nur damit klarzukommen, dass ich sicher hundert Jahre länger leben werde als du, während du ...."

Er drückte sich  von der Tür weg  und lief zum Tisch, um sich  zitternd ein Glas einzuschenken.
"Deswegen das Alles? Deswegen nimmst du dir das Recht heraus, mich zu beleidigen? Nimmst dir das Recht heraus, mich im Glauben zu lassen, ich wäre nichts wert? Weißt du wer schwach ist Jayden? Du! Nur du ganz allein. Denn du hast solche Angst vor dem Schmerz, das du bevor etwas anfängt, schon ans Ende denkst."

Er sagte nichts mehr und stand einfach nur da, mit dem Rücken zu mir, während er immernoch die Flasche in der Hand hielt.
"Machs gut, Jayden", murmelte ich bedrückt und öffnete dann die Tür, um wieder durch den Regen zu laufen. Nur diesmal fühlte ich mich noch schlechter, als auf dem Hinweg, denn nun kam zu meinen Hass auf ihn auch Mitleid  in mir hoch und das wollte ich für ihn nicht  empfinden.

Wieso fraß er alles in sich hinein und erzählte nicht einfach jemanden von seinen Gedanken? Hätte er mir von Anfang an gesagt, Chiara, ich will dich nicht aus Angst  du stirbst vor mir, dann wäre niemals so ein Chaos entstanden. Ich hätte seine Angst verstanden und akzeptiert und ich denke Lou und Chace hätten seine Gedanken  zu ihrer Verbindung auch verstanden. Sie waren alt genug, um diese Entscheidung für sich  selbst zu treffen.

Was Ethan anging, war es keine Entschuldigung für sein Verhalten.  Natürlich sah ich ihn ab diesem Tag in einem anderen Licht, aber das gab  ihm noch lange nicht das Recht, so mit anderen umzugehen.

Ich versuchte das Alles auszublenden als ich an der Straße ankam und setzte mich kurz auf den nassen Bordstein. Meine Beine fühlten sich schwach an, genau wie mein Kopf, in dem sich alles nur noch drehte. So viele Antworten hatte ich bekommen, doch es blieben noch genug offene Fragen zurück. Vor allem Fragen  über den Blonden, der mir plötzlich so weit entfernt vorkam, als wären wir uns niemals nah gewesen.

Ich hatte das Gefühl, umso mehr  ich über Jayden erfuhr und umso mehr Zeit ich mit ihm verbrachte, umso mehr zwang mich diese Verbindung dazu, Interesse an ihm zu entwickeln, doch das wollte ich nicht  zulassen, also unterdrückte ich meine Gedanken und stand wieder auf, um die Hauptstraße entlang nach Hause zu laufen.

Dort angekommen, war ich völlig durchnässt und zitterte vor Kälte. Ich drückte die Klingel und sofort öffnete meine Oma besorgt die Tür. Sie sah an meinen nassen Klamotten herunter und machte Platz, damit ich eintreten konnte.

"Geh ins Bad! Du gehst erstmal warm  duschen", forderte sie mich am Rücken schiebend auf, doch ich blieb vor dem Wohnzimmer kurz stehen und schaute flüchtig hinein.
"Wo-"
"Sie sind nach dir gegangen, aber jeder für sich alleine", unterbrach mich meine Oma und schaute betrübt zu Boden, genau wie ich auch.

Ich lief alleine weiter zum Badezimmer und schloss die Tür hinter mir, um mich erschöpft an ihr herunter gleiten zu lassen und mich wimmernd auf die kalten Fliesen des Bodens zu setzen.

Es war einfach zu viel für mich...

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The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt