30. Kapitel

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Ich weiß nicht mehr, wie lange ich im Bett lag und über alles nachdachte, aber es vergingen sicher Stunden. Mühsam versuchte ich Realität von Traum zu unterscheiden und musste nach mehreren Kniffen in meinen Arm enttäuscht zugeben, dass ich mich nicht in einer Traumwelt befand.

Ich zog  die Kapuze meines Pullovers über meinen Kopf und kuschelte mich in meine Decke ein. Vergessen, wie gerne würde ich das können. Einfach alles ausblenden und mich auf das normale Leben konzentrieren.  Wie jeder Mensch arbeiten gehen und mit den Kleinigkeiten rum schlagen, die man Probleme nannte. Doch es würde nie wieder normal werden, dass wurde  mir schmerzlich bewusst.

Meine Großeltern waren also Wölfe und lebten in einem Ort, der von Menschen unberührt schien und anscheinend die Magie hatte, Straßen zu versetzen oder ganz verschwinden zu lassen.  Dazu führten sie mit ihrem Rudel auch noch einen Krieg. Wie viel schlimmer kann es eigentlich noch werden, dachte ich und zog mir die Decke über den Kopf, bis ich nur noch schwarz sah.

***

Als ich wieder aufwachte, war alles um mich herum stockfinster. Es war wahrscheinlich mitten in der Nacht, doch ich schaffte es einfach nicht weiter zu schlafen, also stand ich auf und setze mich nachdenklich auf die Kante meines Bettes. Ich wollte nicht, aber musste es akzeptieren, wie es war und das Beste was ich tun konnte,  war, mit meiner Oma unser Gespräch zu Ende zuführen.

Bereit dazu stand ich auf und lief über den weichen Teppich hinüber zur Tür und öffnete diese leise, denn ich wusste nicht, ob sie noch wach war. Auf Zehenspitzen ging ich die Treppe hinunter und traute meinen Augen nicht, als ich meine Oma und Jayden im Wohnzimmer ausmachte.

Ich wollte mich sofort wieder umdrehen und flüchten, doch die Stimme meiner Oma bekehrte mich.
"Chiara Liebes, komm bitte zu uns und setz dich", sprach sie mitfühlend und ich drehte mich wieder zu ihr um, ohne Jayden auch nur eines Blickes zu würdigen.

Zögerlich und angespannt lief ich an ihm vorbei auf die andere Seite der Couch und ließ mich tief durchatmend neben Lisbeth nieder.
"Also ihr Beiden. Ich möchte dich bitten, dass du dir in Ruhe anhörst, was er zu sagen hat", ermahnte sie mich und wandte sich dann zu Jayden. "Und du hörst auf so überheblich zu sein und gehst gefälligst gut mit ihr um!"

"Natürlich", erwiderte Jayden ihr, woraufhin ich ungläubig anfing zu lachen.
"Er kennt nichts anderes als seine Überheblichkeit", sprach ich belustigt und schaute meine Oma an, doch sie mahnte mich mit einer finsteren Mine, woraufhin mir sofort das Grinsen aus dem Gesicht fiel.
"Ich setze uns Tee auf", erklärte sie und schaute zwischen uns noch einmal hin und her und verschwand dann aus dem Wohnzimmer.

"Also", kam es von ihm und er lehnte sich mit seinem weißen, dünnen Pullover und der schwarzen Weste nach vorne, um mich genau zu Mustern.
"Es tut mir leid, dass ich dich so schlecht behandelt habe."
"Oh, es kann sich entschuldigen!", verdrehte ich die Augen und wich seinem Blick daraufhin aus.

"Genau das meine ich! Wie soll ich mit dir umgehen, wenn du so engstirnig und ignorant bist!" Er stand auf und wollte gerade gehen, doch er bleib im Türrahmen des Wohnzimmers stehen, fuhr sich durch die Haare und drehte sich wieder zu mir.
"Chiara, es ist nunmal wie es ist. Ich habe mir das nicht ausgesucht, genauso wie du, aber wir sind füreinander bestimmt. Warst du je wirklich glücklich oder verliebt? Nein, oder? Weil du diese Empfindungen für niemanden spüren kannst, außer für mich und lehnst du mich ab, werden wir Beide zugrunde gehen."

Er kam näher auf mich zu und ging genau vor mir in die Hocke, um meine Hände in seine zu nehmen. Es war mir einfach nur zu viel und absolut unangenehm, aber er hatte Recht. Zwar fielen mir schon oft Männer wegen ihres Aussehens auf, aber nie hatte ich so etwas wie Liebe empfunden. 
"Ich würde dich niemals dazu zwingen, mich zu lieben oder bei mir zu leben, aber ich möchte dich in meiner Nähe wissen, denn das gibt mir die Kraft, die ich für mein Rudel brauche."

Ich nickte zustimmend und war einfach nur froh, dass er keine Beziehung erwartete oder sonst etwas, aber ich hatte mich zu früh gefreut.
"Und ich bitte dich darum, mit mir die Verbindung abzuschließen."

Sofort entriss ich ihm meine Hände und stand so  schnell auf, dass er fast rückwärts umgekippt wäre.
"Ich werde auf keinen Fall mit dir mein erstes Mal haben!", teilte ich ihm erschrocken mit und lief rüber zum Fenster.
"Dein erstes Mal?", fragte er mich verwundert und trat ungläubig neben mich, um mich genau anschauen zu können.

"Du hast also noch nie?", flüsterte er und ich sah, dass deine Mundwinkel erfreut zuckten, was mich wütend machte. Er dachte ernsthaft, ich hätte mich für ihn aufgespart.
"Kann ja nicht jeder so eine Dorfmatratze sein wie du", lächelte ich und wandte mich von ihm ab, als dann meine Oma mit einem Tablet zurück ins Wohnzimmer kam.

"Habt ihr alles geklärt?", fragte sie und schaute uns dabei an, während sie das Tablet vorsichtig auf dem Tisch platzierte.
Ich schaute rüber zu Jayden, der abwesend wirkte und nur zu Boden schaute.  Fühlte er sich beleidigt wegen dem, was ich gesagt hatte? Es war doch die Wahrheit, also brauchte er nicht den Beleidigten zu spielen.

"Ja, haben wir" murmelte er und ließ sich erneut auf die Couch fallen.

"Gut, dann klären wir nun den Rest.", kam es von Lisbeth und ich schaute sie nur verwundert an.

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The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt