49. Kapitel

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Von Wut und Verzweiflung getrieben, lief ich die Straße entlang und schaute weder nach links, noch nach rechts. Ich nahm nichts mehr von meiner Umgebung wahr. Nur den Regen, der unaufhörlich auf mich herunter prasselte und den Wind, der mir durch die offenen Haare wehte.

Es war mir egal, ob mir kalt war und auch egal, wie ich aussah. Alles schien mir egal geworden zu sein, außer ihm meine Meinung zu sagen.

Am Wialtrama angekommen joggte ich über die Straße und lief in den Wald hinein. Dieser Weg war kein leichter und ich hatte auch Angst mich ihm zu stellen, doch so langsam blieb mir nichts anderes mehr übrig. Wenn ich schon zu feige war, mich selbst  zu verteidigen, dann tat ich das wenigstens für Lou, die mehr verdient hatte, als dieses einsame Leben.

Er sah nur das kurze Kleid an ihr, ich sah ihren Schmerz, ihren Schrei nach Aufmerksamkeit und Liebe, der verzweifelt klang und bei ihm leider nicht ankam.

Vor der Hütte angekommen blieb ich kurz stehen und sammelte mich. Ich legte mir beim nervösen hin und her laufen Sätze in meinen Gedanken zusammen, die ich ihm gleich an den Kopf knallen wollte, doch ein Knallen der Holztür riss mich aus meiner Vorbereitung.

Ich sah rüber und direkt Ethan in die Augen, der schlecht gelaunt und müde aussah und ohne ein Wort zu sagen an mir vorbei lief. Irritiert drehte ich mich um, um ihm hinterher zu schauen, doch er war genauso schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war.

Als ich mich wieder zur Hütte drehte, kam eine wirklich fertig aussehende Frau heraus, deren Kleid fast genauso kurz schien, wie das von Lou. Sie starrte mir abwertend entgegen und versuchte sich im Regen eine Zigarette anzuzünden, was ihr aber nicht gelang.

Ich lief auf sie zu und riss ihr wütend das Feuerzeug aus der Hand, um ihr die Zigarette anzuzünden. Sie zog fest an ihr und pustete mir amüsiert den stinkenden Rauch ins Gesicht.
"Er gehört ganz dir Schätzchen", grinste sie und lief torkelnd an mir vorbei.

Wieder einmal ballte ich meine Hände zu Fäusten und wieder einmal spürte ich die Wunden in meinen Handinnenflächen. Ich war kurz davor, die Tür aufzutreten, da öffnete sie sich aber und Jayden stand nur in Boxershorts vor mir.
"Warum stehst du hier im kalten Regen? Komm rein!"

Er zog mich am Ärmel in die Hütte und schloss die Tür hinter mir.
"Du hast-"
Fing ich wütend an zu schreien, doch er unterbrach mich.
"Setz dich in Ruhe hin. Ich hole dir ein Handtuch für die Haare und ziehe mir etwas an, außer du möchtest, dass ich so bleibe?"

Er grinste mir frech entgegen, während ich versuchte, ihm nicht an die Gurgel zu springen.
"Schon gut. Ich komm gleich wieder."
Kaum hatte er den Raum verlassen, lief ich zur Couch und sah mehrere leere Flaschen Whisky auf dem Tisch. Es brannte mir in den Fingerspitzen, ihm eine an den Kopf zu schmeissen, aber ich konnte bei ihm nicht  ausschließen, ob er zurück schlagen würde. Zutrauen würde ich ihm es.

Ich nahm eine der Flaschen in meine Hände und drehte sie mehrmals hin und her, bis ich zur Tür rüber sah, ausholte und die Flasche mit voller Wucht dagegen schmiss.  Diese Wut versetzte mich so in Trance, dass ich mir auch noch die nächste Flasche griff und die nächste und die nächste, bis Jayden angerannt kam und mich von hinten fest in die Arme nahm.

"Beruhig dich und hör damit auf!", sprach er bedrohlich in mein Ohr,  woraufhin ich mich von ihm losriss und ihn wütend ins Visier nahm.

"Du hast mir gar nichts zu sagen! Deiner Schwester und Chace verbietest du die Liebe! Du lässt zu, dass Ethan mich und sie behandelt wie Dreck und dazu zwingst du Ludwig, sich von mir fern zu halten!", brüllte ich ihn an, woraufhin er mir wütend entgegen schaute.

"Läuft da was, zwischen dir und Ludwig?", fragte er knurrend und setzte sich schwankend auf die Couch.
"Das hast du aus allem was ich dir gesagt habe mitgenommen?"
Ich schaute ihn fragend an und wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Er schien sich für rein gar nichts zu interessieren, außer sich selbst und es war ihm auch völlig egal, wenn andere wegen ihm leiden mussten und genau das, machte ihn so zu einem egoistischen Mann, der in einem nur Hass auslösen konnte.

"Und du bist hergekommen, um mir das alles vorzuhalten?"
Er lehnte sich zurück und schaute mir mit seinen kalten Augen direkt in meine, was in mir Angst und Panik weckte, doch das Zittern meiner Hände fing erst an, als er plötzlich aufstand und auf mich zukam.

Mein Herz raste vor Aufregung, doch er wandt sich ab von mir, nahm sich eine der übrig gebliebenen leeren Flaschen und schmiss sie wütend gegen die Tür. Ich zuckte zusammen und machte einige Schritte rückwärts, bis ich die Wand an meinem Rücken spürte.

"Weißt du was euer aller Problem ist? Ihr denkt nicht weit! Beschäftigt euch nur mit dem hier und jetzt. Euch interessiert weder Zukunft noch Vergangenheit! Wozu auch? Ihr müsst ja kein Rudel anführen!"
Er knurrte mir diese Fragen und Vorhaltungen entgegen, während er immer näher kam, bis er genau vor mir stand und mir direkt in die Augen sah.

"Du willst, das ich Chace und Lou in Frieden lasse? Willst, das sie eine Beziehung anfangen und sich lieben und ehren?", fragte er und hörte dabei nicht auf, mich wütend anzustarren.  Ich spürte meinen Herzschlag bis in den Hals und nickte nur, während mein ganzer Körper anfing zu zittern.
"Gut! Und wenn Chace morgen, übermorgen, oder in einigen Jahren dann seine Mate findet und Lou stehen lässt, dann wirst du es sein, die ihr Herz gebrochen hat! Nicht ich, Chace oder seine Mate, sondern nur du!"

Ich starrte ihm entgegen und verstand endlich, wieso er ihre Beziehung nicht akzeptierte. Er wollte sie beschützen.  Schützen davor, nicht an der Liebe zu zerbrechen und er wollte es aufhalten, bevor es zu spät wäre.

"Und zu Ethan. Seine Mutter ist krank, während sein Vater ihn täglich verprügelt und erniedrigt. Soll ich so jemanden etwas von Respekt erzählen? Ich hab's versucht. Erst auf die ruhige Weise und dann haben wir uns geschlagen! Was erwartest du noch? Soll ich ihn am nächsten Baum aufhängen?!"

Er löste seinen kalten Blick von mir und drehte mir den Rücken zu. Ich versuchte durchzuatmen, doch es fiel mir schwer, als würde mir jemand den Hals zudrücken.

"Ach und zu dir und deinem ach so tollen Ludwig. Kennst du Schutzengel? Weißt du was ihre Liebe einem Menschen antun kann? Sicherlich nicht. Ich weiß es aber und er auch und das macht mich umso wütender, was er dir damit antun könnte!"
Er drehte sich wieder zu mir und fuhr sich tief durchatmend durch die Haare, während ich immernoch erstarrt da stand und versuchte, das alles zu verarbeiten.

"Und jetzt kommen wir zu dir, Chiara...."

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*.* Meinungen  zu Jayden ?
     

The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt