41. Kapitel

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"Wohin seid ihr denn unterwegs?", fragte er und strahlte mich dabei freudig an.
"Nach Hause und du?", antwortete ich ihm und lächelte.

"Ich spaziere nur rum."
Ich schaute ihn von oben bis unten an und musste dann belustigt grinsen.
"Spazieren also? Es kommt mir eher vor als würdest du mich verfolgen."

"Natürlich verfolgt er uns", lallte Lou und ging dabei auf den Blonden zu. "Das haben Schutzengel so an sich, oder Ludwig."
Sie tippte ihm auf die Schulter, während er sie ungläubig musterte und ich ihn verwirrt ansah. Die Stille und meine Gedanken wurden von einer sich heftig übergebenden Lou unterbrochen, die sich an Ludwigs Arm fest hielt und tief durchatmete.

"Ich bring euch nach Hause, dann können wir in Ruhe reden."
Er nahm Lou vorsichtig auf die Arme und trug sie neben mir her. Wir schwiegen, doch die Stimmen in meinem Kopf schrien nach Antworten, während ich Lou dabei beobachtete, wie sie langsam in seinen Armen einschlief und dabei ihre Wangen fest an seine Brust drückte. Es sah einfach unheimlich süß aus und ich war froh, dass wenigstens einer hier Anstand und Manieren hatte.

Erst als wir vor meiner Haustür ankamen, fiel mir mein fehlender Schlüssel ein und wohl oder übel, blieb mir nichts übrig, als zu Klingeln.
Es dauerte zum Glück nicht lange, bis Lisbeth uns gähnend die Tür öffnete in ihrem weißen Nachthemd und uns drei fragend musterte.

"Ich erzähle dir morgen alles", erklärte ich ihr beim Vorbeilaufen, bevor sie anfangen konnte, Fragen zu stellen. Lisbeth lief mit den anderen beiden die Treppe hoch, um Ludwig mein Zimmer zu zeigen, damit er Lou hinlegen konnte, während ich mich schonmal auf der Couch niederließ und mir einen Whisky einschenkte. So langsam verstand ich, wieso hier jeder nur am trinken war, denn nüchtern war das Alles nicht auszuhalten.

Ich zündete eine der Kerzen auf dem Tisch vor mir an, um meine eiskalten Hände zu wärmen, da kam auch Ludwig endlich ins Wohnzimmer.
"Du hast wohl einige Fragen", meinte er und setzte sich neben mich, während ich mir immernoch die Hände wärmte und der Alkohol meinem Magen ein warmes Gefühl gab.

"Ein Engel also, wer hätte es gedacht", erwiderte ich ihm und schaute ihn mir genau an. Es passte irgendwie zu ihm. Er war immer sehr ruhig und zurückhaltend. Dazu die blonden langen Haare und die schöne Haut, so wie ich mir Engel immer vorstellte.
"Naja, nicht ganz. Ein Schutzengel eben."

Er sah mich an und ich wich seinem Blick aus, um mir noch einen Schluck meines Glases zu gönnen.
"Und was beschützt du?", fragte ich als ich das Glas wieder abstelle.

Ich hoffte darauf, er würde nicht sagen mich, denn dann hätte er viel Arbeit vor sich gehabt.
"Das Dorf und die Menschen, die hier leben. Ich kann Gefahr spüren, bevor sie eintrifft und so die anderen warnen. Auch Wunden kann ich heilen, sofern sie nicht tödlich sind oder von einem Alpha stammen."

Ich schaute wieder zu ihm herüber und erinnerte mich an etwas Gesagtes.
"Und meinem Opa konntest du nicht helfen?", fragte ich ihn vorsichtig und ohne beschuldigend zu wirken.

"Nein, es tut mir leid. Ich habe nichts gesehen und kam zu spät. Dein Opa ist außerdem nicht der Einzige, bei dem ich versagt habe."
Er schaute schuldbewusst zu Boden und ließ den Kopf in die Hände fallen. Es tat mir weh, ihn so zu sehen, also nahm ich seine Hände in meine und schaute ihn lächelnd an.

"Das ist nicht deine Schuld. Ganz sicher nicht. Der Ort hier kann doch froh sein, jemanden wie dich zu haben", sprach ich ihm zu und streichelte über seine warme Wange, während das Kerzenlicht seine Haut wunderschön aussehen ließ.
"Du bist die Einzige, die das so sieht", flüsterte er und kam ein Stück näher auf mich zu.

Mir stockte der Atem und mein Herz fing heftig an, gegen meine Brust zu schlagen. Irgendwas an ihm, faszinierte mich auf eine Weise, die ich mir nicht erklären konnte. Vielleicht hatten alle Engel, eine solche Wirkung auf Menschen. Ich wusste es nicht, wusste nur, das ich ihn küssen wollte und fast durchdrehte vor Nervosität.

Er legte seine Hand auf meine Wange und streichelte sanft mit dem Daumen über meine Haut, sodass eine angenehme Gänsehaut auf meinen Armen entstand.
"Du bist wunderschön", hauchte er mir entgegen und legte anschließend seine Lippen auf meine, um in mir ein Gefühl auszulösen, das einfach unglaublich schön war.

Da waren keine Gedanken mehr an diesen Ort, an die Wölfe oder sonst was. Nur er, ich und die Kerze, die einen süßlichen Geruch ausströmte.

Mein Magen kribbelte als er anfing mich fester an sich zu drücken und ich wusste nichtmal, ob ich eine gute Küsserin war. Ich ließ ihn einfach machen und tat es ihm gleich. Erst als ich ihn zurück gegen die Couch drückte und mich näher zu ihm lehnen wollte, löste er sich plötzlich von mir und stand erschrocken auf.

Ich atmete schneller als sonst und schaute irritiert zu ihm hoch. War ich wirklich so schlecht, dachte ich und stand dann ebenfalls auf, um ihn fragend anzustarren.

"Wir dürfen das nicht. Das Schicksal ist nicht für uns bestimmt. Außerdem bin ich nicht dazu geschaffen, liebe zu empfinden. Ich werde dir nie etwas bieten können", sprach er während er mir traurig entgegen sah.

"Du hast mehr zu bieten, als jeder den ich kenne" versuchte ich auf ihn zuzugehen, doch er wandt sich ab und verschwand schnellen Schrittes aus der Haustür. Ich wollte ihm so gerne hinterher, doch ich fühlte mich überrumpelt und überfordert. Da gab es nichts, was ich noch hätte tun können.

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The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt