35. Kapitel

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Ich stieg mit Chace in sein Auto und schaute rüber zur Haustür, die sich geschlossen hatte. Als der Schönling grade losfahren wollte, riss ich die Handbremse hoch und schaute ihn eindringlich an.

"Was soll das Alles?", fragte ich ihn und ließ ihm keine Chance zu antworten.
"Ihr erzählt mir etwas von Krieg, aber seid euch jeden Abend am besaufen wie pubertierende Jugendliche. Dazu zwingt mich Jayden zu Sachen, die ich nicht will und-"
"Du trinkst doch selbst jeden Abend", unterbrach er mich grinsend und schaute mich überlegen an.

"Ich bin aber auch nicht mitten im Krieg und außerdem wurde ich eingeladen", gab ich ihm zurück und verschränkte genervt die Arme.

"Du kennst den Ort und die Leute hier nicht. Während wir hier unsren Spaß haben, sind genug Wölfe unseres Rudels in den Wäldern und passen auf, dass hier alles glatt läuft", erklärte er und atmete tief durch. Ich beobachtete seinen veränderten Blick, indem plötzlich Anspannung und Sorge lag, doch trotzdem konnte ich es nicht gut sein lassen.

"Und das findest du gut? Das andere im Wald herum irren und du hier Party machst?"
Er wandt sich zu mir und schaute mir direkt in die Augen.
"Verstehst du es immer noch nicht? Es ist wie bei euch Menschen. Die einfachen Soldaten sorgen für Ruhe. Die höheren Tiere kommen erst ins Spiel, wenn etwas ernstes passiert."

"Ach und der Tod meines Opas war nicht ernst genug?", zischte ich ihn an und wollte aussteigen, doch er drückte  eine Taste an seiner Seite der Tür, sodass meine Tür sich nicht mehr öffnen ließ.
"Da hat Ludwig versagt, nicht wir", murmelte er und schaute dabei nachdenklich aus dem Fenster.
"Und jetzt frag mich nicht wieso oder warum. Das kannst du ihn selbst oder Jayden fragen", meinte er dann noch und startete erneut den Wagen um dann auch wirklich los zu fahren.

Ich sah den schönen Häusern entgegen, die schon bald verschwanden und dem dunklen Wald Platz machten. Es kam mir zwar unfair vor, doch trotzdem war es beruhigend zu wissen, dass dort draussen Wölfe waren, die auf einen aufpassten.

Wir kamen an meinem Haus an und bevor ich aussteigen konnte, nahm Chace vorsichtig meine Hand, was mich zu ihm herüberschauen ließ.
"Er meint es nicht so. Er ist der jüngste Alpha, den es je gab und das ist einfach zu viel für ihn. Seine Gefühle kochen manchmal über."

Bevor ich ihm etwas darauf zurück geben konnte, ließ er meine Hand los und sprach ruhig weiter.
"Ich meine nicht, dass du dir etwas gefallen lassen sollst, aber provozier ihn einfach nicht und egal was ist, ich bin da für dich."
Er lächelte genauso herzlich, wie beim ersten mal als ich ihn sah und er schaffte es, mir nach diesem schrecklichen Abend, wenigstens noch ein kleines Gefühl von Vertrauen zu geben.
"Wir sehen uns."

Ich stieg aus und schaute ihm noch hinterher, wie er die Sackgasse entlang fuhr und um die Kurve  verschwand. Genervt stellte ich dann vor der Tür stehend fest, dass ich meine Jacke mitsamt Schlüssel bei Ludwig vergessen hatte. Ich klopfte und klingelte, doch meine Oma war sicher wieder unterwegs, typisch alte Wölfin.

Frierend lief ich einmal um das ganze Haus um ein offenes Fenster auszumachen, doch da war keins, was mich langsam aber sicher zum verzweifeln brachte. Bis ich zu Ludwig gelaufen wäre, wäre ich sicher schon erfroren und im Wialtrama war niemand mehr, den ich kannte.

Ich überlegte was ich tun sollte und lief dann nach kurzer Zeit los Richtung Wialtrama. Vielleicht wäre Lou da, dachte ich und lief immer schneller die dunklen Straßen entlang, um mich durch die Bewegung ein wenig aufzuwärmen.

Angekommen am Club stand Eddie sofort wieder auf, doch  ich schüttelte direkt mit dem Kopf.
"Ich möchte nicht rein, aber kannst du bitte schauen, ob Lou da ist?", fragte ich ihn und er setzte sich daraufhin wieder auf seinen Hocker  und tippte dabei in sein Handy.
"Hallo?", sprach ich ihn nochmal an, doch er sah nichtmal zu mir herüber.

Gerade als ich dann an ihm vorbei wollte, hielt er mich an Arm.
"Warte einfach. Sie kommt gleich", brummte er und ich ließ mich mit dem Rücken an eine der schwarzen Türen fallen.  Es dauerte nicht lange, da kam ein Auto angefahren und ich traute meinen Augen nicht, als ich Jayden aussteigen sah und schaute wütend zu Eddie.
"Das sieht aber nicht aus, als wäre es Lou", flüsterte ich und brachte ihn damit nur zum Grinsen.

"Sehnsucht?", kam Jayden auf mich zu und ehe ich ihm einen dummen Spruch drücken konnte, legte er mir seine schwarze Jacke um und zog vorne den Reißverschluss zu.
"Danke Eddie."
Er nickte dem Türsteher zu und führte mich am Arm vorbei an dem Auto, über die Straße und rein in den Wald.

Ich wusste, dass er hier wohnte und wollte wirklich nicht mit zu ihm. Am Liebsten hätte ich ihn sogar gegen einen Baum geschleudert, aber es war wirklich eiskalt und ich war ausgelaugt und müde.
"Wieso bist du nicht zu Hause?", fragte er beim durchqueren des dunklen Waldes.
"Es war niemand zu Hause und mein Schlüssel ist in meiner Jacke und die ist bei Ludwig."

Ich konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen, wusste aber das er sich bestimmt ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
"Und dann wolltest du feiern gehen?"
"Nein! Ich hab Lou gesucht. Sind wir jetzt fertig mit dem Verhör?", fragte ich ihn genervt und fiel fast über eine Baumwurzel,  doch Jayden fasste um meine Hüften und drückte mich fest  an sich.

Es waren die Schmetterlinge in meinem Bauch, die mich plötzlich in seinen Armen verrückt machten. Sekunden dauerte es nur, in denen ich seine Brust an meinem Rücken vibrieren und seinen Atmen in meinem Nacken spüren konnte, doch der Moment kam mir vor wie eingefroren. Erschaffen für die Ewigkeit.

Ich löste mich erschrocken von ihm und versuchte mir meine schnelle Atmung und den rasenden Herzschlag nicht anmerken zu lassen, doch wusste nicht, ob er es nicht hören konnte mit seinen Instinkten.

"Alles gut?", fragte er mich dann und lief neben mir weiter Richtung Hütte.
"Ja, alles okay", gab ich ihm verwirrt über mich selbst zurück und folgte ihm zögerlich weiter durch die Dunkelheit, die sich auch in meinem inneren ausbreitete.

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The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt