78. Kapitel

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"Nimm deine Finger von mir!", warnte ich ihn, doch er drückte mich nur noch fester an die Wand. Er drehte meinen Kopf in seiner Hand, musterte mich von oben bis unten und ließ mich dann zu meinen Glück los.
"Setz dich."
Er zeigte auf den kleinen Holztisch in der Mitte des Raumes, doch ich war vor Panik immer noch wie erstarrt.

"Ich wiederhole mich nicht gerne", meinte er dann und schaute mich abwertend an. Ohne zu wissen, wer er war oder was er von mir wollte, lief ich herüber zu dem Tisch und setzte mich auf einen der drei Stühle.

Er beobachtete mich dabei und wartete, bis ich ihn wieder anschaute. Grinsend nahm er seine Kapuze runter und fuhr sich durch die braunen Haare, während er tief Luft holte.

"Mein Name ist Darius", erklärte er und setzte sich dann mir gegenüber. "Und deiner ist wohl Chiara?"
Wahrscheinlich hatte er Ethan und mich im Kerker belauscht, dachte ich mir und nickte ihm einfach nur voller Angst zu.

"Okay, Chiara. Ich will, dass du weißt, das dir nichts passieren wird. Wir haben zwar Krieg, aber Frauen sind für mich Tabu."
Ich hörte ihm zu und saß  still da, während in mir drinnen plötzlich unfassbare Wut auf ihn aufloderte. Er war sicher der, der meine Oma zur Witwe machte. Ich ballte unter dem Tisch meine Fäuste und musste mich zusammenreißen, nicht den ganzen Tisch aus Wut umzuwerfen.

"Ich möchte nur, dass du Jayden anrufst und er alleine an den Treffpunkt kommt, den ich dir sagen werde."
Er lehnte sich zurück und wartete auf meine Reaktion, doch anstatt noch länger wütend zu sein, brachte er mir mit seinen Worten nur noch absolute Fassungslosigkeit. Dachte er wirklich, ich wäre so eine Verräterin?

"Warum Jayden?", fragte ich dann und nahm wahr, wie sein Gesichtsausdruck sehr sehr finster wurde.
"Er hat jemanden getötet, der mir sehr nahe stand."

Ich hielt kurz die Luft an und dachte darüber nach, wie oft Ludwig und Jayden über den Krieg gesprochen hatten, doch ich hatte nie darüber nachgedacht, dass Blut an ihren Händen klebte.
"Also? Einverstanden?", riss er mich aus meinen Gedanken und schaute mich fragend an.

"Nein", flüsterte ich leise und hatte Angst vor den Konsequenzen meiner Verweigerung, doch das, was er da verlangte, konnte ich nicht tun. Er stand auf, kam auf mich zu und strich mir sanft über meine Haare, wodurch ich erneut anfing zu zittern.
"Ich hab dir doch versprochen, dir wird nichts passieren. Aber solange du dich weigerst, werde ich dich wieder runter bringen. Vielleicht überlegst du es dir dann anders."

Er packte meinen Arm, tat mir damit weh und zog mich hinter sich her wieder raus aus dem Haus und daneben durch die Holztür. Kaum standen wir an der Treppe, hörte ich schmerzverzerrte Schreie, die mich mit Herzrasen die Stufen hinab rennen ließen.

"Ethan?!", rief ich beim entlang rennen des dunklen Flurs und genau vor seine Zelle blieb ich außer Atem stehen. Ethan lag in der Mitte seines Gefängnisses auf dem Boden und ich sah nur noch Blut auf seinem Körper. Tränen liefen mir über meine Wange, während ich an den Stäben rüttelte und einfach nur zu ihm wollte,  um zu helfen. Das alles kam mir wie der reinste Irrsinn vor und war zu viel für meine Nerven.

"Ich hab ja gesagt, ich tue dir nicht weh."
Darius tauchte neben mir auf und ich schaute voller Zorn zu ihm herüber, während er Ethans zusammengeschlagenen Körper anlächelte.
"Also?", fragte er mich erneut und gerade, als ich wieder Nein sagen wollte,  tauchte hinter Ethan in der Zelle ein Mann auf, der einen langen Stock in der Hand hatte.
"Weißt du, ihn brauche ich nicht,  denn ich habe dich. Die Frage ist, ob du diesen Abschaum noch brauchst."

Er flüsterte diese Worte nah an meinem Ohr  und brachte mich damit panisch zum Zittern. Ich wollte Jayden nicht in eine Falle locken, aber ich wollte Ethan auch nicht sterben lassen. Bevor der Mann mit dem Stock ausholen konnte, wandt ich mich zu Darius.
"Ich machs! Aber lasst ihn in Ruhe!", flehte ich laut und bemerkte ein Nicken in Richtung des Mannes in der Zelle, der daraufhin herauskam und an uns vorbei lief. Ich schaute Darius hasserfüllt in die Augen und lief dann schnellen Schrittes zu Ethan, um ihn auf den Rücken zu drehen und mir die Verletzungen anzuschauen.

"Ruht euch aus. Wir sehen uns morgen", meinte mein Entführer und stellte eine Falsche Wasser in unsere Zelle um dann abzuschließen und zu verschwinden.
Als ich ihn nicht mehr sehen und hören konnte, flachte das Adrenalin in meinem Körper ab und die Tränen liefen mir einfach nur noch so herunter, während ich mich hinkniete und Ethans Kopf auf meinem Schoß platzierte. Ich streichelte ihm fürsorglich über die Wange und hoffte einfach nur noch, dass er bald aufwachen würde.

Die Angst um ihn trieb mich fast in den Wahnsinn und ich fühlte mich nur noch schuldig. Warum bin ich nur abgehauen? Warum hab ich Jayden wegen einer Wette im Stich gelassen? Es war alles meine Schuld, redete ich mir ein und betrachtete dabei Ethan, der egal wie arrogant er manchmal war, so etwas nicht verdient hatte.

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The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt