29. Kapitel

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Er führte mich zur Couch und nahm mir meinen Rucksack vom Rücken. Ich ließ mich einfach in die Polster fallen und starrte ins Leere. Woher wusste er davon?

Ehe ich meine Gedanken sortieren konnte,  schob er einige Sachen, die auf dem Tisch lagen, zur Seite und setzte sich mir gegenüber.

"Geht es dir gut?", fragte er und wollte meine Hand nehmen, doch ich zog sie zurück und verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Bist du ein Stalker?", fragte ich ihn dann, den Blick direkt auf seine Augen gerichtet.
"Nein. Also vielleicht ein bisschen."

Er stand auf und lief mit dem Rücken zu mir gerichtet einige Schritte weg, bis er sich erneut zu mir drehte.
"Deine Oma wohnt doch hier. Hat sie dir nie erzählt, was sie ist oder woher sie kommt?"
Er schaute mich fragend an und ich riss ungläubig die Augen auf.
"Was willst du damit sagen? Das sie auch ein Wolf ist?"

Ich stand auch auf, denn ich hatte das Gefühl im Sitzen keine Luft mehr zu bekommen. Nervös lief ich um den Couchtisch herum und blieb vor einem der Fenster stehen.
"Ja ist sie. Nur kommt es selten vor, dass das Gen nicht weiter gegeben wird. Aber wenigstens konnte ich mich in deine Träume drängen um dich mir näher zu bringen. Ich wusste aber nicht, dass du nur ein gewöhnlicher Mensch bist."

Ich drehte mich erneut zu ihm um und schaute ihn wütend an.
"Wenn du möchtest, dass ich dir weiter zuhöre, dann hör auf so zu reden als sei ich der Abschaum der Gesellschaft", ermahnte ich ihn und er verdrehte nur genervt die Augen.
"So meine ich das nicht, Chiara! Aber ich habe ein Erbe anzutreten und kann ganz sicher nicht mit einem Menschen Kinder zeu-"

"Stopp! Sofort! Denkst du ich will Kinder mit dir? Ich will nichtmal in deiner  Nähe sein und du kommst mir mit sowas an."
Ich schüttelte den Kopf und musste mir ein hysterisches Lachen unterdrücken. Das kam mir alles so unglaublich vor, dass ich es nicht verarbeiten konnte.

"Hör mir doch mal kurz zu! Wir führen einen Krieg gegen ein anderes Rudel und das schon jahrelang! Ich brauche dich als meine Mate. Wir müssen die Verbindung abschließen, damit ich ein richtiger Mann werde und zu wahrer Stärke finde."
Ich schaute ihn neugierig an. Zwar war Alles, was er mir erzählte, wahrscheinlich nur Blödsinn, aber ich wollte trotzdem wissen was er meinte.
"Wie schließt man die Verbindung ab?", fragte ich und nahm ein breites Grinsen auf seinem Gesicht wahr.
"Sex."

Ich riss ungläubig die Augen auf und lief auf die Couch zu, um meinen Rucksack zu schnappen. 
"Weißt du was, Jayden? Wenn du mit einer Frau schlafen möchtest, musst du ihr keine Märchen erzählen", sprach ich bevor ich die Tür erreichte und sie öffnete.

"Dein Opa ist in diesem Krieg gestorben", schrie er wütend, doch ich drehte mich nicht mehr um und lief durch den Regen Richtung Hauptstraße.  Meine Oma wird seinen ganzen Mist sicher widerlegen können. So ein Idiot, dachte ich noch und kam dann an der Straße an.

Ich lief den gewohnten Weg zur Sackgasse und sah von Weitem schon Chace und Rudi,  die mit meiner Oma vor der Haustür standen und mir besorgt entgegen schauten.

Chace kam auf mich zugerannt und hielt mir zuvorkommend einen Regenschirm über den Kopf.
"Mein Gott, Chiara. Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Wo warst du denn?", fragte er mich und ich schaute flüchtig  in sein von Erleichterung gezeichnetes Gesicht.
"Spazieren", antwortete ich ihm und wandte meinen Blick wieder nach vorne, wo meine Oma mir lächelnd in die Arme fiel.

"Mach das bitte nie wieder. Es tut mir leid, dass ich dich nicht so behandelt habe, wie du es verdient gehabt hättest", entschuldigte sie sich und nickte Chace und  Rudi dann zu, um mit mir alleine in unser Haus einzutreten.

Kaum fiel die Haustür ins Schloss ließ ich meinen Rucksack fallen und schaute ihr tief in die Augen, doch sie wich meinem Blick aus und lief ins Wohnzimmer, wo sie auf der Couch Platz nahm und tief durchatmete.

Ich folgte ihr und stellte mich vor sie hin.
"Ich war bei Jayden", gab ich zu und musterte dabei ganz genau ihr Gesicht, um zu entdecken, ob irgendeine Gefühlsreaktion sich darauf bildete.
"Setz dich." Sie klopfte neben sich auf die Couch und ich nahm mit verschränkten Armen Platz.

"Er hat dir sicher einiges erzählt und du möchtest das jetzt von mir bestätigt haben", sprach sie ruhig und wandte den Blick auf ihre Hände, mit denen sie nervös an ihren Beinen spielte.
"Nein! Ich möchte sicherlich nichts bestätigt haben! Ich möchte von dir hören, dass alles in deinem Leben ganz normal ist, genauso wie in meinem", wies ich sie an, doch sie schüttelte den Kopf und schaute mich danach betrübt an.

"Ich bin ein Wolf, Chiara, genauso wie fast alle anderen hier", sprach sie ruhig und rutschte ein Stück näher an mich heran, doch ich stand auf und lief vor der Couch hin und her. Ich hatte das Gefühl, dass mein Kopf gleich explodieren würde, oder ich träumen würde. Das durfte alles nicht wahr sein.

"Du musst verstehen. Dein Großvater und ich erkannten, dass deine Mutter die Gene nicht in sich hatte. Daraufhin sind wir eine Zeit lang hier weg gezogen und haben sie wie normale Menschen aufgezogen.  Als sie auszog und arbeiten ging, sich ein eigenes Leben aufgebaut hatte, zogen wir wieder hierher und lebten unser Leben weiter. Dann wurde sie schwanger und wie durch ein Wunder erkannte ich deine Zugehörigkeit zu unserem Rudel, was mich dazu veranlasste, dich öfter zu besuchen und für dich zu sorgen."

Ich hörte ihr zwar zu, doch nahm das alles nicht wirklich in mir auf. Es war, als würde man einen Film schauen oder ein Buch lesen, von dem man wusste, dass er nicht real wäre.
"Wieso sollte ich das Gen in mir haben, aber Mama nicht. Außerdem bin ich kein Wolf und fühle mich auch nicht so", gab ich ihr verzweifelt zurück und setzte mich wieder auf die Couch, denn meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an.

"Du bist auch keiner, aber du gehörst zu uns. Du hast eine wichtige Verbindung zu Jayden, die er schon spürte, bevor ich sie erkannte."
Sie schaute mich eindringlich an, doch bei seinem Namen verdrehte ich nur die Augen und ließ mein Gesicht in meine Hände fallen.

"Chiara, hör mir-"
"Nein. Bitte lass mir Zeit zum Nachdenken", hauchte ich durch meine Hände und stand dann auf, um ohne sie nochmal anzuschauen, aus dem Wohnzimmer heraus zu treten und die Treppe hochzulaufen. Ich öffnete meine Zimmertür und schloss sie leise hinter mir, ehe mir die Tränen in die Augen stiegen und ich mich kraftlos und überfordert in mein Bett fallen ließ.

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Würde mich über Feedback freuen, ob euch die Geschichte immernoch gefällt ♡
Schönen Sonntag und MichaelBehrens9 alles Gute zum Geburtstag ☆

The human Mate - Seelen der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt