62 | Kurzschluss-Reaktion

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„Ich habe eine Entscheidung getroffen.", ließ ich sie wissen. Mira widmete mir ihre volle Aufmerksamkeit. Beiläufig klappte sie den Laptop zu und legte ihn zur Seite. „Was kommt jetzt?", fragte sie neugierig und hob eine Augenbraue, während ich meinen Arm wieder um ihre Schulter legte und sie nah an mich heranzog. Sie fiel gegen meine Brust und kuschelte sich an mich.

„Ich will gar nicht mehr groß darüber reden. Wir haben viel zu viel darüber geredet, anstatt einfach zu handeln. Du hast selber vorgeschlagen, dass ich offener mit unserer Beziehung umgehen soll. Ich habe entschieden, das zu tun." Mira schaute zu mir auf. „Wie meinst du das?" Ich tippte mit meinem Daumen auf meinem Iphone herum. „Es sind noch weitere Bilder aufgetaucht. Vom Weihnachtsmarkt und vom Flughafen." Ich gab Mira das Iphone und sie drehte es in ihren Fingern. „Ich will sie gar nicht sehen, ehrlich gesagt.", sagte sie und gab es mir einfach zurück, ohne sich die Bilder anzuschauen. Dann sah sie zu mir auf. „Also, was genau meinst du damit, wenn du sagst, du hast eine Entscheidung getroffen?"

„Ich werde in Interviews nicht über Dich sprechen, verliebte Pärchenfotos posten oder irgendein Statement zu meinem Beziehungsstatus abgeben. Fragen zu Dir und unserer Beziehung werde ich nicht beantworten. Ich werde mich auch nicht zu Bildern oder Artikeln äußern, die von uns gemacht oder über uns geschrieben werden, auch, wenn sie voll von schlecht recherchierten Halbwahrheiten sind. Das habe ich vorher auch nicht getan und ich werde damit jetzt nicht anfangen. Aber dieses Versteck-Spiel hört jetzt auf. Von jetzt an werde ich nicht mehr lügen oder dich verschweigen. Ich habe nicht vor eine große Sache daraus zu machen, aber ich werde sie wissen lassen, wie stolz ich auf die tolle Frau an meiner Seite bin und dass sie mich glücklich macht. Ich werde auf der Straße deine Hand halten und allen zeigen, dass du zu mir gehörst – so, wie du es immer wolltest. Das Einzige, was ich von dir verlange, ist Deine Loyalität. Mach dir bewusst, dass diese Offenheit unangenehme Überraschungen oder Nebeneffekte haben kann. Du stehst mit mir, du fällst mit mir. Wir ziehen das zusammen durch, ganz egal, wie schwierig es vielleicht wird."

Mira sagte einen Augenblick lang nichts, bevor sie lächelte. „Ich habe keine Angst vor dem, was vielleicht auf uns zukommt. So lang wir zusammenhalten, kann uns nichts und niemand etwas anhaben.", sagte sie dann sicher. „Also...", hakte ich nach und hob meine Augenbrauen, „Ryde or die?" Sie lächelte. „Ryde or die!" Das war alles was ich brauchte.

Die nächsten Tage bis zum Ende des Wochenendes verliefen ziemlich ruhig. Mira blieb noch bis zum Sonntagabend bei mir und wir genossen ein wenig die termin- und stressfreie Zeit. Wie mit Mira besprochen hatte ich mich zu keiner der aufgetretenen Anfragen zu Mira und mir geäußert. Ich hatte außerdem versucht, der Sache keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken. Ich hatte keine Kommentare mehr gelesen und auch sonst wenig Zeit auf Facebook oder Instagram verbracht.

Als ich jetzt am Sonntagabend vom Training nach Hause kam, saß Mira auf meiner Wohnzimmercouch. Sie hatte ihren Körper in eine flauschige Decke gekuschelt und zappte durch das Fernsehprogramm. Ich wusste ehrlich gesagt überhaupt nicht, weshalb ich überhaupt einen besaß. Ich schaltete ihn wenn es hoch kam etwa einmal im Monat überhaupt ein. Ich war einfach zu selten zuhause. Und wenn, dann beschäftigte ich mich meist mit anderen Dingen.

Als sie mich im Türrahmen bemerkte, drehte Mira mir ihren Blick zu. Ein seltsames Funkeln lag in ihren Augen. „Was ist passiert?", fragte ich und machte ein paar Schritte auf sie zu. Mira seufzte. „Ich hab was Dummes gemacht.", sagte sie. Ich musterte sie interessiert und ließ mich neben sie auf die Couch sinken. „Was genau?" Mira fuhr sich mit den Fingerspitzen durch ihre dunklen Haare. „Ich hab meinen Facebook-Account gelöscht.", sagte sie zerknirsch. „Und was genau ist daran dumm?", fragte ich. Wenn ich ehrlich war gefiel es mir ganz gut, dass Mira jetzt keinen Account mehr hatte und damit auch schwerer zu stalken war. Außerdem hatten mich manche Kommentare von irgendwelchen Männern unter ihren Fotos oder Postings ziemlich genervt. Ich hatte keine große Sache daraus gemacht und das für mich behalten. Aber jetzt musste ich mir das halt auch nicht mehr geben! Außerdem fand ich Facebook sowieso total behindert und nutzte es nur aus marketingtechnischen Gründen. Als Privatperson brauchte ich diese ganzen sinnlosen und völlig uninteressanten Postings über das Leben der Leute ganz sicher nicht. Ich wollte weder wissen, was sie gerade unternahmen, erlebten, aßen oder tranken, noch wollte ich Bilder davon sehen. Mir reichten schon die ganzen Fitness-Ollen auf Instagram, die mich ständig auf irgendwelchen Fotos verlinkten, nur, weil sie irgendein Bosshaft-Shirt zum Training trugen.

My ryde or die chick || Kollegah FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt