24 | Was ist die Liebe noch wert?

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Danke für eure votes und Kommentare. Viel Spaß mit dem nächsten Kapitel, nach dem mich die eine oder andere vielleicht hassen wird ;)
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Ganze drei Tage sprach ich nicht mit Mira und reagierte auch nicht auf ihre Anrufe. Ich wollte ihr einfach die Zeit geben, gut über ihre Entscheidung nachzudenken und endlich wieder zur Besinnung zu kommen. Wir waren einfach füreinander gemacht.

Wie sonst sollte ich mir erklären, dass ich sogar ihre bloße Anwesenheit spürte, ohne zu wissen, ob sie im selben Raum war wie ich. Als sie damals im Club gewesen war, hatte ich auch direkt gewusst, dass sie es war - ohne ihr Gesicht zu sehen. Mira war einfach für mich bestimmt und ich für sie. So war das eben im Leben. Ich glaubte schon an Schicksal und ich glaubte, dass Mira mir als Seelenverwandte geschickt worden war.

Niemand kannte mich so wie sie und niemand hatte so einen großen Einfluss auf mich. Anders konnte ich es mir nicht erklären, dass sie mich besser runter bringen konnte als das beste Dope der Welt.

Ich war einfach nicht bereit zu glauben, dass Mira mich nicht begleiten würde. Sie würde ihre Schule in Düsseldorf zuende machen, während ich an meiner Karriere arbeitete. Sie würde sich einen coolen Studiengang aussuchen und ich würde das Geld mit nach Hause bringen und wenn es sein musste, ihr Studium finanziell unterstützen. Ich würde alles tun, um Mira glücklich zu machen.

Müde trat ich aus dem Fitnessstudio ins Freie. Ich hatte gerade mein Training beendet und war auf dem Weg nach Hause. Ich hatte mein Training absichtlich so gelegt, das ich Mira nicht über den Weg lief. Ich wollte ihr wirklich ein wenig Abstand geben, um wieder einen klaren Kopf zu kommen und klar zu sehen.

"Felix!" Ich schaute auf und stieß beinah mit Mira zusammen. Was machte sie schon hier? Ihre Schicht begann doch erst in einer Stunde! Ich hatte extra vorher nachgefragt; allerdings unter dem Vorwand, sie hoffentlich zu sehen. "Äh... Hi.", sagte ich knapp und schob mich schnell an ihr vorbei. Dann jedoch blieb ich stehen und schaute sie an. "Wir müssen reden.", sagte ich entschieden, "Du hast doch noch was Zeit, bis deine Schicht anfängt."

Mira seufzte. "Nein, ich hab Teamsitzung. Tut mir leid. Aber wenn du möchtest, kannst du heute Abend zu mir kommen. Ich bin so ab neun zuhause." Ich nickte. "Okay, mache ich." Sie reckte sich zu mir nach oben und küsste mich. Meine Lippen brannten sehnsüchtig, doch ich erwiderte ihren Kuss nicht. Ich konnte das einfach nicht - so tun, als ob nichts wäre. "Bis nachher.", sagte ich also und ließ sie stehen.

Pünktlich um neun Uhr stand ich vor Miras Wohnhaus. Ich atmete tief durch und schob den Schlüssel ins Schloss, lief dann die kleine Treppe in die erste Etage und stand schließlich vor ihrer Wohnungstür. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, doch ich atmete einige Male tief durch, um mich zu beruhigen.

Ich war mir sicher, dass Mira endlich zur Vernunft gekommen war. Es gab doch immerhin wirklich keinen Grund für sie, länger als nötig in diesem Loch Simmern zu bleiben, anstatt mit mir in Düsseldorf ein neues Leben zu beginnen!

Ihre Schule konnte sie auch in Düsseldorf fertig machen. Außerdem gab es dort viel bessere Chancen auf einen korrekten Job. Natürlich verstand ich, dass sie sich irgendwie für diese Kids verantwortlich fühlte, aber sie würde sich doch nicht gegen unsere Liebe entscheiden! Wir hatten so viel zusammen durchgemacht, ich hatte so viel mit ihr durchgestanden und war immer für sie da gewesen! Jetzt war es einfach an der Zeit, dass sie für mich da war. Ich brauchte sie in Düsseldorf an meiner Seite. Ich wusste, dass mir eine harte Zeit bevorstand und war mir sicher, dass die Szene mich trotz meines Talents nicht mit offenen Armen empfangen würde. Mira glaubte so sehr an mich und hatte mich immer ermutigt. Es war einfach unlogisch, dass sie diesen Traum jetzt nicht mit mir gemeinsam lebte!

Ich schob den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn herum. Dann betrat ich Miras Wohnung. "Hey...", begrüßte sie mich und trat aus ihrer kleinen Kombiküche. Sie trug schwarze Leggings, ein weißes Top und pinke Schuhe. Sie war wahrscheinlich gerade erst zuhause. Sie sah so süß aus! Ich verdrängte den Gedanken. Ich trat ins Wohnzimmer und sie drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Es fühlte sich seltsam an.

"Setz dich doch.", bat sie mich und ich fiel auf ihre Couch. Sie setzte sich neben mich und schlug ihre Beine übereinander.

"Und?", fragte ich und musterte Mira prüfend, "Hast du noch mal über alles nachgedacht?" Mira sah mich an. Ich hasste dieses traurige Schimmern in ihren Augen. "Ja.", sagte sie, "Ich bleibe hier." Ich konnte es nicht fassen! Noch immer hatte sie ihre Meinung nicht geändert.

"Aber wieso?", fragte ich, "Ich verstehe es wirklich nicht. Wieso hast du so viel Angst davor, mit mir wegzugehen? Hat dir unsere Zeit nicht gezeigt, dass wir zusammen alles schaffen können? Glaubst du nicht an uns?" Mira senkte ihren Blick und griff nach meiner Hand. Ich zog sie weg. Ich ertrug es nicht, wenn sie mich jetzt anfasste. "Das ist es nicht.", sagte sie traurig, "Ich kann doch nachkommen. Es dauert nicht mehr lange. In einem halben Jahr habe ich die Schule fertig und-"

"In einem halben Jahr brauchst du auch nicht mehr kommen.", sagte ich entschieden und brachte Distanz zwischen uns. Dass sie mich jetzt so hängenließ, nachdem ich so viel für sie getan hatte, enttäuschte mich so unfassbar krass, dass ich es nicht in Worte fassen konnte. Noch nie hatte ich für ein Mädchen so viel empfunden wie für Mira. Noch nie hatte ich für ein Mädchen so viel getan und ihr so viel Stärke gegeben. Was war unsere Liebe noch Wert, wenn sie nicht bereit war, diesen Schritt mit mir zu gehen?

"Schatz...", setzte sie an und machte einen Schritt auf mich zu. Ich musterte sie kühl. "Nenn mich nicht Schatz.", erwiderte ich kalt. Mira sah in meine Augen und schluckte. Sie wusste, wie ernst diese Situation war. "Ich kann dir gar nicht sagen, wie enttäuscht ich bin.", sagte ich ehrlich und stand auf. Ich ertrug Miras Nähe nicht.

"Ich verspreche dir, ich komme nach.", sagte sie noch mal und erhob sich ebenfalls. "Nein.", erwiderte ich entschieden, "Ganz oder gar nicht. Ryde or die, wie bei Ruff Ryders."

"Wieso bist du so?!", platzte es aus ihr heraus. Ich konnte nicht glauben, dass sie mir jetzt ernsthaft Vorwürfe machte. "Wieso bist du so?!", fuhr ich sie an, "Wieso bleibst du lieber in der Nähe der Menschen, die dich dein Leben lang gequält haben, anstatt den Mann zu begleiten, der dich rausgeholt und dir deine Freiheit zurückgegeben hat?! Was geht ab in deinem Kopf?! Warum hast du kein Vertrauen in die Stärke unserer Beziehung?!"

Mira sah mich mit großen Augen an. Wahrscheinlich war es gerade jetzt in ihrem Gehirn angekommen.

"Ich sage es dir jetzt ganz deutlich, damit es bei dir ankommt.", sagte ich kühl, "Wenn ich jetzt durch diese Tür gehe und du bei deiner Entscheidung bleibst, siehst du mich jetzt zum letzten Mal. Ich will dich nicht mehr sehen. Nicht in sechs Monaten, nicht in sechs Jahren - weil du mich so sehr enttäuscht hast wie selten ein Mensch zuvor; mein Vertrauen, mein Herz und meine Seele."

Ich schaute einen Augenblick lang erwartungsvoll in Miras tränenerfüllte Augen. Mir war klar, dass eigentlich schon jetzt alles kaputt war. Wenn ich sie erst auf diese Weise dazu bringen würde, mit mir zu gehen, dann war eh alles zu spät. Sie musste aus Liebe mit mir gehen, nicht nach ausreichender Überredung. Sie musste es selbst wollen.

Mit einem Schlag wurde mir klar, dass ich meine Entscheidung gerade getroffen hatte. Ich wollte schon gar nicht mehr, dass sie mich begleitete. Ohne ein weiteres Wort zu sagen verließ ich ihre Wohnung. Tränen liefen meine Wangen herab, weil ich peilte, was hier gerade passierte. Ich verließ das erste Mädchen, dass ich aufrichtig und von ganzem Herzen liebte; dass mir einfach die Welt bedeutete! Ich war dankbar, dass Mira schluchzend zusammenbrach anstatt mir zu folgen. Das hätte ich nicht mehr ertragen.

Ich hatte ihr alles gegeben und unheimlich krasse Gefühle für sie. Ich liebte sie beinah mehr als mein Leben. Sie zwang mich dazu, mich zwischen meiner Liebe zu ihr und meinem Traum zu entscheiden - einfach, weil sie nicht zu mir hielt. Ein einziges Mal hatte ich sie in unserer - wie ich dachte tiefen - Beziehung gebeten, etwas für mich zu tun, nachdem ich alles für sie getan hatte - weil es mein Traum war! Es war die einzige wirkliche Bitte, die ich jemals gehabt hatte und sie versteckte sich aus Angst hinter dem Schicksal irgendwelcher Kinder, anstatt an uns und unsere Liebe zu glauben! Was war dann unsere Liebe noch Wert?

My ryde or die chick || Kollegah FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt