61 | Nägel mit Köpfen

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„Ich sehe schon, die Idee gefällt dir überhaupt nicht. Du bist dagegen", sagte Mira, als ich nicht auf ihre Frage antwortete. Dabei fragte ich mich gerade wirklich, ob das nicht die bessere Alternative war als weiterhin so zu tun, als würde ich ziemlich viel Zeit mit meiner Cousine verbringen.

„Lass uns erst mal schlafen und mit einem ausgeruhten Kopf darüber nachdenken.", sagte ich trotzdem. Ich brauchte dringend Schlaf. Ich war einfach nicht ich selbst, wenn ich müde war. „Vielleicht hast du Recht. Heute war einfach ein aufregender Tag und wir sind beide ziemlich emotional drauf." Ich war froh, dass sie einfach so einlenkte, ohne unnötig herumzudiskutieren. Das konnte ich nach unserem Streit überhaupt nicht gebrauchen.

Mira drehte sich um und lief vor mir die Treppe zum Schlafzimmer hinauf. Ich folgte ihr schweigend. Auch, wenn wir miteinander geschlafen hatten, lag noch immer diese bedrückte Stimmung über uns. Mich kotzte das an. Unseren Kurztrip nach Paris hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Außerdem war ich wütend darüber, dass ich überhaupt zuließ, dass ein einziger kleiner Artikel die Tage in Paris derart überschattete.

Als ich am Nachmittag aufwachte, war Mira verschwunden. Ich streifte mir einen Jogger und ein Tank Top über, dann suchte ich sie im ganzen Haus. Ich konnte sie nicht finden! Vor unserem Abflug nach Paris war sie zu mir gekommen und hatte bei mir übernachtet. Ich schaute aus dem Küchenfenster. Ihr Auto stand nicht mehr in meiner Einfahrt. War das jetzt ihre Art, mit diesem Problem umzugehen? War sie ernsthaft nach Hause gefahren, ohne ein Wort zu sagen?

Ich seufzte und wählte ihre Nummer. Es begann gerade zu klingeln, als ich ein leises Klacken hörte. Mira trat mit einer Papiertüte in der Hand zum Hausflur hinein. Sie trug eine dunkle Jogginghose und einen Hoodie, darüber ihre helle Winterjacke mit Fellkragen. Sie war ungeschminkt und hatte ihre Haare zu einem seltsamen Knäuel auf ihrem Kopf zusammengefasst. Ich atmete lautlos auf.

Sie hing ihren Mantel an die Garderobe und musterte mich einen Augenblick skeptisch. „Ist irgendwas passiert?", fragte sie und schaute aufmerksam in mein Gesicht.

„Wo bist du gewesen?", fragte ich gereizter als es eigentlich klingen sollte. Erst jetzt konnte ich die Aufschrift der Papiertüte erkennen, die sie in der Hand hielt. Die Tüte war vom Bäcker ein paar Straßen weiter. Sie hatte einfach nur frische Brötchen geholt. Mira sah mich aus großen Augen an.

„Führen wir jetzt so eine Beziehung, ja?", fragte sie und es klang enttäuscht. Ich seufzte. Meine Reaktion tat mir leid. „Ich dachte, du wärst abgehauen.", sagte ich. Mira warf mir einen eindeutigen Blick zu, dann streifte sie sich ihre hellen Boots von Timberland von den Füßen und hielt die Papiertüte hoch. „Ich wollte mich für die schönen Tage in Paris revanchieren und dich mit einem Frühstück überraschen. Nach der letzten Nacht habe ich gedacht, du würdest länger schlafen. Der Plan war eigentlich, es dir ans Bett zu bringen."

Ich lächelte erfreut und zog sie in meine Arme. Sie war wirklich süß, dabei verhielt ich mich manchmal wirklich wie ein Vollidiot. „Danke.", sagte ich und küsste sanft ihre Lippen. Dann folgte ich ihr in die Küche.

„Soll ich dir Rührei machen?", fragte Mira beiläufig, legte die Brötchentüte auf dem Küchentresen ab und öffnete den Kühlschrank. „Gerne.", brummte ich. Sie war so perfekt für mich. Ich sollte einfach diese ganzen inneren Zweifel über Bord werfen und darauf scheißen, was die Hater und Neider sagten. Wir würden das schon schaffen, wenn wir nur zusammenhielten und Mira mitzog. Dafür musste sie jedoch wirklich verstehen, was das bedeutete und was da vielleicht auf uns zukam. Nach ihrer Reaktion von gestern wusste ich wirklich nicht, ob sie dafür schon bereit war.

Ich ließ mich auf einen Hocker an den Tresen auf der gegenüberliegenden Seite der Küchenzeile fallen und beobachtete Mira dabei, wie sie eine Pfanne aus dem Schrank holte und sie auf den Herd stellte. Dann schaltete sie den Herd ein und schlug ein paar Eier in die Pfanne. Anschließend prüfte sie den Joghurt in meinem Kühlschrank. Ich beobachtete lächelnd, wie sie nach und nach den Esstisch eindeckte und schon mal diverse Aufstriche, Aufschnitte und frisches Obst darauf verteilte. Dann kümmerte sie sich wieder um das Rührei und fummelte mit einem leicht gereizten Gesichtsausdruck an meinem Kaffee-Vollautomaten herum.

My ryde or die chick || Kollegah FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt