72 | Misstrauen

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Irgendetwas war los mit Mira. Ich wusste es einfach. Sie belog mich. Sie wich mir aus. Sie hielt mich auf Abstand. Ich verstand es nicht. Nach ihrem plötzlichen Verschwinden neulich im Wohnzimmer hatte sie sich mir körperlich kaum noch genähert. Das war jetzt eine Woche her. Ihr Verhalten machte mich ziemlich misstrauisch. Es passte nicht zu ihr. Irgendetwas war los mit ihr und ich wollte unbedingt herausfinden, was es war! Doch ich fragte sie nicht offen danach. Seit der Geschichte an Silvester wusste ich, dass sie manchmal einfach Zeit brauchte, bis sie sich öffnen konnte und der Knoten platzte.

Seit ein paar Tagen war Mira jetzt wieder zuhause. Der Abstand schien uns beiden ganz gut zu tun, auch, wenn sie mir fehlte. Aber wir hatten seit meinem Unfall wirklich viel aufeinander gehockt. Ich versuchte, so langsam wieder einen normalen Rhythmus zu finden. Ich hatte wieder mit leichtem Sport angefangen, versuchte, täglich um dieselbe Uhrzeit aufzustehen und nahm auch erste Termine wieder wahr. Heute hatte ich einen Interview-Termin für das kommende Album. Ich war bereits auf dem Weg dort hin. Da ich noch immer keinen neuen Wagen hatte, ließ ich mich hinbringen. Ich dachte darüber nach, Mira anzurufen. Auch, wenn ich die Ruhe genoss, fehlte sie mir. Außerdem beschäftigte mich ihr komisches Verhalten nach wie vor.

Gereizt ließ ich das Iphone sinken. Ich hatte es bereits das dritte Mal probiert, doch Mira ging einfach nicht ran. Bisher hatte es sich noch nicht ergeben, dass ich ihr von meinen Fortschritten rund um meine kurzweilige Lese-Rechtschreib-Schwäche berichten konnte. Ich entschied, das jetzt zu ändern, und klickte mich in mein Whatsapp. Ich setzte gerade an, ihr eine Nachricht einzutippen, als mein Iphone klingelte.

„Ja...", begrüßte ich sie knurrend. „Hey...", sagte sie matt. Sie klang nicht gut. „Was war los?", fragte ich. „Was soll los sein?", erwiderte sie angriffslustig. „Wieso gehst du denn nicht dran, wenn ich dich anrufe?" Mira seufzte. „Felix, ich sitze nicht auf meinem Telefon.", antwortete sie knapp. Ihre Stimme zitterte. „Ist alles okay?", fragte ich und verdrängte meine sinnlose Wut auf sie. „Ja.", sagte sie. Ich glaubte ihr nicht. „Ich wollte dir nur bescheid sagen, dass ich heute Abend nach dem Interview zu dir komme.", sagte ich jetzt entschieden. Ehrlich gesagt hatte ich mir das gerade erst überlegt. „Nein.", sagte sie schnell. Ich hob skeptisch meine Augenbrauen. „Was?", fragte ich überrascht. „Nein, ich meine... Das ist doch der totale Stress für dich. Ohne Auto und so. Dann musst du erst wieder wen finden, der dich herbringt..." Ich seufzte. „Baby, wenn du mich nicht sehen willst, sag es mir einfach.", sagte ich dann, „Ich bin erwachsen. Ich kann das ab. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht und wenn du Luft zum Atmen brauchst-"

„Nein, so ist das nicht.", unterbrach mich Mira, „Ich..." Sie sprach nicht weiter. Plötzlich hörte ich Geräusche im Hintergrund. „Wo bist du überhaupt?", sprach ich meine Gedanken aus. „Ich muss jetzt auflegen.", sagte sie plötzlich, „Wir reden später noch mal, okay?"

Ich atmete tief durch, bevor ich aus dem Wagen stieg. Nach dem Interview hatte ich mich direkt nach Köln bringen lassen - ohne vorher noch einmal mit Mira zu reden. Ihr Verhalten beunruhigte mich einfach! Ich wollte mit ihr über alles reden, bevor ich mir unnötig den Kopf zerbrach und auf dumme Gedanken kam. Schließlich hatten wir schon öfter festgestellt, dass sich mit reden viele Missverständnisse vermeiden ließen!

Ich schloss die Haustür auf und betätigte den Lichtschalter im Hausflur. Draußen war es bereits dunkel. Ich bahnte mir den Weg bis zu Miras Wohnungstür. Dann blieb ich kurz stehen und schloss die Augen. Ich nahm mir fest vor, ruhig zu bleiben - ganz egal, was jetzt heute Abend hier passierte. Die Tür zu ihrer Wohnung war noch abgeschlossen. Ob sie noch gar nicht nach Hause gekommen war? Ich schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf. Ich trat in den Flur und schloss die Tür hinter mir. Irritiert stellte ich fest, dass Mira trotz verschlossener Wohnungstür bereits zuhause war. Aus dem Bad hörte ich das Rauschen der Dusche. Ich zog die Schuhe und die Jacke aus, hängte sie an die Garderobe und begab mich ins Wohnzimmer. Dort fiel ich auf die Couch und wartete. Irgendwann hörte das Rauschen im Bad auf. Ich hörte, wie Mira aus der Dusche stieg. Es dauerte noch eine Weile, dann schließlich öffnete sich leise quietschend die Tür ihres Badezimmers. Mira huschte am Wohnzimmer vorbei, geradewegs ins Schlafzimmer. Mich ignorierte sie einfach!

My ryde or die chick || Kollegah FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt