44 | Tablett-Matador

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Zeit für das nächste Kapitel :) Danke für eure Votes und Kommentare :) mein heutiges Kapitel widme ich @katjapelic.
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Gerade rechtzeitig erreichten wir das kleine Café. Ich warf zunächst einen Blick durch die Scheibe nach drinnen, dann hielt ich ihr die Tür auf. Hätte jetzt eine Horde Schüler in diesem Café gesessen, wäre ich nicht mit ihr reingegangen. Mira betrat vor mir das Café und suchte sich einen abgelegenen Tisch im hinteren Bereich des Raumes aus. Ziemlich schnell brachte uns ein südländischer Kellner mit einem schwulen Don-Juan-Kinnbart die Karte. Es gefiel mir überhaupt nicht, wie der Typ sie anschaute. Er setzte ein behindertes Lächeln auf und zeigte seine perlweißen Zähne. Kannte ich den Lauch aus irgendeinem Werbespot für Zahnseide?

„Hi Mira.", strahlte er und reichte ihr die Karte. Mich beachtete der Wichser wenn überhaupt nur am Rande. Ohne mich auch nur anzusehen, nickte er mir zu und reichte mir die Karte. „Wie geht's dir?", fragte er mein Mädchen, „Lange nicht gesehen! Was machst du so? Was gibt es Neues? Darf ich dich mal was fragen?" „Du hast dein Kontingent an Fragen für diesen Monat aufgebraucht.", antwortete ich trocken für meine Freundin. Mira sah mich mit großen Augen an. „Oh man...", seufzte sie. „Was?", fragte ich gereizt und hob meine Augenbrauen, „Wer ist der Typ?"

„Ramon.", sagte der Aushilfsspanier und hielt mir seine Hand hin. Der Typ meinte auch, dass er cool war, nur weil er einen außergewöhnlichen Scheiß-Namen hatte! „Begrüßt du all deine Kunden persönlich, Ramon?" Mira warf mir einen eindeutigen Blick zu. „Nur die ganz besonderen.", erwiderte er und grinste mir frech ins Gesicht. „Dein neuer Freund?", fragte Ramon jetzt Mira. Sie setzte an, etwas zu antworten, doch ich fiel ihr ins Wort. „Geht dich nichts an.", antwortete ich. „Er ist normalerweise ganz nett, wenn er sich nicht wie ein Primat benimmt.", versicherte Mira ihrem Tablett-Matador.

Ich beschloss, Mira jetzt keine öffentliche Szene zu machen. Solche Sachen gehörten in die eigenen vier Wände und nicht in irgendein beschissenes Café! Trotzdem ging es für mich gar nicht klar, dass ich noch nie etwas von diesem Typ gehört hatte. Allerdings war mir die Lust auf ein Frühstück vergangen. Ich hatte nämlich keinen Bock darauf, dass mir Ramon in mein Essen oder in meinen Kaffee spuckte.

„Bist du sicher, dass du nichts bestellen möchtest?", hakte Mira nach, als Ramon sich endlich von unserem Tisch entfernte. „Ja.", knurrte ich. Mira seufzte. „Dann eben nicht."

Als Mira endlich gefrühstückt und ich bezahlt hatte, standen wir endlich wieder auf. Dank diesem Spasti war meine Laune beachtlich gesunken. Natürlich hatte ich dem Penner kein Trinkgeld gegeben. Ich warf einen flüchtigen Blick auf die Armbanduhr an meinem Handgelenk. Fuck! Wieso vergaß ich mit Mira immer die Zeit?! Ich musste mich so schnell wie möglich auf den Weg nach Düsseldorf machen, damit wir pünktlich losfahren konnten. „Tut mir leid. Wir müssen uns beeilen.", sagte ich und hielt ihr die Tür auf. Mira musterte mich traurig.

„Was war das da drin eigentlich für eine Aktion von dir?", platzte es jetzt aus ihr heraus. Eigentlich hatte ich ja bis zu ihrer Wohnung mit dem Thema warten wollen. „Darüber sprechen wir, wenn wir bei dir sind.", sagte ich entschieden und schaute mich kurz um. „Darüber sprechen wir jetzt.", erwiderte sie gereizt. Ich schwieg. Ich wusste genau, was sich aus unseren Diskussionen für ein Streit entwickeln konnte, wenn wir richtig in Fahrt kamen. Das wollte ich jetzt und hier ganz sicher nicht.

Ich stieg in meinen Wagen und wartete auf Mira. Die blieb wie angewurzelt draußen stehen. Ich verdrehte die Augen. „Baby, ich muss gleich nach Düsseldorf. Ich hab jetzt keine Zeit für so was.", sagte ich möglichst ruhig, um eine Eskalation zu vermeiden. „Ich bin doch immer die Verständnisvolle!", schnaubte sie und stieg zu mir in den Wagen. Sie schlug wütend die Tür hinter sich zu und schnallte sich an.

„Was soll das jetzt wieder heißen?", fragte ich und startete den Wagen. „Dass ich immer Verständnis dafür habe, dass du oft überstürzt irgendwohin musst.", sagte sie. „Hast du doch auch.", sagte ich, „Hat doch auch niemand bestritten." Ich verstand gerade nicht, worauf sie hinauswollte.

„Was sollte das, Felix?", wiederholte sie ihre Frage. „Wir reden gleich darüber. Ich will mich jetzt nicht aufregen.", antwortete ich und fuhr los. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und sah demonstrativ aus dem Fenster. Mein Blick fiel auf die Uhr auf dem Armaturenbrett. Fuck! Ich musste spätestens in einer halben Stunde losfahren. Bei Mira angekommen würde uns also keine Zeit bleiben, die Sache auszudiskutieren. Ich wollte allerdings auch nicht fahren, ohne mir Luft gemacht zu haben!

„Was sollte das von dir, Baby?", fragte ich sie wütend und musterte sie kurz von der Seite. „Was hab ich gemacht?", fragte sie ahnungslos. „Wenn du das nicht weißt, ist das ja noch viel schlimmer!", platzte es aus mir heraus. „Weil ich dir irgendeinen Kellner nicht vorgestellt habe? Dein Ernst, Felix?", fragte sie gereizt. „Weil du mir vor einem anderen Mann in den Rücken gefallen bist!", fuhr ich sie an. Meine Stimme war lauter als beabsichtigt. „Bitte?", lachte sie wütend auf, „Du hast dich doch wie ein Neandertaler verhalten und dein Revier markiert!"

„Wenn ich mein Revier markiert hätte, hätte ich meinen Schwanz auf den Tisch gelegt.", erwiderte ich trocken. Mira lachte nicht. „Was erwartest du?", fragte ich sie ernst, „Da kommt irgendein Typ und zieht dich aus mit seinem Blick - und du-" „Was und ich?!", unterbrach sie mich wütend, „Ich kam ja nicht mal dazu, irgendwie zu reagieren, weil du mir ständig ins Wort gefallen bist und für mich geantwortet hast. Ich bin keine Dreijährige, für die du sprechen musst! Ich bin erwachsen und kann selbstständig denken."

„Wer ist der Typ, Mira? Und wieso höre ich den Namen Ramon heute zum ersten Mal?", wollte ich wissen. Mira reckte mir trotzig ihr Kinn entgegen. Ich hasste es, wenn sie das tat. „Eigentlich sollte ich dir das gar nicht erzählen, aber ich mache es trotzdem.", sagte sie, „Damit du dich mal so richtig behindert fühlen kannst!" Ich verdrehte die Augen. „Ramon ist der Vater von einem Mädchen, das ich betreut habe! Sie ist Autistin und brauchte deshalb ganz viel Zuwendung und gleichzeitig jemanden, der abschätzen kann, wann sie wie viel Nähe oder Distanz braucht.", sagte sie und sah mich von der Seite mit zusammengekniffenen Augen an.

Ich schluckte. Mira hatte Recht. Ich fühlte mich so richtig behindert. Natürlich war ich eifersüchtig auf diesen Typ gewesen! Zugeben würde ich das aber auf keinen Fall. Ich hoffte, dass Mira mir jetzt ersparte, in dieser Wunde herumzustochern. Ich schaute flüchtig zu ihr rüber und konzentrierte mich dann wieder auf die Straße. Ich suchte einen Augenblick nach den richtigen Worten. „Du hast Recht.", räumte ich jetzt ein, „Ich fühle mich gerade echt wie ein Idiot." Mira sagte nichts. Stattdessen schaute sie aus dem Fenster. „Es tut mir leid, Baby, okay?", sagte ich. „Hmm.", machte sie. „Hey...", sagte ich, als ich schließlich vor ihrer Haustür hielt. „Hmm.", machte sie wieder, schaute jedoch noch immer aus dem Fenster.

„Schau mich mal an.", forderte ich. Sie drehte den Kopf zu mir und sah durch mich hindurch. „Es tut mir wirklich leid.", wiederholte ich, „Ich hab mich nicht korrekt verhalten." „Stimmt.", sagte sie. „Aber du hättest uns einander auch vorstellen können.", sagte ich. Mira schmunzelte. „Hätte ich sicher getan, wenn du ihn nicht direkt dumm von der Seite angemacht hättest." Sie hatte Recht. Der Punkt ging eindeutig an sie. „Er hatte sein Kontingent an Fragen aber wirklich ausgeschöpft.", stellte ich nüchtern fest. Mira grinste.

„Lass uns bitte nicht streiten. Wir haben sowieso nur so wenig Zeit miteinander.", sagte Mira traurig. Sie hatte einmal mehr Recht an diesem Tag. Ich musste wirklich lernen, meine Eifersucht unter Kontrolle zu halten. Vor allem in der Öffentlichkeit! Auf der einen Seite vermied ich Körperkontakt zu Mira, um uns zu schützen, auf der anderen Seite legte ich mich wegen ihr mit irgendwelchen Typen an.

„Sei nicht enttäuscht.", bat ich sie, „Wir holen unsere Zeit das nächste Mal nach." Sie sah traurig in meine Augen. „Du weißt ja nicht mal, wann genau das sein soll." Verdammt, sie hatte Recht. „Ich kümmer' mich drum.", versprach ich ihr. Ich sah in Miras Augen, wie enttäuscht sie war. Erst war ich gestern einfach so eingeschlafen und jetzt musste ich überstürzt wieder los, weil ich einfach die Zeit verpeilt hatte.

„Ich ruf dich an.", versprach ich, als wir uns schließlich verabschiedeten. „Okay.", erwiderte sie, „Und mach dir keinen Kopf. Es ist nicht wichtig, wie viel Zeit wir miteinander haben. Hauptsache, wir sehen uns." Sie war so perfekt für mich! Mira schlang ihre Arme um meinen Hals und ich sah mich kurz um, bevor ich sie an mich drückte. Mira hob skeptisch eine Augenbraue, doch ich lächelte mild und drückte ihr einen kurzen Kuss auf. „Ich liebe dich.", sagte ich. Sie biss sich auf ihre Unterlippe. „Ich dich auch." Scheiße, ich würde sie die nächsten Tage sehr vermissen!

My ryde or die chick || Kollegah FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt