My ryde or die chick || Kollegah FF

98 | Bonnie & Clyde

„Oh...", hörte ich Mira seufzen und schaute auf. Wir saßen in einem der Büros bei Selfmade. Ich hatte einen Termin mit Elvir gehabt. Da wir anschließend einen Termin mit unserem Anwalt wegen Miras Gerichtsprozess hatten, hatte sie mich heute ausnahmsweise zum Label begleitet. Jetzt saß sie mir gegenüber und machte ein betroffenes Gesicht.

„Was ist?", fragte ich und schaute von meinem Iphone auf. Sie saß über ihrem eigenen Smartphone und strich durch ihre Haare. „Ich hab da gerade was gefunden.", sagte sie und versuchte offenbar, eine Antwort hinauszuzögern. „Aha.", machte ich und sah sie durchdringend an. „Irgendwas wegen dem Prozess?", hakte ich vorsichtig nach. Mira schüttelte den Kopf. „Dann ist es nicht schlimm.", sagte ich. Sie seufzte. „Weiß nicht, vielleicht ja doch.", sagte sie und schaute mir in die Augen.

„Also ich finde es jetzt nicht so dramatisch, aber...", versuchte sie die Situation plötzlich zu verharmlosen und ich verdrehte die Augen. „Was, Baby?", fragte ich gereizt, „Sag schon." Sie schob mir das Iphone über den Tisch. Ich griff danach und schaute auf das Display. Dann seufzte ich laut auf. Das, was ich sah, war zwar uncool, aber es löste nach all den Bildern, die Hans-Henning Mira geschickt hatte, kein ungutes Gefühl mehr in mir aus. Ich blickte auf ein Bild von Mira und mir. Es zeigte unsere Gesichter in Großaufnahme, wie wir uns am Strand von Madeira im Sonnenuntergang küssten. Wir hatten beide die Augen geschlossen, Mira hatte ihre Hände an meine Wangen gelegt. Ich hatte das Foto selbst gemacht. Es war eines der vielen Bilder, die über die Cloud gesichert worden waren, kurz, bevor mein Ipad geklaut worden war.

Interessanterweise hatte die Polizei im Rahmen ihrer Untersuchungen mein gestohlenes Ipad bei Hans-Henning gefunden. Da dieser Idiot unzählige Bilder von Mira und mir auf seine Festplatte kopiert hatte, hatten sie auch diese sichergestellt. Dumm wie er war, hatte er alles ziemlich nachvollziehbar dokumentiert. Er hatte die Bilder, die er von Mira in sämtlichen Lebenslagen gemacht hatte, in unterschiedlichen Ordnern abgelegt. Außerdem konnte die Polizei seinen Reisedaten entnehmen, dass er einen kurzen Trip nach Madeira gemacht hatte, einen Tag, nachdem ich mit Mira hingeflogen war. Sie hatten außerdem weitere Bilder von Mira und mir auf seiner Festplatte gefunden, die er heimlich von uns auf Madeira gemacht haben musste. Er trug wirklich dazu bei, dass ihm ein gerechter Prozess gemacht werden würde. Inzwischen hatte er bereits gestanden, in unser Hotelzimmer eingebrochen zu sein. Miras Bargeld hatte er nur zu Alibi-Zwecken mitgehen lassen, um den Eindruck zu erwecken, dass es sich um einen typischen Diebstahl handelte. Er hielt sich für einen ziemlich cleveren Fuchs, doch er war nicht mehr als ein undurchdachter Idiot!

Leider hatten inzwischen einige der Bilder ihren Weg ins Netz gefunden, da Hans-Henning sie – schlau wie er zu sein glaubte – in einer ungesicherten Datenbank gespeichert hatte. Das Foto, das jetzt von uns aufgetaucht war, war nicht das Erste und es würde sicherlich nicht das letzte sein. Natürlich hatte die Polizei alle Bilder gesichert und von seiner Festplatte entfernt, aber die eine oder andere Spur würde sicher im Netz verbleiben. Das Internet vergaß eben nie!

„Eines der schönsten Bilder von Madeira.", kommentierte ich jetzt und schenkte Mira ein Lächeln. „Finde ich auch.", sagte sie, „Willst du, dass ich mich darum kümmere?" Ich lächelte. Mira hatte sich inzwischen ein wenig schlau gemacht und war bereit, sich um solche Dinge zu kümmern. Doch ich schüttelte den Kopf. „Scheiß drauf.", sagte ich leichthin, „Das ist alles nicht wichtig." Ich meinte es genau so wie ich es sagte. Inzwischen war es mir scheißegal, was für Bilder von Mira und mir im Internet kursierten, so lang es keine verfänglichen Bilder von ihr waren. Ich stand zu ihr und inzwischen juckte es mich auch nicht mehr, ob irgendjemand einen pseudo-intelligenten Bericht darüber verfasste. Irgendwann würde das Interesse der Medien auch wieder abnehmen. Immerhin hatte ich mich weiterhin an mein Vorhaben gehalten, mich nicht großartig dazu zu äußern.