99 | Verspätete Revanche

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„Warte, ich mach das." Ich umrundete das Taxi und griff nach der großen Reisetasche im Kofferraum des Taxis. Mira beobachtete mich dabei, wie ich den Kofferraumdeckel zuschlug. Sie schmunzelte. „Noch kannst du es dir anders überlegen.", sagte sie, doch ich schüttelte den Kopf. „Ich habe es mir überlegt.", kommentierte ich und griff selbstverständlich nach ihrer Hand. „Vielleicht nicht gut genug.", grinste sie, während wir auf den Eingang zuliefen. Ich verdrehte die Augen. Sie machte sich einen Spaß daraus, mich aus der Reserve zu locken.

„Wenn du lieber hier bleiben willst, sag es einfach.", erwiderte ich und schaute ihr prüfend mit hochgezogenen Augenbrauen in die Augen. Mira lächelte. „Nö.", sagte sie dann, „Ich bin zwar überhaupt nicht mehr der Party-Mensch, aber den Kurztrip mit dir lasse ich mir ganz sicher nicht nehmen." Ich grinste. „Die Release-Party hat dir schon gefallen, oder?", fragte ich dann und Mira grinste bedächtig. „Ich muss zugeben, dass es ein cooler Abend war.", räumte sie schließlich ein, als wir die Abflughalle betraten. „Ein Bisschen lang vielleicht.", setzte sie jetzt hinzu und musterte mich. „Steckt dir die Nacht echt nicht in den Knochen?", fragte sie skeptisch. Ich lächelte.

Die gestrige Release-Party hatte bis in die frühen Morgenstunden gedauert. Wir waren erst ins Bett gefallen, als die Sonne bereits wieder aufgegangen war. Dafür war ich an diesem Mittag erstaunlich gut aus dem Bett gekommen. Mira hingegen hätte vermutlich noch stundenlang weitergeschlafen, wenn ich sie nicht geweckt hätte. „Ich fühl mich ziemlich fit.", sagte ich also. Mira seufzte. „Du bist einfach für dieses Leben gemacht.", sagte sie, als wir den Check-In-Schalter erreichten. „Mehr als du auf jeden Fall.", erwiderte ich kurz und stellte mich mit ihr in die Warteschlange.

Ich freute mich auf unseren Kurztrip ins Ausland. Gestern erst war mein Album erschienen und eigentlich steckte ich noch mitten in der Promo-Phase, aber nach all dem Stress der letzten Monate empfand ich es einfach als gerechtfertigt, mir eine kurze Auszeit von ein paar Tagen zu gönnen. Schließlich handelte es sich nur um drei Tage, nicht um drei Wochen. Immerhin hatten wir nicht nur den ganzen Trubel rund um die ganzen Medienberichte, meinen Unfall, den Hurensohn Hans-Henning oder die Gerichtsprozesse hinter uns; es gab ja auch noch ein Leben außerhalb unserer Beziehung; ein berufliches. Mira hatte so viel Stress mit ihren Investoren und den Kids, so viele Sorgen, wie es überhaupt weitergehen würde und ich hatte monatelang ganz nebenbei auch noch an meinem Album gearbeitet. Es war einfach wichtig, noch einmal runterzukommen. Der Trip nach Madeira hatte uns schließlich auch unheimlich gut getan. Ich hatte vor, das Ganze zu wiederholen.

Ich hatte mir auch fest vorgenommen, keine Fotos von meiner Kurzreise zu posten, um dumme Kommentare auf meiner Seite zu vermeiden. Schließlich hatten sich die Leute im vergangenen Sommer schon genug darüber aufgeregt, dass ich ständig für Urlaub und Auftritte durch die Sonne gereist war.

Wir gaben unser Gepäck ab, dann machten wir uns auf den Weg zu unserem Gate. Dort ließ ich wie immer genervt die Sicherheitskontrolle über mich ergehen. Mira musterte mich grinsend, als wir schließlich durch den Duty Free Bereich schlenderten. „Was?", fragte ich. Sie schüttelte den Kopf. „Nichts.", sagte sie, „Ich freue mich nur, dass es so spontan geklappt hat." „Ich mich auch.", sagte ich, „Auch, wenn es wieder nur ein paar Tage sind." Mira zuckte mit den Schultern. „Besser als nichts.", sagte sie dann, „Irgendwann schaffen wir es auch bestimmt, mal zwei Wochen am Stück irgendwo hin zu fliegen. Vielleicht zwischen deiner Promo-Phase und der Sommer-Tour. Das würde doch zeitlich ganz gut passen." Die Idee gefiel mir ziemlich gut, aber jetzt freute ich mich erst mal auf die kommenden drei Tage.

Wir erreichten schließlich ein kleines Bistro. Mira zog mich hinter sich her an einen der Tische und besorgte uns Kaffee. Sie wusste, dass ich ungern länger als nötig am Gate herumhing. Meistens warteten wir hier, bevor wir uns zum Boarding begaben. Als Mira mit dem Kaffee in der Hand zurückkehrte, betrachtete ich sie einen Augenblick. Sie trug eine knackig enge Jeans und ein Tank Top, darüber ein lässiges Jeanshemd. Ihre Haare hatte sie zusammen mit einem blauen Tuch zu einem seitlichen Zopf geflochten. Sie sah ziemlich heiß aus. Sie reichte mir den Kaffeebecher und ließ sich dann neben mich fallen. „Wie lang noch?", fragte sie mich. Ich nippte an meinem Kaffee, dann schaute ich auf meine Armbanduhr. „Dreiviertelstunde.", antwortete ich knapp und nahm noch einen Schluck.

My ryde or die chick || Kollegah FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt