75 | Aufgelauert

718 40 34
                                    

Gewidmet: PiMalDaumen 😀

Ich trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Bereits über eine Stunde stand ich im Autohaus und wartete auf die Übergabe meines neuen Wagens. Ich hatte mich schließlich doch für einen neuen BMW entschieden und mit dem Anzugträger vereinbart, dass ich heute meinen neuen Wagen abholen konnte. Ich wurde jedoch das komische Gefühl nicht los, dass niemand hier darauf vorbereitet war. Anders konnte ich mir diese ewig lange Wartezeit nicht erklären.

Ich versuchte mich nicht zu ärgern. Niemand hier konnte etwas für meine schlechte Laune, die ich seit ein paar Tagen hatte. Eigentlich hatte ich sie erst, seit Mira mir von ihrem unheimlichen Verehrer erzählt hatte.

Ich hatte seitdem so oft ich konnte mit ihr telefoniert. Seit sie ihre Nummer gewechselt hatte, hatten logischerweise auch die Text-Nachrichten aufgehört. Trotzdem wartete ich darauf, dass dieser Hurensohn sich wieder mit einem behinderten schwarzen Umschlag bei ihr meldete. So sehr ich auch versuchte, positiv zu denken und hoffte, dass sich die Sache mit ihrer neuen Nummer erledigte – ich hatte einfach im Gefühl, dass es noch nicht vorbei war. Er schien ziemlich besessen von Mira zu sein. So leicht würde er sie nicht aufgeben.

Auf unserer Rückfahrt von Köln nach Düsseldorf hatte ich mit Farid darüber gesprochen, wie wir dieses Problem ein für alle Mal aus dem Weg schaffen konnten. Leider waren wir uns schnell einig, dass wir ohne weitere Informationen über diesen Hurensohn nichts unternehmen konnten. Wir waren also sozusagen auch noch darauf angewiesen, dass er aus seinem Versteck kroch! Darauf konnte ich aber ehrlich gesagt ziemlich gut verzichten!

Mir hatte schon dieser verstörende Moment mit Mira gereicht, in dem sie mich für einen Einbrecher gehalten und eine Panikattacke bekommen hatte! Ich musste sie beschützen, aber ich musste doch wissen, wovor!

Es war bereits Freitagnachmittag. Von Mira hatte ich den ganzen Tag nichts gehört. Mich beunruhigte das nicht unbedingt, immerhin hatten wir gestern Abend noch kurz miteinander telefoniert. Mira ging es gut, sie hatte noch einen Film mit Pia schauen und sich dann schlafen legen wollen. Heute war der letzte Tag ihrer Projektwoche gegen Jugendgewalt. Deshalb versuchte ich mich nicht sinnlos darüber aufzuregen, dass sie weder auf meine Anrufe, noch auf meine Nachrichten bisher reagiert hatte. Sie hatte sicherlich ziemlich viel zu tun, um das Projekt mit den Kids abzuschließen. Ich war ziemlich stolz darauf, was sie für die ganzen Kinder und Jugendlichen tat und wie sehr sie sich für sie aufopferte, nur, um ihnen zu helfen und sie in ihrem oft ziemlich beschissenen Leben zu unterstützen. Mira war einfach ein guter Mensch mit einem Herz aus Gold.

„Herr Blume..." Die Stimme des Verkäufers riss mich aus meinen Gedanken. Er stand vor mir in seinem schicken schwarzen Anzug, den er offen trug, und schaute mich auffordernd an. „Die Damen im Back-Office haben so weit alles erledigt.", sagte er und übergab mir meinen Fahrzeugschein zusammen mit meinem neuen Autoschlüssel. Ich versuchte zu lächeln und sparte mir ein „Wurde ja auch langsam Zeit." Stattdessen nahm ich meine neuen Fahrzeugpapiere und den Schlüssel entgegen und ließ mich von ihm zu meinem neuen BMW führen. Natürlich in schwarz. Stilecht für den Boss. Ich verabschiedete mich noch von dem Anzugtypen, dann stieg ich ein. 

Direkt beschlich mich ein mulmiges Gefühl. Es war das erste Mal, dass ich seit meinem Unfall am Steuer eines Autos saß. Die dunklen Erinnerungen rund um meinen Autounfall kehrten aus meinem Unterbewusstsein zurück, doch ich verdrängte sie sofort wieder. Noch immer konnte ich mich nicht wirklich an den Unfall erinnern. Alles nach dem Streit mit Mira lag in völliger Dunkelheit meines Erinnerungsvermögens. Wahrscheinlich war das aber auch ganz gut so. Ein beschissenes Trauma konnte ich momentan ganz sicher nicht auch noch gebrauchen.

Ich verdrängte die Gedanken und startete den Wagen. Einen Augenblick lang genoss ich dieses Geräusch des schnurrenden Motors, dann schnallte ich mich an und fuhr vom Hof des Händlers. Blöderweise gelang es mir nicht, dieses beschissene Gefühl dort zu lassen. Ich konnte es nicht einmal richtig zuordnen, es war einfach da. Irgendetwas stimmte nicht, doch ich konnte nicht sagen, was es war. Ich lenkte den Wagen durch die Straßen von Düsseldorf. Die Sonne ging gerade unter und tauchte die Stadt in ein Orangerot. Als ich schließlich über die Rheinbrücke durch den dichten Verkehr rollte, versuchte ich noch einmal an diesem Tag, Mira zu erreichen. Doch auch diesmal hatte ich kein Glück. Seufzend legte ich auf.

My ryde or die chick || Kollegah FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt