71 | Geheimnisse

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„Ärger dich nicht darüber.", hörte ich Miras Stimme, doch ich konnte mich gar nicht auf sie konzentrieren. Noch immer spukte die Prinzessin durch meinen Hinterkopf. Ich versuchte, mich nicht aufzuregen. Vielleicht war es einfach nur eine gute Freundin gewesen. Carla vielleicht. Oder Pia. Oder ein guter Freund. Hatte sie überhaupt gute Freunde? Männliche gute Freunde? Ich jedenfalls kannte keinen davon und konnte mich auch nicht daran erinnern, wann Mira jemals männliche Freunde gehabt hatte! Immerhin vertrat sie wie ich die Einstellung, dass eine normale Freundschaft zwischen Mann und Frau ziemlich schwierig bis unmöglich war!

Ich rief mich zur Ruhe. Vielleicht hatte ich mich heute Morgen trotzdem verlesen. Und selbst wenn, dann gab es sicher keinen Grund dafür, Mira zu misstrauen! Seit wann machte ich das überhaupt?! Sie hatte mir in all der Zeit, in der wir uns kannten, niemals das Gefühl gegeben, einen anderen Mann zu begehren. Ich erinnerte mich an meinen letzten Ausraster wegen dem Aushilfstorero Ramon zurück. Auch da hatte ich einfach überreagiert. Jetzt gab es nicht einmal einen triftigen Anlass für meine seltsamen Gedanken!

„Möchtest du, dass ich es dir vorlese?" Mira sah mich aufmerksam an. Erst jetzt realisierte ich, dass sie mich nach wie vor anschaute. Ich schüttelte den Kopf. „Nein.", sagte ich. Ich wusste, dass ich es ihr sagen musste, dass es mir gelungen war, die zwei Sätze zu lesen, doch irgendetwas in mir hielt mich davon ab. Stattdessen klickte ich mich zurück auf meine Facebook-Seite. Ich überflog den einen oder anderen Eintrag, nur um zu sehen, ob ich wirklich wieder Buchstaben zu Wörtern zusammensetzen konnte. „Überleg dir schon mal, auf welchen Film du Bock hast.", sagte sie jetzt und stand auf, „Ich hole uns nur noch was zu trinken."

Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug, lag Mira nicht mehr neben mir. Ich versuchte mich an den vergangenen Abend zurückzuerinnern. Wir hatten noch irgendeinen banalen Action-Film geschaut und waren dann schlafen gegangen. Ich hatte nach wie vor ein seltsames Gefühl gehabt; so, als würde eine unsichtbare Mauer zwischen Mira und mir stehen. Ich wusste allerdings nicht, wann sie diese aufgebaut hatte und ob ich auch ein wenig dazu beigetragen hatte, die Mauer hochzuziehen.

Müde quälte ich mich aus dem Bett und verschwand im Bad. Danach machte ich mich auf die Suche nach Mira. Sie war nicht da. Frustriert suchte ich mir ein paar Sachen für ein Frühstück zusammen, dann ließ ich mich am Küchentresen auf einem der hohen Hocker nieder und frühstückte. Währenddessen schweiften meine Gedanken immer wieder zu Mira ab. Hatte sie irgendetwas von einem Termin erwähnt? Ich konnte mich wirklich nicht mehr daran erinnern.

Nach dem Frühstück rief ich Farid an. Er hatte mir gestern angeboten, heute mit mir nach neuen Autos zu schauen. Ich hatte das Angebot dankend angenommen. Ich hatte nicht vor, unnötig länger auf ein Auto zu verzichten und mich von meiner Freundin oder meinen Jungs hin und her fahren zu lassen.

Also fand ich mich kurze Zeit später mit Farid in einem Autohaus wieder und schaute mir ein paar geile Karren an. Natürlich kroch mir der Verkäufer ziemlich weit in den Arsch und kam mir sogar ziemlich kulant mit den Preisen entgegen, doch ich ließ mich nicht überreden. Stattdessen entschied ich, mich noch nach anderen Autos umzuschauen. Ich wollte zwar wieder einen BMW haben, war aber überhaupt nicht darauf festgelegt. Immerhin hatte mir auch mein alter Benz gefallen.

Nach ein paar lustigen Stunden mit Farid kehrte ich irgendwann nach Hause zurück. Miras Auto stand bereits vor der Tür. Sie war also wieder da. Ich verabschiedete mich mit einem Handschlag von Farid, dann stieg ich aus seinem Wagen. Ich fühlte mich ziemlich entspannt nach unserem kleinen Ausflug. Ich musste zugeben, dass ich diese gemeinsame Zeit mit ihm sehr vermisste, in der wir einfach mal was Cooles unternahmen wie Brüder, anstatt an irgendein beschissenes Business zu denken.

Ich schloss die Haustür auf und horchte in die Stille hinein. Dann schloss ich die Tür hinter mir, zog meine Boots aus und hing die Jacke an die Garderobe. Ich fand Mira im Wohnzimmer. Sie saß auf der Couch, trug eine Leggings und einen Hoodie und hatte ihre Haare zu einem Knoten auf ihrem Kopf zusammengebunden. Sie hatte die Beine an ihren Körper gezogen und meinen Laptop auf ihrem Schoß. Sie war in den Bildschirm vertieft und tippte irgendetwas. Als sie mich bemerkte, schaute sie auf.

My ryde or die chick || Kollegah FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt