Kapitel 4

198 19 0
                                    

Ein paar Stunden später klingelte dann auch schon wieder mein Wecker. Schnell stellte ich ihn aus, um Ben nicht zu wecken, aber dazu war es schon zu spät. Dieser schlug seine Augen auf und richtete sich schlagartig auf.
"Hey. Wie geht's dir?", fragte ich vorsichtig. Ich konnte mir schon denken, dass er wohl ziemliche Kopfschmerzen hatte.
"Mir ist schlecht.", kam es leise von Ben. Schnell reagierte ich und reichte ihm den Eimer, den ich vorsorglich schonmal vorsorglich bereit gestellt hatte. Gerade noch rechtzeitig, denn kaum hatte Ben den Eimer in der Hand, übergab er sich auch schon in diesen. Ich strich ihm sanft über den Rücken und sagte: "Wie's aussieht nicht so gut."
Von ihm kam nur ein leichtes Nicken.
"Warum machst du auch so einen Mist?", fragte ich. Das war das, was mir die ganze Zeit schon auf der Seele gebrannt hatte. Warum hatte er das gemacht? Warum?
Von Ben kam keine Antwort.
"Schatz?", fragte ich vorsichtig. Doch von ihm kam wieder keine Antwort. Was war denn jetzt los? Hatte ich jetzt irgendwas falsches gesagt oder ging es ihm einfach nur so schlecht? Oder war es etwas ganz anderes?
In der Hoffnung etwas aus seinem Gesicht lesen zu können, schaute ich zu ihm rüber, doch er rührte sich nicht und sein Gesicht war ausdruckslos. Da sah ich es. Eine einzelne Träne, die seine Wange entlang lief.
"Hey. Was ist denn los?", fragte ich besorgt und legte sanft einen Arm um ihn, doch von ihm kam nur ein leises Schluchzen. Vorsichtig zog ich nun zu mir und strich ihm sanft über den Arm.
So saßen wir eine Weile, bis es dann an der Tür klopfte.
"Ich komme sofort wieder.", sagte ich zu Ben. Von ihm kam nir ein Nicken. So stand ich nun auf und öffnete die Tür. Vor mir stand Jenny. Kurz schaute ich noch einmal zu Ben zurück, bevor ich zu ihr raus ging.
"Was ist denn bei euch los? Julian sagte du würdest heute nicht kommen. Ist irgendwas passiert?", fragte sie nun.
"Und ob. Komm. Wir setzen uns ins Büro.", sagte ich und schob sie vor mir her ins Büro, wo wir uns hin setzten.
"Was ist passiert?", fragte Jenny nun.
"Shalima ist gestern morgen gestorben.", erklärte ich.
"Mist! Wie kommt Ben damit klar?"
"Nicht gut. Ich hab vorgeschlagen den Pferden frei zu geben und bei ihm zu bleiben, aber er hat drauf bestanden, dass ich weiter arbeite. Ich hab dann den ganzen Tag normal gearbeitet und zwischendrin die ganze Zeit nach ihm geschaut. Da war auch alles in Ordnung und ich bin dann so gegen zwölf Uhr nochmal mit Ginger joggen gegangen. Auf der Hälfte der Strecke hat Julian mich dann angerufen und meinte Ben wäre verschwunden. Er hat sich dann auf die Suche gemacht und ihn bei Shalima in der Box gefunden. Da saß er völlig betrunken und hat versucht sich um zu bringen."
"Oh Gott! Euch kann man ja echt nicht alleine lassen! Wie geht's ihm?"
"Naja. Nicht wirklich gut."
"Verdammt! Kann ich irgendwie helfen?"
"Kannst du dich drum kümmern, dass die Pferde gefüttert werden und in die Führmaschiene kommen?"
"Ja klar. Sonst noch etwas?"
"Könntest du vielleicht Ginger heute morgen freispringen lassen und heute mittag ein bisschen Dressur mit ihr reiten?"
"Ich soll sie reiten?"
"Ja. Das wäre nett. Einfach ein bisschen locker vorwärts abwärts in allen Gangarten. Nur damit sie ein bisschen Bewegung hat."
"Okay. Soll ich mich auch drum kümmern, dass jemand mit ihr joggen geht?"
"Ne. Erstmal nicht. Komm am besten heute Mittag nachdem du sie geritten hast nochmal vorbei. Dann reden wir da."
"Gut. Kann ich sonst noch irgendwie helfen?"
"Nein. Du machst so schon genug. Danke!"
"Schon gut. Mir macht das doch Spaß hier. Ohne das ganze war mir gestern echt total langweilig."
"Also langweilig wird einem hier nicht so schnell. Da hast du schon recht."
"Dann mach ich mich jetzt mal wieder an die Arbeit. Wenn noch irgendwas ist dann sag Bescheid!"
"Ja. Mach ich."
"Gut. Dann bis spätestens heute Mittag. Ich komme wahrscheinlich zwischendrin nochmal vorbei."
"Okay. Bis dann!"
Wir verließen das Büro nun wieder und Jenny ging raus, während ich wieder hoch zu Ben ging. Dieser saß unverändert mit Tränen in den Augen auf dem Bett. Ich setzte mich nun wieder zu ihm und fragte besorgt: "Was ist denn los?"
Von ihm kam noch immer keine Antwort, sondern nur ein leises Schluchzen.Sanft legte ich wieder einen Arm um ihn und zog ihn zu mir.
"Ach Schatz. Ich würde dir so gerne helfen, aber dazu müsstest du mit mir reden.", sagte ich einfühlsam. Er tat mir einfach so unglaublich leid. Shalima lag ihm so sehr am Herzen und sie war die letzte, die er außer mir noch hatte. Und nun war auch sie nicht mehr da. Es war schwer für ihn, dass sie jetzt nach 30 gemeinsamen nicht mehr da war und ich konnte ihn da gut verstehen. Mir würde es genauso gehen.
"Es tut mir leid.", schluchzte Ben nun.
"Was tut dir leid?", fragte ich verwundert. Jetzt war ich irgendwie verwirrt.
"Gestern Abend. Das wollte ich nicht.", schluchzte er.
"Schatz alles ist gut! Nach den letzten Tagen nimmt dir das keiner übel.", sagte ich. Ben schaute mich nur erstaunt an, als hätte er erwartet, dass ich jetzt wütend auf ihn war.
"Bist du nicht wütend?", fragte er.
"Nein. Natürlich nicht! Ich bin nur froh, dass nichts schlimmeres passiert ist. Hätte Julian nicht so schnell reagiert wäre das wahrscheinlich anders ausgegangen. Aber ich nehm dir das echt nicht übel. Ich kann dich doch verstehen. Das war alles nicht so einfach für dich in letzter Zeit. Da ist das verständlich.", sagte ich. Ben schien nun ein Stein vom Herzen zu fallen und er fiel mir glücklich um den Hals. Ich nahm ihn in den Arm und sagte: "Dir kann man gar nicht böse sein."
So saßen wir eine Weile, bis ich fragte: "Wie geht's dir?"
"Naja.", kam es von Ben.
"Was heißt naja?"
"Mir ist schlecht und mein Kopf explodiert gleich."
"Okay. Kann ich dich kurz alleine lassen? Dann bring ich dir was."
"Musst du sowieso. Du musst wieder arbeiten."
"Garantiert nicht! Ich lass dich hier nicht mehr alleine."
"Kannst du ruhig. Ich komm auch alleine klar."
"Das hast du gestern auch gesagt und dann hast du einen Selbstmordversuch gestartet. Ich lass dich garantiert nicht mehr länger als fünf Minuten alleine!"
"Schrei nicht so!"
"Sorry."
Nun herrschte wieder Schweigen.
"Ich komm sofort wieder. Ich hol dur nur wenigstens ein paar Kopfschmerztabletten.", sagte ich und ging raus, um diese zu holen und schnell wieder zu Ben zurück zu kehren.

Sprung ins ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt