Sprung ins Chaos

Kapitel 57

Bens Sicht:
"Ich nehm ihn dir mal ab.", sagte Jenny und nahm Lisa die Zügel aus der Hand. Diese blieb schwankend stehen und ich erkannte, wie sie noch blasser wurde, als sie so schon war.
"Ist alles in Ordnung?", fragte ich besorgt, doch sie schien mich gar nicht wahr zu nehmen. Ich ging nun auf sie zu und sah, wie ihre Beine auch schon nach gaben. Gerade so bekam ich sie noch zu fassen und hielt sie vorsichtig fest. Sie klammerte sich direkt an mir fest und schien so wieder etwas Halt zu finden.
"Was ist los?", fragte ich besorgt. Es konnte wohl kaum normal sein, dass sie mir hier fast zusammenbrach.
"Alles gut. Mein Kreislauf versagt nur gerade ein bisschen.", sagte sie leise.
"Und jetzt?", fragte ich. Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte.
"Gib mir einen Moment.", meinte sie nur und so blieb ich erst einmal stehen, bis sie sich langsam von mir löste. Gerade so konnte ich sie noch fassen, bevor sie mir wieder zusammen geklappt wäre. Vorsichtig hob ich sie nun hoch und trug sie bis zu einer Bank, wo ich mich mit ihr auf dem Schoß hin setzte.
"Was mach ich jetzt mit dir?", fragte ich nun. Ich hatte wirklich so gar keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte. In der Richtung war normalerweise immer Lisa diejenige, die wusste, was zu tun war, doch von dieser konnte ich momentan keine Hilfe erwarten. Die war einfach nur total fertig.
Als von ihr keine Antwort kam, sah ich besorgt zu ihr runter und erkannte, dass sie schlief. Vielleicht war das momentan das Beste.
Vorsichtig hob ich sie nun wieder hoch und trug sie ins Bett. So konnte sie in Ruhe ein wenig schlafen und ich konnte den anderen mit den Pferden helfen. Um die musste sich ja schließlich auch gekümmert werden.
Sanft deckte ich sie zu und ging dann raus zu den Paddocks, wo die anderen sich um Tahir kümmerten. Der Hengst war zwar echt toll gelaufen, aber jetzt machte er mal wieder ein riesen Theater.
"Was hat der denn schon wieder?", fragte ich.
"Keine Ahnung. Seid ich den übernommen hab macht der hier ein riesen Theater. Keine Ahnung, was das soll.", meinte Jenny.
"Und was machen wir jetzt mit dem?"
"Ich weiß es nicht. Wo ist Lisa? Die ist die einzige, die ihn in den Griff kriegt."
"Der geht's nicht so gut. Die kann jetzt nicht."
"Dann weiß ich auch nicht."
"Wer kommt denn sonst mit ihm klar?"
"Niemand. Das ist ja das Problem. Außer Lisa kommt niemand mit ihm klar."
"Was ist mit Julia?"
"Die hatte noch nicht wirklich viel zu tun mit ihm. Außerdem ist die nicht hier."
"Und was wenn wir sie anrufen? Die hat doch bestimmt eine Ahnung, was wir tun könnten."
"Ja, dann mach du mal. Ich bin hier ein wenig beschäftigt.", meinte Jenny, während sie alles gab, um den Hengst irgendwie zu halten.
Ich kramte nun mein Handy hervor und rief Julia an. Diese ging nur leider nicht an ihr Handy. War ja klar. Immer, wenn man Julia brauchte, ging sie in der Regel nicht ans Handy. Ich versuchte es direkt noch einmal, doch auch dieses Mal ging sie nicht ans Handy.
"Sie geht nicht dran.", sagte ich nun zu Jenny.
"Versuch mal, ob du Johannes erreichst. Der ist bestimmt bei ihr.", meinte Jenny. So versuchte ich nun Johannes zu erreichen, doch auch dieser ging nicht an sein Handy. Auch bei ihm rief ich direkt noch einmal an und diesmal ging er tatsächlich dran.
"Ja?", meldete er sich.
"Hallo. Hier Ben. Bist du gerade zufälliger Weise bei Julia?", fragte ich.
"Ja. Wieso?", fragte er.
"Könnte ich die mal gerade sprechen?"
"Warum?"
"Tahir tickt hier gerade dezent aus und keiner kriegt den in den Griff."
"Was ist mit Lisa? Die kommt doch so gut mit ihm klar."
"Die kann nicht. Der geht's nicht so gut."
"Wieso? Was ist los?"
"Keine Ahnung! Du weißt wie viel Ahnung ich von sowas hab."
"Genauso wenig wie ich. Was ist passiert?"
"So genau kann ich dir das auch nicht erkären. Die ist mir hier zusammengebrochen, aber meinte es wäre alles in Ordnung. Jetzt ist sie jedenfalls am Schlafen."
"Verdammt was macht die schon wieder für einen Mist? Ich komme!"
"Das bringt jetzt auch nichts. Ich kümmer mich schon um sie. Außerdem kommen wir doch morgen schon wieder."
"Wenn du meinst. Wenn irgendwas ist rufst du aber sofort an!"
"Ja, ja. Kann ich jetzt mit Julia sprechen?"
"Okay."
Wenig später fragte Julia dann: "Was gibt's denn?"
"Tahir ist hier gerade dezent am Durchdrehen. Hast du eine Ahnung, was der schon wieder für Probleme hat?"
"Wer ist Tahir und was bedeutet dezent am durchdrehen?", fragte Julia.
"Tahir ist eins von Lisas Sorgenkindern und dezent am Durchdrehen heißt er ist dauerhaft am Steigen und Buckeln. Der hat so etwas öfter mal, aber normalerweise regt der sich mit der Zeit dann wieder ab. Gerade geht aber irgendwie gar nichts mehr. Den kriegt keiner mehr in den Griff. Hast du irgend eine Ahnung, was wir jetzt tun können?"
"Wenn irgendwer mir mal ein Bild von ihm schickt kann ich versuchen Kontakt mit ihm auf zu nehmen."
"Okay.", sagte ich zu ihr und sagte dann an Tom, der neben mir stand, gewandt: "Kannst du Julia mal schnell ein Bild von ihm schicken?"
"Ja. Auf ihr Handy oder an Johannes?", fragte Tom.
"An sie. Über Johannes Handy ist sie ja mit mir am Telefonieren.", meinte ich. Bon Tom kam nur ein Nicken, bevor er ein Foto von Tahir machte und dieses los schickte.
"Super. Dann müsst ihr euch jetzt einen Moment gedulden. Ich muss erstmal Kontakt zu ihm aufnehmen. Das kann dauern.", meinte Julia.
So wartete ich nun und schaute Jenny zu, wie sie versuchte den Hengst irgendwie ruhig zu halten.
Nach einer Weile blieb dieser dann jedoch wie versteinert stehen und wurde langsam immer ruhiger. Aus irgend einem Grund schien er sich von jetzt auf gleich zu beruhigen Julia hatte scheinbar jetzt Kontakt zu ihm aufgenommen. Gespannt wartete ich darauf, dass Julia mir erklärte, was mit diesem Pferd los war. Hoffentlich konnte sie das auch! Da zweifelte ich allerdings kaum dran. Sie hatte bisher jedes Pferd von uns wieder hin gekriegt.