Lange unterhielten wir uns noch, bevor wir dann wieder rein gingen. Wenig später gingen wir dann auch zu Bett und am nächsten Tag ging alles mit dem alltäglichen bisschen Chaos weiter. Die ganzen Pferde reiten, fest stellen, dass wir zu wenig Arbeiter haben, nach den ganzen trächtigen Stuten schauen, merken, dass ein paar von ihnen kurz vorm Abfohlen sind, mit Emely schimpfen, weil sie schon wieder eine schlechte Nite geschrieben hat, mit Emely und Lea trainieren, mit Ginger trainieren, abends im Haufen von Papierkram versinken und danach dann mit Devil und Ginger kuscheln und meistens bei einem der beiden in der Box einschlafen. So ungefähr sahen die nächsten Wochen bei mir aus. Dazwischen kamen noch ein paar Turniere und Rennen und der Schlaf kam immer öfter zu kurz. So reduzierte ich mich in meinen Höchst Zeiten auf etwa sieben Stunden pro Woche. Ben schimpfte deswegen immer öfter mit mir, aber ich hatte einfach zu viel zu tun und gerade wenn nachts ein Fohlen zur Welt kam, hatte ich einfach keine Zeit zum Schlafen.
Dazu kam noch, dass die Geburt von Julias Drillingen immer näher rückte. Johannes war darüber zwar recht glücklich, das Julia ihn in den letzten Monaten echt fertig gemacht hatte, aber aus welchem Grund auch immer schob er gleichzeitig auch ziemliche Panik. Und ich musste natürlich wieder alles regeln. Dazu kam noch, dass Emely so gar nicht mehr in der Schule klar kam und ihr Lehrer mich alle paar Tage anrief, weil er Angst hatte, dass sie den Abschluss nicht schaffte. Langsam nervte der Typ mich echt! Ich konnte ihn ja noch nie leiden und jetzt andauernd mit ihm zu telefonieren beeinflusste das nicht gerade positiv.
Das Chaos wurde dann noch schlimmer, als die Männer beschlossen mal wieder Fußball zu spielen und nur noch auf dem Fußballplatz verschwanden. Ich gig direkt schon einmal davon aus, dass Ben sich sowieso wieder verletzte und schrieb die Planungen für die nächste Woche so, dass ich sie notfalls noch um schmeißen konnte. Es ging allerdings erst einmal alles gut und ohne Verletzungen. Dann wurde allerdings das erste Spiel angesetzt und das Chaos begann.
Da bei mir allerdings das Trainingscamp für Olympia angefangen hatte, fand ich leider keine Zeit mit zu zu schauen. So wirklich wohl war mir dabei allerdings nicht und ich legte mein Handy nicht mehr aus der Hand. Den Verbandskasten hatte ich für alle Fälle auch schon einmal bereit gestellt. Man wusste ja nie.
Als ich dann gerade den Parcours perfekt beendet hatte und ihn eigentlich noch ein zweites Mal reiten wollte, klingelte mein Handy. Schnell parierte ich die Stute durch und diese legte einen eleganten Slidingstop hin. Leider nahm sie dabei nur die Rhythmus Stangen mit. Da sah das schon nicht mehr ganz so elegant aus. Aber immerhin stand sie.
Ich kramte nun mein Handy hervor und ging dran.
"Ja?", fragte ich.
"Lisa?", kam Julians Stimme aus dem Handy.
"Ja?"
"Kannst du mich hören?"
"Ja. Es rauscht ein bisschen, aber ich höre dich."
"Gut. Hier ist erbärmliches Netz."
"Ich weiß. Was ist denn?"
"Was machst du gerade?"
"Springtraining mit den anderen. Was auch sonst. Wieso?"
"Könntest du vielleicht mal vorbei kommen?"
"Mit oder ohne Verbandskasten?"
"Besser mit."
"Was ist passiert?", fragte ich, während ich die Stute unter mir wieder angaloppierte und über den Zaun sprang.
"Ben ist irgendwie komisch umgeknickt. Mehr weiß ich nicht."
"Okay. Ich bin schon auf dem Weg.", sagte ich und legte dann auf.
"Ich muss mal eben weg und Sanitäter spielen. Macht einfach ohne mich weiter.", rief ich den anderen zu, während ich quer über den Hof galoppierte. Dabei hätte ich Jenny beinahe umgerannt.
"Was ist denn jetzt?", fragte diese verwundert.
"Frag nicht. Kannst du mir mal den Verbandskasten bringen? Der steht schon in der Sattelkammer.", sagte ich. Sie nickte nur und brachte mir die gewünschte Kiste.
"Danke!", rief ich ihr noch zu und galoppierte dann weiter. In vollem Tempo galoppierte auf dem schnellsten Weg zum Fußballplatz. Die Zäune, die dabei etwas im Weg standen übersprang ich einfach. Da mussten die Leute, denen die Gärten mal mit Leben. Die meisten waren allerdings sowieso ältere Leute, die es mir erlaubt hatten ihre Zäune als Geländeparcours zu benutzen.
Am Sportplatz angekommen sprang ich einfach über den Zaun, der den Rasenplatz begrenzte und parierte meine Stute dann durch. Darunter litt der Rasen zwar ganz schön, aber das war mir gerade ziemlich egal. Ich sprang nun von dem Rücken der Stute und Johannes kam mir bereits entgegen.
"Wie schlimm ist es?", fragte ich.
"Ich würde sagen so mittelmäßig. Ich weiß aber nicht so wirklich.", meinte er.
"Okay. Kannst du die Kleine ein bisschen Schritt führen?"
"Ja klar."
"Danke!"
"Schon gut. Geh du mal."
Ich rannte nun zu der Stelle, wo sich eine kleine Traube gebildet hatte. Ich vermutete mal, dass sich dort Ben befand und ich lag richtig. Als ich mich durch die Menge durch gekämpft hatte, sah ich Ben, der dort auf dem Boden lag und sich den Knöchel hielt.
"So. Als erstes verschwinden hier erstmal alle, außer Julian. Spielt noch ein bisschen oder sonst was, aber erstmal weg hier!", sagte ich nun und kniete mich dann neben Ben auf den Boden. Als dann alle verschwunden war, fragte ich an Julian gerichtet: "Was ist passiert?"
"Keine Ahnung. Ich hab nur gesehen, wie er umgeknickt ist und dann am Boden liegen blieb.", meinte dieser. Ich nickte nur und wand mich dann Ben zu.
"Wo tuts weh? Der Knöchel?", fragte ich. Von Ben kam nur ein Nicken.
"Das ist wieder der Selbe, wie letztes Mal oder?", fragte ich weiter. Wieder kam von ihm ein Nicken.
"Okay. Dann lass mich mal gucken.", sagte ich und nahm vorsichtig seine Hand von dem Knöchel.
"Gut. Es sieht schon mal nicht all zu schlimm aus, also ich glaube gebrochen ist nichts.", sagte ich. Von Ben kam wieder nur ein Nicken.
"So. Ich taste dann mal eben ab.", sagte ich und begann vorsichtig damit das Gelenk und die Bänder ab zu tasten.
"Okay. Gebrochen ist nichts. Ich denke mal die Bänder sind einfach nur heftig überdehnt. Mehr kann ich hier zumindest erstmal nicht fest stellen.", war schließlich mein Fazit.
"Ist das jetzt gut oder schlecht?", fragte Julian.
"Eher gut. Ein paar Wochen Pause und dann geht das eigentlich wieder."
"Na dann ist ja gut. Ich dachte schon jetzt fängt das alles wieder von vorne an."
"Nein. Diesmal nicht ganz so schlimm."
"Gut. Und jetzt? Müssen wir noch irgendwie ins Krankenhaus?"
"Ja. Wäre besser. Könntest du vielleicht mit ihm fahren? Wir sind mitten im Training und ich müsste wieder zurück."
"Ja klar. Kein Problem."
"Wenn irgendwas ist dann ruf einfach an. Ich hab mein Handy griffbereit."
"Mach ich."
"Danke! Dafür hast du was gut bei mir!", sagte ich noch zu ihm und wand mich dann wieder Ben zu.
"Ist das für dich auch in Ordnung?", fragte ich ihn.
"Ja. Trainier du mal weiter.", meinte er.
"Wirklich?"
"Ja. Das ist okay. Geh ruhig."
"Okay. Wie gesagt. Ihr habt meine Nummer. Wenn irgendwas sein sollte dann ruft einfach an! Ich bin da und es ist keine Schande das Fachlatein von den Ärzten nicht zu verstehen."
"Lisa! Alles ist gut! Wir kommen schon klar! Trainier einfach weiter!", sagte Julian. Ich nickte nur und stand dann auf, um zu Johannes gehen, der noch immer mit Ginger Runden um den Rasenplatz drehte.
"Danke!", sagte ich zu ihm und nahm ihm die Zügel wieder ab.
"Schon gut. Reit zurück und trainieren weiter."
"Ja. Bis später!"
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Sprung ins Chaos
Random"Sprung ins Chaos" ist der 6. Teil meiner Buchreihe zu den Bewohnern des Gestüts Michalòw und knüpft direkt an den 5. Teil "Der falsche Sprung" an. Auch hier geht es wieder um Lisa, Ben und vor allen Dingen auch Emely, die mal wieder ordentlich Chao...