Ich ging nun also mit Lea einmal über das komplette Gestüt und zeigte ihr alles, was sie wissen musste. Zum Schluss bekam sie dann noch eine exklusive Führung durch die Ställe, bei der ich ihr zu jedem Pferd ein bisschen was erzählte.
"Wie schaffst du es dir von über 300 Pferden die ganzen Namen mit samt Stammbaum, Eigenschaften und Karriere zu merken ohne das durcheinander zu schmeißen?", fragte Lea, als wir bei dem letzten Pferd angekommen waren.
"Ich kenne die Pferde, die hier stehen alle von Geburt an und hab sie alle samt mit eingeritten und trainiert. Den größten Teil von ihnen reite ich auch selber. Außerdem plane ich hier alles. Ich hab also mit jedem der Pferde jeden Tag zu tun. Da brennt sich das alles so ein und irgendwann kann man das dann einfach alles auswendig.", erklärte ich.
"Respekt. Ich glaube ich würde das alles irgendwie durcheinander schmeißen."
"Ist alles eine Sache des Trainings. Ich bin hier aufgewachsen und von klein auf drauf gedrillt worden mir das alles zu merken. Da lernst du das irgendwann."
"Und du sitzt dann den ganzen Tag auf dem Pferd?"
"Im Sommer ja. Da ist dann volle Turniersaison und wir haben hier jede Menge Stress. Da trainiere ich dann den ganzen Tag mit den Arabern und spät abends noch mit Ginger. Danach kommt nachts dann oft noch die Büro Arbeit. Jetzt im Winter ist das alles ein bisschen lockerer, weil die Araber da alle in der Winterpause sind und nicht geritten werden. Da trainiere ich dann nur mit Ginger. Dafür ist im Winter dann immer jede Menge Büro Arbeit. Da werden dann die ganzen Jungpferde verkauft und wir müssen gucken, welche Hengste gekört werden und welche direkt kastriert werden. Dazu kommt noch unser Hoffest, das jedes Jahr in der ersten Dezemberwoche stattfindet. Das planen wir auch komplett und da ist dann auch wieder ein bisschen Stress. Ansonsten ist der Winter aber eigentlich recht locker und entspannt. Wir verbringen die meiste Zeit dann damit zu planen, was ausgebaut oder verändert werden muss. Das kriegst du aber dann jetzt komplett mit. Ich kann dich schon mal vorwarnen. Du wirst hier wahrscheinlich komplett mit einbezogen und wirst das komplette Chaos sofort komplett mitbekommen. Das ganze Chaos ist bei uns ganz normal."
"Okay."
"So. Dann würde ich sagen gehen wir mal rein und ich stell dir mal die anderen Chaoten vor."Wir gingen nun also rein, wo die anderen allesamt im Wohnzimmer saßen und wild über ein Dressurturnier diskutierten, dass im Fernsehen lief.
"Das sind doch alles Vollidioten! Die armen Pferde! Das ist Tierquälerei!", schimpfte Julia
"Das ist Dressur. Für einen dieser Vollidioten hab ich jahrelang gearbeitet.", meinte Johannes.
"Wenn du so reitest bekommst du aber gewaltig Ärger mit mir!", schimpfte Julia.
"Leute! Könntet ihr mir mal eben zuhören?", unterbrach ich die Diskussion und schon schauten alle zu uns.
"Okay. Das ist Lea. Ihre Stute Scarlett steht von heute an bei uns im Stall und nein sie ist kein Araber. Sie ist ein reiner Hannoveraner und ein Springpferd. Ich werde sie von heute an mit Emely trainieren.", erklärte ich den anderen und richtete mich dann an Lea.
"Julia kennst du ja schon. Sie ist unsere "Pferdeflüsterin" und eine der Pflegerinnen. Daneben ist Johannes. Mein Bruder und der Mann von Julia. Er ist der Dressurreiter im Stall und hilft eigentlich überall aus, wo gerade Hilfe gebraucht wird. Die beiden haben drei Kinder, die eigentlich überall auf dem Hof verteilt sind. Die siehst du eigentlich so gut wie nie. Was die so den ganzen Tag treiben weiß ich auch nicht. Daneben ist Jenny. Sie ist die Pflegerin auf dem Hof und so etwas wie die gute Fee hier. Sie managt hier alles, wenn mal wieder das Chaos ausgebrochen ist. Das neben ihr ist ihr Mann Tom. Er ist bei uns Bereiter und aushilfsweise auch ab und zu mal Pfleger. Mia sitzt neben den beiden. Sie ist die Schwester von Jenny und eigentlich auch Pflegerin. Sie hilft aber öfter auch mal beim Training aus. Die Jungs daneben sind Julian, Louis und Andreas. Sie sind eigentlich etwas weiter weg auf einem anderen Hof, wo sie mit ihren Pferden für Distanzrennen trainieren. Sie sind hier aushilfsweise, weil wir im Sommer so einen kleinen Notstand hatten. Bei einem Fußballspiel hatten wir danach irgendwie ein Treffen im Krankenhaus, weil Johannes es geschafft hat einen Ball so ab zu bekommen, dass er die Nase gebrochen hatte und mein Mann Ben, der übrigens da ganz hinten sitzt, hat sich das Sprunggelenk gebrochen. Dadurch war bei uns dann mal wieder absolutes Chaos und die drei waren so nett für eine Weile hier zu bleiben und aus zu helfen. Ben ist normalerweise auch Bereiter und leitet das Gestüt mit mir. Er ist normalerweise für die jungen und etwas schwierigeren Pferde zuständig und trainiert mit denen. Das ist aber leider momentan nicht so ganz möglich. Ja. Emely kennst du ja schon. Dazu haben wir noch drei ältere Herren, die hier mit helfen. Die können aber nicht mehr so viel helfen und sind hauptsächlich dafür zuständig hier so halbwegs den Überblick zu behalten und ihre Erfahrungen mit ein zu bringen. Ja. Das ist unser Team. Den Leuten wirst du jetzt so ziemlich jeden Tag irgendwie über den Weg laufen.", erklärte ich nun.
"Okay. Ich weiß nicht, ob ich mir so viele Namen auf einmal merken kann.", meinte Lea.
"Das hab ich anfangs auch gedacht, aber ich kann dir garantieren, dass du die ganz schnell lernst.", sagte Julia.
"Ich weiß nicht. Das waren jetzt über 300 Namen. Ich glaube das dauert, bis ich mir die merken kann."
"Die Pferdenamen musst du nicht alle können. Die kann ich zum größten Teil heute noch nicht. Das kann sich kein Mensch merken.", meinte Johannes.
"Mit den anderen Pferden hast du ja sowieso nichts zu tun.", meinte ich nun.
"Ja. Das sagt sie jetzt. Ich kann dir garantieren, dass du in ein paar Wochen voll mit eingespannt bist. Wenn man hier erstmal gelandet ist kommt man nicht mehr weg. Das endet damit, dass du deine Schule beendest, hier deine "Ausbildung" zur Pferdewirtin machst und im Nachhinein hier arbeitest.", meinte Julia.
"Da hätte ich nicht mal was dagegen. Ich wollte sowieso eine Ausbildung zur Pferdewirtin machen. Eigentlich hatte ich vor nach Deutschland zu gehen und da an einem Gestüt an zu fangen, aber so geht es auch. Da muss Scarlett nicht nochmal umziehen."
"Du kannst gerne hier anfangen. Wir suchen immer Leute, aber es zwingt dich keiner.", sagte ich.
"Gerne, aber erstmal mach ich möglichst gut mein Abitur. Sonst bringen meine Eltern mich um."
"Das ist klar. Ein ordentlicher Schulabschluss ist wichtig. Da kann ich deinen Eltern nur zustimmen. Was halten die eigentlich von der Idee, dass du eine Ausbildung zur Pferdewirtin machst?"
"Sie haben es aufgegeben zu versuchen mich davon ab zu halten."
"Also sind die einverstanden?"
"Ja."
"Na dann ist ja gut. Solange du noch nicht 18 bist brauchst du immer noch die Einverständnis von deinen Eltern. Das ist dir klar oder?"
"Ja. Meine Eltern sind aber voll okay. Da hab ich eigentlich keine Probleme mit."
"Gut. Die wissen also komplett Beschied?"
"Ja klar. Meine Mutter hat mich ja heute sogar gefahren. Die wissen alle Bescheid und helfen mir bei der Finanzierung."
"Okay. Dann ist ja gut."
"So langsam muss ich aber auch los. Meine Mutter wartet."
"Ja. Dann sehen wir uns morgen?"
"Ja. Bis dann!"
DU LIEST GERADE
Sprung ins Chaos
Diversos"Sprung ins Chaos" ist der 6. Teil meiner Buchreihe zu den Bewohnern des Gestüts Michalòw und knüpft direkt an den 5. Teil "Der falsche Sprung" an. Auch hier geht es wieder um Lisa, Ben und vor allen Dingen auch Emely, die mal wieder ordentlich Chao...