Die nächsten Wochen verliefen dann relativ locker und entspannt, aber wir wären ja nicht wir, wenn nicht noch irgend ein Chaos mit samt Katastrophe folgen würde. Mittlerweile war es ein paar Tage, bevor wir eigentlich mit Emely nach Frankfurt fahren wollten. Das Problem war nur, dass wir die Freistellung von Emely in der Schule nicht durch bekamen. Das hieß wir mussten wohl oder übel alleine fahren und Emely sah Paul nicht wieder. Dadurch war diese natürlich am Boden zerstört und ich hatte ganz und gar kein gutes Gefühl dabei sie alleine mit den anderen in Polen zu lassen, während wir mehrere hundert Kilometer entfernt in Frankfurt waren. Aber es musste sein. Ich hatte das Turnier genannt und es war wichtig für Gingers und meine Karriere. So fuhren wir am Wochenende also ohne Emely nach Frankfurt. Dafür kam überraschend Johannes mit, denn er ritt dort die Dressurprüfungen mit seiner Stute mit. Dadurch waren wir einer mehr als geplant, aber das war eigentlich kein großes Problem. Das Problem war eher, dass sein verhätscheltes Dressurpferdchen sich weigerte auch nur einen Huf in den Transporter zu setzen. Zwei Stunden lang diskutierte Johannes mit seiner Stute, bis Julia es sich nicht mehr angucken konnte und die Stute mit dem ersten Versuch perfekt auf den Transporter führte. Und das alles nur mit der Hilfe von einem Klaps mit der Gerte.
"Will die mich jetzt verarschen?", fragte Johannes entsetzt.
"Ja. Genau das war ihr Plan. Die hat das einfach gründlich ausgenutzt, dass du sie so verhätschelst.", meinte Julia trocken.
"Na danke auch!", sagte Johannes beleidigt.
"Sorry, aber das ist so. Ab und zu muss man deiner zickigen Stute einfach mal ihre Grenzen deutlich machen und bei so etwas hilf ab und zu mal ein ordentlicher Klaps mit der Gerte und etwas Durchsetzungsvermögen!", sagte Julia.
"So. Jetzt aber genug diskutiert! Wir müssen los! Ich hab heute noch das Jungpferde Springen genannt und es wäre ganz gut, wenn wir da noch pünktlich ankommen!", sagte ich und schob ihn vor mir her in den Transporter.Am Abend waren wir, durch die Verspätung, natürlich ziemlich spät dran. So begann ich noch im Transporter schnell damit meine Stute zu putzen und so weit fertig zu machen, sodass ich sie, auf dem Turniergelände angekommen, nur noch schnell sattelte und mich dann auf ihren Rücken schwang, um sie kurz etwas warm zu reiten. Für viel mehr bleib keine Zeit, denn ich war direkt als eine der ersten an der Reihe. Ginger machte ihre Sache jedoch trotzdem super und riss während den zwei Umläufen und dem Stechen nur eine einzige Stange. Somit landeten wir, in einer völlig überfüllten Prüfung, auf dem dritten Platz. Ich war auf jeden Fall extrem stolz auf meine Stute und versorgte sie noch in Ruhe für die Nacht, bevor dann auch wir uns schlagen legten. Dafür hatten wir dieses Mal eine äußerst exklusive Gelegenheit, denn Paul hatte uns angeboten, dass wir während des Turniers bei ihm wohnen durften. Als Gegenleistung durfte er mit in den Backstage Bereich und alles hinter den Kulissen eines solchen Reitturniers einmal mit bekommen.
Am nächsten Morgen waren dann schon recht früh wieder die Dressurprüfungen. Daher ging es für uns schon früh um halb sechs auf das Turniergelände, denn Johannes Stute war nicht nur extrem zickig, sondern brauchte auch immer eine Extrawurst. Deshalb brauchte es bei ihr, gerade auf Turnieren, immer deutlich länger, bis sie endlich so weit fertig war, dass sie starten konnte. Das lag aber zu einem großen Teil auch daran, dass Johannes sie so sehr verhätschelte.
So fuhren wir also alle schon extrem früh in den Stall und auch Paul kam diesmal mit. Mit diesem hatten wir uns am Abend noch lange unterhalten und auch er war ziemlich traurig, dass Emely nicht mitkommen konnte. Es war eigentlich nicht zu übersehen, dass zwischen den Beiden etwas lief, aber er stritt es trotzdem auch weiterhin ab. Ich traute dem ganzen allerdings nicht so ganz und insgeheim überlegte ich bereits, wie ich es schaffte die beiden doch noch zusammen zu bringen.
Johannes Stute wurde dann etwa zwei Stunden lang verwöhnt und rund um aufgehübscht, bis sie dann auf Hochglanz poliert war und auch ihr gesamtes Sattelzeug komplett nochmal übergeputzt worden war. Dazu hatte Jenny der Stute akkurate Zöpfe geflochten und ordentlich am Mähnenkamm hochgenäht. Das war jedoch längst nicht alles. Nachdem die Stute dann warm geritten war ging es am Einlass erst richtig los. Johannes stieg nun ab und sprühte das Fell der Stute komplett mit einem Glanzspray ein, bis ihr Fell wie eine Speckschwarte glänzte. Nun wurde auch die Ausrüstung mit besonderen Tüchern noch einmal über poliert, bis auch diese glänzte. Zu allem Überfluss musste nun jedes einzelne Zöpfchen noch einmal ordentlich gerichtet werden. Den dicken Fleck auf seiner weißen Reithose ignorierte er jedoch getrost. Meiner Meinung nach war das alles total übertrieben und grausam, aber das schienen hier alle so zu machen, denn die anderen Pferde sahen auch nicht anders aus. Grausam, aber egal. Wenn ihm das so wichtig war, sollte er doch machen. Meinen Segen hatte er, aber so langsam ging es auch mir auf die Nerven, dass er auf jedem Turnier so ein Theater um seine Stute machte. Sie war auch nur ein normales Pferd und nichts besonderes.
In dem Viereck half ihm das allerdings auch nicht wirklich, denn die Seitengänge verhaute er total und die fleigenden Wechsel waren auch alle samt nicht richtig durchgesprungen. Somit kam er mit gerade mal 60,5% aus der Bahn und war somit sofort in der ersten Runde raus. Das ganze Theater hatte sich also so gar nicht asgezahlt und er konnte im Prinzip direkt wieder nach Hause fahren. Das ging jedoch nicht, denn nach Hause ging es erst, wen auch ich die ganzen Turniere geritten war, die ich noch gemeldet hatte. Somit langweilte er sich dann das ganze Wochenende mehr oder weniger und durfte mir zugucken.Für mich und Ginger war das Wochenende allerdings ziemlich erfolgreich. Wir bekamen neben der Schleife für den dritten Platz bekamen wir noch eine für den zweiten Platz und zwei für den ersten Platz. Zusätzlich bekam ich noch eine extra Ehrung für das 30. Mal, dass ich bei diesem Turnier startete. Also war es, aus meiner Sicht gesehen, ein rundum gelungenes Wochenende.
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Sprung ins Chaos
Random"Sprung ins Chaos" ist der 6. Teil meiner Buchreihe zu den Bewohnern des Gestüts Michalòw und knüpft direkt an den 5. Teil "Der falsche Sprung" an. Auch hier geht es wieder um Lisa, Ben und vor allen Dingen auch Emely, die mal wieder ordentlich Chao...