Kapitel 70

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Lange unterhielt ich mich noch mit Ben, bis er fragte: "Wann hast du denn vor mal wieder rein zu gehen?"
"Eigentlich schon etwa vor zwei Stunden. Ursprünglich war der Plan ihn noch ein bisschen laufen zu lassen und dann rein zu gehen, aber irgendwie hat er mir da einen Strich durch die Rechnung gemacht.", berichtete ich.
"Das mit dem nur kurz ein bisschen was mit Devil machen klappt bei dir doch nie. Das endet meistens damit, dass du dann in seiner Box übernachtest."
"Ja. Er ist nunmal total verschmust und es tut ihm gut, wenn ich Zeit mit ihm verbringe."
"Und dir auch. So entspannt, wie jetzt, warst du schon lange nicht mehr. Ihr braucht das beide zwischendurch mal."
"Brauchen nicht, aber es tut schon ganz gut."
"Doch. Du brauchst das. Einfach um zwischendurch mal wieder runter zu kommen. Ich spiele dafür Fußball und du spielst mit Devil."
"Ja. Irgendwie schon. Das holt mich mal für einen Moment aus dem Alltag raus."
"Siehst du. Das braucht jeder zwischendurch mal."
"Dazu ist aber auch das Springen mein Ausgleich. Das hab ich fast jeden Tag, also ist alles gut. Ich komme auch so klar."
"Wenn du meinst. Ich glaub dir das zwar immernoch nicht, aber gegen dich hab ich sowieso keine Chance."
"Ich komme wirklich klar. Es ist alles gut."
"Okay."
"Wie lange hast du vor noch hier zu bleiben?"
"Nicht mehr so lange. Geh ruhig schon rein. Ich komme gleich nach."
Ben nickte und gab mir noch einen Kuss, bevor er dann rein ging.
Ich wand mich nun wieder meinem Hengst zu, der noch immer völlig entspannt neben mir lag.
"Ach Devil. Du hast es gut. Kannst den ganzen Tag machen, was du willst und musst nie Buchhaltung machen. Warum kann das nicht einfach mal alles perfekt klappen. Das würde uns einiges an Chaos ersparen.", flüsterte ich und strich ihm sanft über den Hals. Er brummelte nur freundlich und legte seinen Kopf auf meinen Schoß.
"Ich hoffe nur, dass deine Tochter mir hilft. Wir können das Geld gut gebrauchen.", redete ich weiter. Ben hatte schon Recht. Es tat mir wirklich gut mit Devil zu reden. Bei ihm konnte ich mal wirklich entspannen und das brauchte ich zwischendurch einfach mal. Trotzdem ging das während der Saison halt einfach zeitlich nicht. Da musste es reichen, wenn ich jeden Tag mal kurz bei Devil vorbei schaute. Trotzdem liebte ich meinen Job. Es war schon immer mein Traum und ich lebte meinen Traum. Da konnte ich dafür damit leben für alles andere eben etwas weniger Zeit zu haben. Außerdem war es ja nur während der Saison so stressig. Im Winter war dann alles ganz entspannt und ich hatte da dann um so mehr Zeit für alles, was ich während der Saison nicht geschafft hatte. Das war wiederrum das schöne an dem Ganzen hier. Außerdem hatte ich alles, was man sich wünschen könnte. Ein eigenes, riesiges Gestüt mit den tollsten Pferden, zwei tolle Springpferde, eine erfolgreiche Karriere als Springreiterin, eine wirklich tolle Familie und einfach das beste Team, was man sich auf einem riesigen Gestüt wünschen kann. An sich also alles, was man sich wünschen kann. Nur die Zeit fehlte, aber damit musste ich dann eben mal leben. Alles in allem war ich ja wirklich glücklich und das ganze Chaos, das nebenbei passierte gehörte mittlerweile einfach dazu. Normal wäre ja auch langweilig. Das kann ja jeder. So viel Chaos in einem Jahr nicht. Das schafft man nicht so leichtzu Vor allen Dingen aber auch nicht an eine Wochenende. Vor mir hatte es wahrscheinlich auch noch niemand geschafft innerhalb von ein paar Tagen so viele nervenaufreibenden Sachen zu erleben.
Ich wusste nicht wie lange ich meinen Gedanken bereits nach hing, als mir langsam kalt wurde und ich beschloss dann doch rein zu gehen. So stand ich nun auf und brachte den Hengst zurück in seine Box. Auf dem Weg nahm ich auch den, mittlerweile leeren, Teller mit und ging mit diesem in der Hand nun wieder rein, wo ich direkt von Lotta begrüßt wurde.
"Hallo meine Kleine!", sagte ich und streichelte sie kurz, bevor ich den Teller dann in die Küche brachte. Dort fiel mein Blick dann auf die Uhr und ich stellte fest, dass es bereits ein Uhr war. Ich war wohl doch länger gewesen, als gedacht. Die anderen schliefen wahrscheinlich bereits. Ich musste allerdings noch ein bisschen arbeiten. Der Papierkram erledigte sich leider nicht von selbst. So ging ich nun direkt ins Büro und begann alles für die nächsten Wochen zu planen und die Pässe von den Pferden raus zu suchen, die demnächst verkauft werden sollten. Sie hatten alle samt den gleichen Besitzer, der gleich elf unserer Pferde gekauft hatte. Der alters Herr kam aus Arabien und kaufte jedes Jahr einige unserer Fohlen und Jungpferde. Auch dieses Jahr hatte er sich wieder einige besonders hübsche Pferde ausgesucht, die die Reise nach Arabien auf sich nehmen würden und somit in das Land ihrer Vorfahren ziehen würden.
Ich suchte also die Pässe von diesen sechs Pferden raus und stellte fest, dass ein Teil davon noch im Wohnzimmer liegen mussten. Die Fohlen waren vor ein paar Tagen geimpft worden und die Pässe lagen Fahrer noch dort herum. So ging ich nun los, um auch diese meinen kleinen Stapel hinzu fügen zu können.
Als ich allerdings im Wohnzimmer ankam, blieb ich mit einem Lächeln stehen. Das Bild, was sich mir dort bot war einfach zu entzückend.
Ben saß auf der Couch und hatte einen Arm um Emely gelegt, die sich an ihn lehnte. Paul saß neben ihr und lag mit dem Kopf halb auf dem kleinen Brettchen, wo die kleine Laura lag. Alle vier schliefen sie tief und fest.
Ich konnte nun einfach nicht anders und kramte mein Handy hervor, um leise ein Foto zu machen. Das Bild war einfach so niedlich an zu sehen. Dann nahm ich allerdings ein paar Decken und deckte die drei großen vorsichtig zu. Immer darauf bedacht sie nicht zu wecken, schnappte ich mir dann leise die Pässe und ging wieder zurück ins Büro. Dort erledigte ich dann die restlichen Planungen und alles andere, was noch so erledigt werden musste.

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