Kapitel 80

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Den Rest der Nacht verbrachte ich damit mir den Kopf über alle möglichen Dinge zu zerbrechen und Ben beim Schlafen zu zu sehen. Unbewusst strich ich ihm dabei immer wieder beruhigend über den Kopf. So ein Bisschen fühlte ich mich dabei als hätte ich ein kleines Kind auf dem Schoß liegen. Andererseits fand ich es aber auch wirklich süß, dass er mir so sehr vertraute. Das tat irgendwie gut.

Erst gegen Mittag schlug Ben die Augen auf und schaute mich aus großen Augen an.
"Guten Morgen!", sagte ich und strich ihm erneut durch das Haar. Er schaute sich erst einmal verwirrt um, bis er sich dann langsam auf richtete.
"Morgen.", antwortete er.
"Wie geht's dir?", fragte ich weiter.
"Naja."
"Was heißt naja? Ist dir noch irgendwie schwindelig oder hast du irgendwelche Schmerzen?"
"Schwindelig noch ein bisschen und mein Arm tut weh."
"Lass mich mal sehen.", sagte ich und nahm nun seinen Arm, um vorsichtig den Verband ab zu nehmen. Dieser war voller Blut und darunter kam ein tiefer Schnitt zum Vorschein, den ich nun genauer betrachtete. Ganz vorsichtig schaute ich es mir genau an und sagte schließlich: "Das hast du aber ordentlich gemacht."
"Und jetzt?", fragte Ben.
"Ich weiß nicht. Wir müssen das jetzt erstmal ein bisschen säubern. Danach kann ich das erstmal genauer beurteilen. Wenn das noch ein bisschen tiefer ist, als man das jetzt sieht, müssen wir ins Krankenhaus."
"Wieso ins Krankenhaus?"
"Ben, das ist ein extrem tiefer Schnitt. Hättest du ein bisschen mehr rechts geschnitten, wärst du jetzt tot. Du musst dann vielleicht mal genäht werden."
Ben schwieg nun.
"Nur weil ich das jetzt gesagt habe, versuchst du es jetzt aber nicht weiter rechts nochmal oder?", fragte ich. Da war ich mir momentan nicht so sicher. Das Ben schwieg machte das jedoch auch nicht besser.
"Ben?", fragte ich ernst. Das machte mir gerade schon ein bisschen Angst. Doch er schwieg auch weiterhin.
"Bitte lass das! Das ist doch keine Lösung! Damit machst du alles kaputt! Ich liebe dich verdammt nochmal und ich ertrage es nicht andauernd zu gucken zu müssen, wie du versuchst dich um zu bringen. Das machen meine Nerven nicht mit! Ich lasse dich nicht sterben! Nie im Leben! Und wenn ich dich wiederbeleben muss. Ich lass dich nicht sterben!", sagte ich ernst und exakt so meinte ich es auch. Ich würde alles tun, damit Ben nicht stirbt und im Notfall wusste ich, wie ich ihn wiederbeleben konnte. Für so etwas war ein Erste Hilfe Kurs dann doch ganz gut.
Ben schaute mich nur aus großen Augen an, doch er sagte noch immer nichts.
"Jetzt mach dich erstmal fertig. Und bitte ohne dich dabei um zu bringen! Ich bring nur gerade die Papiere wieder ins Büro und komme dann wieder.", sagte ich und schnappte mir nun die Papiere, um dann wieder zurück zu Ben zu eilen. Ich traute dem ganzen nicht so wirklich. Ich glaubte zwar nicht, dass er noch einmal versuchen würde sich um zu bringen, aber wirklich sicher war ich mir nicht.

Nachdem Ben sich dann etwas frisch gemacht hatte, organisierte ich schnell einen sauberen Verband und ein Tuch mit einem Eimer Wasser, um damit dann zurück zu Ben zu kehren.
"Was hast du jetzt vor?", fragte er und betrachtete mein Equipment skeptisch.
"Die Wunde säubern und mir das genauer angucken.", sagte ich und tauchte das Tuch in das Wasser.
"Muss das sein?", fragte Ben.
"Ja. Wir können natürlich auch jetzt ins Krankenhaus fahren und das da machen lassen. Das wäre die Alternative."
"Leg los.", meinte Ben nun und reichte mir zögerlich seinen Arm.
"Ich mach auch vorsichtig. Versprochen!", sagte ich und wischte mit dem nassen Lappen nun vorsichtig das getrocknete Blut um die Wunde herum weg. Dabei ging ich ganz vorsichtig vor und bemühte mich Ben möglichst wenige Schmerzen zu bereiten. Er riss sich auch sehr stark zusammen, aber man konnte ihm trotzdem ansehen, dass er starke Schmerzen hatte.
Nachdem ich dann um die Wunde herum alles gesäubert hatte, sagte ich: "So. Jetzt wird es mal kurz schmerzhaft. Ich bemühe mich so vorsichtig, wie möglich zu sein, aber das muss jetzt sein."
Dann nahm ich den Lappen und tupfte vorsichtig die Wunde sauber. Bei jeder Berührung stöhnte Ben mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und man konnte ihm ansehen, was er für Schmerzen hatte. Mir versetzte das jedes Mal einen Stich ins Herz, aber es musste einfach sein. Wenn sich die Wunde entzünden würde, wären die Schmerzen noch schlimmer.
"So. Du hast es erstmal überstanden.", sagte ich, als ich fertig war und strich ihm beruhigend durch das Haar. Ben atmete erleichtert auf und legte seinen Kopf vertrauensvoll auf meine Schulter.
"Ach Schatz. Ich wünschte ich könnte dir das alles irgendwie ersparen. Warum kann nicht alles einfach wieder wie früher sein? Warum müssen ausgerechnet wir so einen Mist durch machen? Was haben wir verbrochen, um das zu verdienen?", fragte ich verzweifelt und sprach somit aus, was mir schon die ganze Zeit im Kopf herum schwirrte. Warum ausgerechnet wir?
"Das wüsste ich auch gerne, aber ich kann es dir nicht sagen.", meinte Ben.
"Was machen wir jetzt? Ich müsste eigentlich noch wenigstens mit Ginger ein bisschen trainieren und ich muss mit den anderen auch noch ein bisschen reden. Mit Scarlett und Capricio müsste ich auch noch ein bisschen was machen."
"Scarlett?", fragte Ben entsetzt und ich hörte schon wieder seine Alarmglocken leuten.
"Ja, aber ich hatte nicht vor mit ihr zu springen. Keine Sorge. Sie muss nur auch ein bisschen was tun. Ich würde sie dann nur vorwärts abwärts ein bisschen locker reiten.", versuchte ich ihn zu beruhigen, doch das klappte nicht so wirklich gut.
"Ich glaube das ist keine gute Idee.", meinte Ben.
"Sie ist nicht gefährlich! Sie hatte nur Angst vor dem Hindernis. Der Sturz war voll und ganz meine Schuld. Hätte ich sie nicht darüber springen lassen, wäre das alles nicht passiert."
"Ich lass dich trotzdem ungern auf sie drauf."
"Ich passe auf. Versprochen! Mir passiert schon nichts."
"Okay. Dann lass uns raus gehen.", meinte Ben und so legte ich ihn noch schnell den frischen Verband an, bevor wir raus gingen. Dort angekommen, kam uns direkt Jenny entgegen und blieb vor uns stehen.
"Bist du Ginger schon geritten?", fragte ich sie nun.
"Noch nicht. Das wollte ich gerade machen. Ich hab sie schon so weit geputzt und sie steht schon seit etwa zehn Minuten in der Führmaschiene.", berichtete Jenny.
"Okay. Du brauchst sie jetzt nicht zu reiten. Ich trainiere jetzt noch ein bisschen mir ihr."
"Gut. Hast du sonst noch irgendwas zu tun für mich?"
"Du könntest mir bitte mal Scarlett fertig machen, sodass die so in zwei Stunden ungefähr fertig ist und wenn du willst kannst du uns helfen einen Parcours auf zu bauen."
"Okay. Ich Zieh mir nur schnell was anderes an. Mein bester Freund hat es mal wieder geschafft mich vollständig nass zu sabbern."
"Lecker! Er scheint dich wirklich zu mögen."
"Ja. Zum Fressen gern."
"Gut. Wir fangen dann schon mal an.", meinte ich und ging nun mit Ben zusammen in die Halle. Dort war Johannes gerade dabei Rose am langen Zügel trocken zu reiten und schaute mich verwundert an.
"Was hast du denn vor?", fragte er.
"Trainieren. Ohne Training kann man Olympia schlecht gewinnen.", meinte ich.
"Bist du sicher, dass das heute eine so gute Idee ist?"
"Nein, aber meine Kleine braucht Bewegung und ich auch."
"Okay. Wenn was ist dann sag Bescheid! Ich bin jeder Zeit für dich da.", sagte Johannes und stieg nun ab, um mit seiner Stute die Halle zu verlassen.

Sprung ins ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt