"So. Ich glaub ich hab die Lösung für euer Problem.", sagte Julia nach einer Weile.
"Und die wäre?", fragte ich gespannt.
"Er macht sich Sorgen um Lisa."
"Was?"
"Er hat mir gezeigt, dass es Lisa wohl die ganze Zeit schon nicht gut ging. Er hat versucht sie davon ab zu halten weiter zu reiten, aber sie hat nicht auf ihn gehört, oder ihn nicht verstanden. Er hat dann irgendwann aufgegeben und sich nur drum gekümmert, dass ihr nichts passiert. Er hat für sie das Rennen gewonnen und hat sich um sie gekümmert, aber dann hat Jenny ihn wohl mit genommen und er macht sich jetzt Sorgen um Lisa. Sie liegt ihm sehr am Herzen und er weiß, dass sie irgendwo in der Nähe ist, aber ihr lasst ihn nicht hin. Wenn ihr ihm jetzt irgendwie klar macht, dass es Lisa gut geht, würde er sich beruhigen."
"Das könnte schwierig werden."
"Warum?"
"Lisa geht es nicht gut. Die ist am Schlafen."
"Oh. Okay. Dann gehst du jetzt zu ihm und erklärst ihm das."
"Wie soll ich das denn machen?"
"Du gehst zu ihm hin, streichelst ihn und sprichst mit ihm. Sag ihm einfach, dass es Lisa so weit gut geht und das du dich um sie kümmerst, oder was auch immer. Hauptsache er macht sich danach keine Sorgen mehr."
"Aber der versteht mich doch gar nicht!"
"Natürlich tut er das. Nur weil er dir nicht antwortet heißt das nicht, dass er dich nicht versteht."
"Okay. Wenn du das sagst."
"Versuch es einfach. Es wird klappen."
"Gut."
"Ach und Ben?"
"Ja?"
"Schenk ihm ein wenig Vertrauen. Er ist ein sehr sensibles Pferd. Er merkt sofort, wenn du Angst hast. Er braucht dein Vertrauen, um sich entspannen zu können. Das ist wichtig."
"Okay. Sonst noch etwas?"
"Sei ehrlich. Er merkt genauso gut auch, wenn du lügst oder an dem zweifelst, was du sagst."
"Das klingt ja als wäre er ein ganz besonderer Fall."
"Ja. Das ist er. Wie du auch."
"Was soll das denn jetzt heißen?"
"Er ist dir vom Charakter sehr, sehr ähnlich. Er denkt, wie du auch und ihm ist Lisa genauso wichtig. Deshalb versteht Lisa sich auch so gut mit ihm. Sie kennt dich sehr genau und weiß, wie sie mit dir in welcher Situation umgehen muss. Bei ihm ist das ganz genauso. Darum dürfte es für dich eigentlich kein Problem sein ihn zu beruhigen. Versetze sich einfach in seine Situation hinein."
"Aha."
"Dann los. Versuch es. Ich muss mich jetzt erstmal um meine drei Schreihälse kümmern.", meinte Julia und legte auf.
Ich packte nun mein Handy weg und ging zu dem Hengst hin. Wie Julia es gesagt hatte, streichelte ich ihn und versuchte ihm so gut, wie möglich zu
vertrauen. Auf seinem Hals ließ ich meine Hand dann schließlich liegen und flüsterte: "Hallo Tahir! Julia hat mir gesagt, dass du dir Sorgen um Lisa machst. Das musst du nicht. Sie ist nur total fertig und muss ein bisschen schlafen. Ich passe schon auf sie auf. Ihr passiert nichts. Das verspreche ich dir. Mir ist sie mindestens genauso wichtig, wie dir. Ich würde niemals zulassen, dass ihr irgendwas zustößt. Das kannst du mir glauben. Ich weiß, dass dich das wahrscheinlich nicht wirklich beruhigt, aber ich passe auf sie auf! Versprochen!"
Sanft strich ich ihm nun noch einmal über den Kopf und nahm Jenny dann die Zügel ab. Der Hengst schaute mich mit gespitzten Ohren aufmerksam an und verfolgte jede meiner Bewegungen.
Ich nahm dem Hengst nun den Sattel ab und warf ihm erst einmal eine Abschwitzdecke über. Dann nahm ich ihm auch die Trense ab und legte ihm stattdessen sein Halfter an. Nun führte ich ihn im Schritt etwas über den Turnierplatz, sodass er erstmal ein wenig runter kam. Dabei sprach ich noch etwas mit ihm. Warum genau ich das machte wusste ich auch nicht, aber es entspannte mich irgendwie und auch der Hengst neben mir schien sich dadurch zu entspannen. Lisa hatte schon Recht. Er war wirklich ein tolles Pferd, aber ich würde mich trotzdem nicht freiwillig auf ihn drauf setzen. Ich war noch nie ein Fan von Pferden, die alle paar Minuten stiegen oder buckelten. Solche Pferde ritt Lisa immer eher. Ich hatte zwar noch nie verstanden warum, aber sie liebte es die besonders schweren Fälle zu reiten, die andauernd versuchten sie runter zu schmeißen. Ich war eher für die ruhigeren Pferde. Auch die waren allerdings nicht immer einfach, denn denen die musste man dauernd vorwärts treiben. Außerdem waren diese dann oftmals nicht so einfach zu händeln, denn sie rannten gerne mal zurück zum Stall. Wir hatten also beide unsere eigene Art von schwierigen Pferden, die wir ritten.Nach einer Weile merkte ich dann, wie es langsam dunkel wurde und stellte fest, dass es doch schon ziemlich spät war. Aus den geplanten zehn Minuten, die ich mit dem Hengst spazieren gehen wollte, waren wohl mehrere Stunden geworden. Nun bemerkte ich auch, dass ich keinen Plan hatte, wo ich mit dem Hengste gelandet war.
"Weißt du, wie wir zurück kommen?", fragte ich den Hengst. Dieser stupste mich an und deutete auf seinen Rücken als wollte er, dass ich aufstieg.
"Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?", fragte ich, doch der Hengst stupste mich aufmunternd an. So langsam machte ich mir Sorgen um meinen Gemütszustand. Jetzt redete ich schon mit durchgeknallten Pferden! Irgendwas sagte mir jedoch, dass ich ihm vertrauen sollte. So schwang ich mich nun auf seinen Rücken. In dem Moment musste ich wohl völlig bescheuert sein. Sich ohne Helm, ohne Sattel und vor allen Dingen nur mit einem Halfter auf ein Pferd zu setzen, dass als völlig durchgeknallt galt und jeden runter schmiss, der auf seinen Rücken stieg. Und das auch noch in irgend einem dunklen Wald, wo niemand einen finden würde. Und vor allen Dingen niemand wusste, wo man war. Das grenzte ja schon fast an Selbstmord! Hoffentlich konnte ich dem Hengst auch wirklich vertrauen. Momentan war ich mir da so gar nicht sicher. Es gab schon einen Grund, warum sich niemand, außer Lisa auf ihn drauf traute.Hey ihr Lieben!
Das war also das letzte Kapitel für das Jahr 2016. Ich wünsche euch einen guten Rutsch ins neue Jahr und ganz viel Glück für 2017!
Auf ein weiteres Jahr mit vielen neuen Kapiteln!
LG
Eure Clairelalue
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Sprung ins Chaos
Random"Sprung ins Chaos" ist der 6. Teil meiner Buchreihe zu den Bewohnern des Gestüts Michalòw und knüpft direkt an den 5. Teil "Der falsche Sprung" an. Auch hier geht es wieder um Lisa, Ben und vor allen Dingen auch Emely, die mal wieder ordentlich Chao...