Kapitel 77

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"Was ist passiert?", fragte ich nun.
"Ben hat versucht sich die Pulsader auf zu schneiden.", sagte Jenny.
"Oh Gott! Blutet es?"
"Ja."
"Stoppt auf jeden Fall die Blutung! Er darf nicht zu viel Blut verlieren!"
"Wie denn?"
"Drauf drücken. Fest drauf drücken. Ich komme!", sagte ich und legte nun auf, um Johannes sein Handy in die Hand zu drücken. Schnell sprang ich auf, um mich dann auf den Rücken von Ginger zu schwingen.
"Was ist passiert?", fragte Johannes, der mir gefolgt war und sich nun ebenfalls auf den Rücken von Dusty schwang.
"Ben hat versucht sich um zu bringen.", sagte ich nur knapp und galoppierte meine Stute an. In Windes Eile raste ich zurück zum Gestüt, das ich zum Glück leicht wieder fand. Es war schon ganz gut, dass ich mich in den Wäldern aus kannte.
Wieder am Gestüt angekommen, sah ich schon vom Weiten Julian, der wild mit den Armen rum fuchtelte. Ich sprang nun von Gingers Rücken und rannte auf Julian zu.
"Wo ist er?", fragte ich leicht panisch.
"In der Halle.", meinte Julian und zog mich nun mit sich in diese Richtung. Das wäre allerdings nicht nötig gewesen, denn ich rannte auch alleine so schnell, wie möglich zur Halle. Dort sah ich Ben bereits auf dem Boden liegen und erkannte Jenny, die neben ihm kniete. So schnell ich konnte, rannte ich zu ihnen und ließ mich neben Ben auf die Knie fallen.
"Ja endlich! Ich dachte schon du kommst nie!", sagte Jenny, die kriede bleich war.
"Verbandskasten!", wies ich sie nur an und übernahm nun Bens Arm, der noch immer schwach am Bluten war. Fest umfasste ich seinen Arm und Ben stöhnte leicht auf, als ich auf den Schnitt drückte.
"Warum machst du so etwas? Weißt du eigentlich wie fertig du mich damit machst?", fragte ich nun völlig fertig.
"Bitte lass mich einfach sterben. Ich hab es nicht anders verdient. Du hast einen besseren Mann verdient, als mich.", sagte Ben schwach.
"Bist du jetzt völlig durchgeknallt? Ich lass dich garantiert nicht sterben! Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich liebe dich verdammt nochmal! Ich will dich nicht verlieren!"
"Nein, Lisa. Ich mache dich nur kaputt. Ich bin nicht gut für dich."
"Du bist krank! Das hätte ich schon viel eher merken sollen! Du brauchst dringend professionelle Hilfe! Das kann so nicht weiter gehen! So bald es geht fahren wir beide zu einem Psychologen!"
"Das bringt doch alles nichts! Lass mich einfach sterben!"
"Nein verdammt! Ich brauche dich!", rief ich und brach erneut in Tränen aus. Es tat einfach verdammt weh, was Ben da von sich gab.
"Ich bin nicht gut für dich. Ich bringe dich nur zum Weinen! Bitte lass einfach meinen Arm los! Ich will sterben!", sagte er ernst.
"Ben! Ich lasse dich verdammt nochmal nicht sterben! Ich lasse nicht zu, dass Emely ihren Vater schon mit sechzehn verliert und das dein Enkel seinen Opa niemals kennen lernt! Du wirst nicht sterben! Wir brauchen dich hier! Ich brauche dich! Du bist mein ein und alles. Ich liebe dich und ich will dich nicht sterben sehen! Bitte krieg doch endlich die Kurve und ende nicht, wie meine Mutter! Reicht es nicht, dass ich ihre Leiche nach dem Selbstmord sehen musste? Muss ich auch noch dir, meiner großen Liebe, beim Selbstmord zu gucken? Bitte, bitte lass das! Ich ertrage es nicht dich sterben zu sehen! Nerv mich solange du willst, frag mich von mir aus alle zwei Sekunden, ob auch wirklich alles in Ordnung ist, aber bitte stirb nicht! Tu mir das nicht an!", flehte ich, doch Ben schaute mich nur kalt an. Vorsichtig nahm er meine, mittlerweile ziemlich kraftlose, Hand und schob sie zur Seite. Langsam lief das Blut seinen Arm herunter doch ich reagierte. Blitzschnell drückte ich mit der anderen Hand auf die Wunde. Ich spürte das warme Blut an meiner Hand, aber das war mir völlig egal. Er durfte nicht sterben! Wo blieb eigentlich verdammt nochmal Jenny mit dem Verbandskasten? Ich brauchte hier dringend Hilfe! So langsam wurde mir das echt zu viel.
"Lisa ich will sterben! Lass mich hier einfach verbluten und geh! Dann brauchst du mir auch nicht zu gucken. Ist mir völlig egal, aber bitte lass mich sterben!", sagte Ben nun laut und deutlich.
"Sag mal hackts bei dir? Kaum bin ich ein paar Tage weg und schon willst du dich umbringen oder was? Denk gefälligst mal nach, bevor du so einen Mist machst! Überleg dir doch mal, was du Lisa damit antust! Und vor allen Dingen Emely! Soll sie mit 16 ihre erste Leiche sehen und dann auch noch die von ihrem Vater? Du weißt ja wohl am besten, wie traumatisierend das ist! Willst du wirklich, dass deine Tochter irgendwann genauso endet, wie du, weil sie den selben Mist durchmachen musste?", hörte ich nun eine Stimme hinter mir wütend rufen und erkannte sofort, dass es Julia war. Dankbar atmete ich aus. Endlich jemand, der mir helfen konnte und das schien scheinbar zu wirken, denn Ben begann nun wirklich nach zu denken. Dann sagte er jedoch: "Es tut mir leid, aber ich kann das einfach nicht mehr. Ich mache euch alle nur kaputt. Bitte lasst mich einfach sterben!"
"Jetzt halt einfach mal die Klappe und hör mir zu! Du bist krank und brauchst dringend einen Psychologen! Du bildest dir vielleicht ein, dass das hier die letzte Lösung ist, aber das stimmt nicht! Du kannst da raus kommen! Du kannst deine Verlust Ängste ab legen! Du brauchst nur Hilfe! Und das am Besten sofort! Wenn du dich hier jetzt umbringst, dann bringt das keinem was! Lisa wird daraufhin in ihrer Trauer versinken und sich über kurz oder lang auch umbringen. Willst du das? Willst du, dass deine Tochter schon mit 16 Vollwaise ist? Willst du, dass sie den Rest ihres Lebens mit dem Gedanken klar kommen muss, dass ihre Eltern sich umgebracht haben? Willst du das?", redete Julia ihm ernst ins Gewissen.
"Nein.", kam es leise von Ben. Er schien jetzt erst zu verstehen, wie das hier enden würde, wenn er sich umbrachte.

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