Kapitel 35

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Den Rest des Tages verbrachte ich damit mit Ben und Tom in alten Erinnerungen zu schwelgen. Dabei ließen wir die schlechten Momente jedoch aus. Wir sprachen über die vielen tollen Siege und vor allen Dingen auch die vielen unvergesslichen Momente, die sie uns beschert hatte. Für mich war das alles nicht wirklich einfach und ich weinte viel, aber danach ging es mir einfach besser.

Am Abend stand dann wieder etwas Büro Arbeit an, bevor ich dann zu Bett ging. Schlafen konnte ich allerdings nicht. Viel zu viele Gedanken kreisten in meinem Kopf. Was wäre gewesen, wenn wir das Turnier damals nicht geritten wären? Wäre sie dann jetzt noch am Leben? Hätte sie dann noch viele glückliche Jahre auf der Weide verbracht? Hätte ich mit ihr dann noch ein letztes Jahr normal starten können?
Das alles ging mir durch den Kopf.
Nach einer Weile gab ich es dann auf zu versuchen ein zu schlafen und stand auf.
"Wo willst du hin?", fragte Ben noch im Halbschlaf.
"Schlaf weiter. Ich will nur ein bisschen raus zu Ginger. Ich komme bald wieder.", sagte ich und wenig später schlief Ben auch schon wieder. So zog ich mir nun leise etwas über und ging dann raus. Lotta klebte mir sofort an den Fersen und so ging ich zusammen mit der Hündin raus. Der erste Weg führte mich direkt zu Darlings Grab. Ich musste jetzt einfach mit ihr reden. Ob sie mich hörte oder nicht war mir dabei relativ egal. Hauptsache ich konnte reden.
So kniete ich mich nun vor das Grab in das Gras und flüsterte: "Hallo meine Kleine! Ich hoffe dir geht es gut und du bist glücklich. Hier ist momentan alles etwas chaotisch. Emely ist schwanger von jemanden den keiner von uns so wirklich kennt und der nichtmal ihre Sprache spricht. Ben dreht deswegen total durch. Das ist alles nicht so einfach und ich... Ich vermisse dich! Morgen ist es 18 Jahre her, dass ich dich das letzte Mal so richtig bei mir hatte und du Fehler mir einfach so sehr! Ich wünschte du wärst hier. Bei mir."
Ich konnte es einfach nicht verhindern, dass mir die Tränen kamen, aber das war auch egal. Hier sah mich sowieso keiner. Bei mir war nur meine Hündin, die dicht an mich gekuschelt neben mir lag.
"Ich bin immer bei dir.", hörte ich nun eine vertraute Stimme sagen und als ich auf schaute stand Darling vor mir.
"Darling! Ich hab dich so sehr vermisst!", sagte ich glücklich.
"Ich bin immer bei dir Lisa. Das weißt du doch."
"Ja, aber es ist einfach nochmal was anderes, wenn du vor mir stehst."
"Ich kann dich verstehen, aber glaub mir. Du bist nie allein. Ich bin immer bei dir und ich werde es auch für immer sein."
"Wie geht's dir?"
"Mir geht es dann gut, wenn es dir gut geht und dir geht es momentan nicht gut. Deshalb bin auch ich nicht glücklich."
"Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll. Wie soll ich Paul erklären, dass Emely von ihm schwanger ist? Woher soll ich wissen, dass er auch wirklich der Richtige für sie ist und was ist, wenn er nichts von ihr will?"
"Mach dir keine Sorgen. Emely ist ein sehr selbstbewusstes und starkes Mädchen. Sie wird das schaffen. Und Paul ist sehr nett. Er ist der Richtige für sie. Das kann ich dir sagen. Er mag sie wirklich sehr."
"Und was ist mit Ben? Der kommt mit der kompletten Situation einfach nicht klar und ich hab keine Ahnung, wie ich es schaffe, dass Paul ihm morgen begegnen kann, ohne, dass er danach einen Kopf kürzer ist."
"Ben meint das nicht böse. Du und Emely. Ihr seid ihm einfach verdammt wichtig und er will einfach nicht, dass ihr etwas zu stößt. Er macht sich Sorgen und daran kannst auch du nicht viel ändern. Er muss sich damit einfach irgendwie abfinden. Ich würde nur aufpassen, dass Paul ihm in der nächsten Zeit nicht unbedingt begegnet. Sonst ist er wirklich einen Kopf kürzer."
"Kann ich denn wirklich nichts machen?"
"Nein. Das wird schon alles. Ben wird damit klar kommen."
"Okay. Danke!"
"Gern."
"Was sagst du eigentlich zu Ginger. Sie macht sich gut, oder?"
"Sehr gut. Und du reitet sie auch sehr gut. Sie hat dich sehr gern und ihr beide werdet bestimmt noch viel zusammen erreichen."
"Denkst du wir schaffen Olympia?"
"Ginger würde für dich durchs Feuer gehen. Da ist Olympia nichts gegen."
"Also meinst du wir hatten eine Chance?"
"Wenn ihr das wirklich wollt, könnt ihr das gewinnen!"
"Wirklich?"
"Ja! Ich hätte nur einen Wunsch."
"Was denn für einen?"
"Ich wünsche mir, dass du sie mit meiner alten Ausrüstung reitest."
"Das kann ich nicht. Es tut mir wirklich leid, aber das kann ich einfach nicht. Ich kann mich nicht mehr in diesen Sattel setzen, ohne an den Unfall zu denken. Das geht nicht."
"Doch. Du schaffst das. Da bin ich mir ganz sicher! Es hing nicht mit dem Sattel zusammen, dass wir gestürzt sind ind es ist einfach schade, dass der tolle Sattel jetzt in der Sattelkammer verstaubt."
"Ja. Das stimmt, aber Ginger hat ihren eigenen Sattel und ich bringe es einfach nicht über das Herz noch einmal in deinen Sattel zu steigen."
"Ihr Sattel passt ihr nicht mehr. Sie hat in den letzten Monaten sehe viele Muskeln aufgebaut und der Sattel passt einfach nicht mehr. Mein Sattel würde ihr perfekt passen. Vertrau mir und versuch es einfach. Du schaffst das. Du kannst sie mit diesem Sattel reiten! Das schaffst du!"
"Ich weiß nicht..."
"Mach es einfach. Stell dir Ben an den Rand. Der unterstützt dich. Glaub mir. Es wird gut gehen."
"Okay. Dir zu Liebe versuch ich es."
"Danke!"

Lange unterhielt ich mich noch mit Darling, bevor ich dann wieder rein ging. Mittlerweile war es schon spät in der Nacht und ich legte mich nun wieder ins Bett. Diesmal fand ich auch die nötige Ruhe, um zu schlafen. Es tat gut endlich mal wieder mit meiner Stute gesprochen zu haben und es nahm mir eine große Last von den Schultern.

Sprung ins ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt