Kapitel 6

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Ich schlag meine Augen auf. Ich liege eingehüllt in meiner Decke auf der Hollywoodschaukel, die sich auf meinem Balkon befindet.
Ich hatte gestern bis spät in die Nacht darüber nachgedacht ob es das Richtige war den Kuss zu erwiedern.

Ich mag ihn echt, aber das ist eigentlich nur auf freundschaftlicher Ebene und trotzdem hat mir der Kuss gefallen. Und mich damit sehr verwirrt.

Ich stehe auf. Ich hab immer noch das Kleid von gestern an.
Auf Deutsch gesagt, mein Gesamtbild ist furchtbar.
Ich beschließe also in mein Bad zu gehen um als erstens einmal zu duschen.

Das kühle Wasser lief angenehm über meine Haut. Es ist sehr entspannend, weshalb ich es mal wieder mit der Zeit übertreibe.

Gute 45 Minuten später bin ich fertig mit meiner Dusche und trockne mich ab.

Anschließend mache ich mich auf den Weg zu meinem Kleiderschrank.
Ich suche mir ein hellblaues Kleid für heute raus. Es hat einen breiten Streifen an der Taille​ aus unterschiedlich großen, silberen Strasssteinen, was wirkt wie ein Gürtel und das Kleid edel wirken lässt. Es war etwas kürzer als knielang und trägerlos.
Danach mache ich meine Haare und trage Mascara, Concealer und etwas Lippenbalsam auf.

Fertig mit dem Ganzen gehe ich in die Küche.

Wie immer liegt die Zeitung von heute ordentlich auf dem Tisch. Ich hole mir eine Schüssel und mache mir Milch und Müsli hinein. Zuerst das Müsli und dann die Milch -ich kann Leute nicht verstehen, die es anders rum machen.
Dann setze ich mich an den Tisch und schaue Seelenruhig auf die erste Seite der Zeitung.

Als ich das Bild darauf sehe, verschlucke ich mich beinah.

Denen ihr ernst? Haben die keine anderen Hobbys als mich zu stalken?

Eine Affäre oder eine richtige Beziehung?

Deckt als Überschrift die Seite und daneben das Bild von Nicolas und mir wie wir uns küssen.
In überraschend guter Auflösung.

Wie kann man aus so einer Entfernung ein qualitativ gutes Bild schießen?
Warte... bessere Frage, wieso zur Hölle ist dieses Bild überhaupt in der Zeitung? Und wieso bin ich gerade anscheinend Gesprächsthema Nummer eins?
Vater wird das wahrscheinlich wieder super gefallen.
Toll... wirklich toll...
Was wohl Stefen jetzt denkt?
Nein! Halt stop, falscher Gedanke!
Er ist mir egal! Ja genau er interessiert mich 0,0%!

“Miss Isabella.“ wurde ich von Emma aus den Gedanken gerissen “Sie haben Besuch, erneut!“

Erneut?
Also ist es wieder Nicolas?
Gut, ich muss so oder so mit ihm reden.

Ich nicke dankend Emma zu. Ohne weitere Worte geht sie wieder und widmet sich ihrer Arbeit.
Ich esse noch schnell mein Müsli zu Ende. Ich meine, so lange kann er jetzt auch noch warten.

Als ich auf den Flur zu ging fing ich irgendwie an zu Lächeln.

Nicolas brauchte wieder etwas Aufregung und Leben in mich. Er hat meine graue Bleistift Zeichnung mit Farben bemalt. Auch wenn es für den Anfang noch eintönige dunkle Farben sind.

Doch als ich sehe wer mich besucht verschwand mein Lächeln. Stocksteif verweile ich in meiner Bewegung.

Wieso ist er hier?
Warum bleibt er nicht weg?
Weshalb kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen?

Da steht er nun vor mir, mit großen Augen und mustert mich als wäre ich das wertvollste in seinem Leben.
“Es tu...“ fing er an doch sieht sofort auf den Boden, um kurze Zeit später wieder hoch zu sehen.
Ich stehe immer noch auf der Treppe und bin deshalb höher als er.
“Nein, ganz ehrlich, es tut mir nicht leid! Ich wollte dich sehen! Ich musste dich einfach sehen!“ Kurz schwiegen wir Beide. Ich bin einfach unfähig etwas zu sagen.

Ich dachte es wäre alles gesagt und alles geklärt, aber anscheinend habe ich mich geirrt.

“Du hast dich verändert! Das Kleid steht dir echt...“ sagt er. 'Danke' wäre eine angemessene Antwort gewesen, doch ich bin überfordert. Überfordert mit dieser ganzen Situation.
“Was willst du?“ frage ich also kühl. Er fährt sich unsicher mit der Hand durch die Haare. Diese Geste kenne ich noch, er hat sie früher auch oft gemacht wenn er nervös war.

Anscheinend hat er recht und ich bin die, die sich geändert hat während er noch der Selbe ist und vielleicht sogar auf mich wartet.
Was denke ich denn da? Er wird lange auf mich warten müssen, ich habe ihn schon aufgegeben.

“Ich... ich wollte dich einfach nur sehen!“ beantwortet er meine Frage. Ich atme tief durch. “Du hast mich nun gesehen! Also verpiss dich nun aus meinem scheiß Leben!“ Die Worte kommen mir nur schwer über die Lippen, dennoch liegen keine Zweifel in meinen Worten, einfach nur reine Stärke.
Ich drehe mich um, um die Treppe wieder hoch zu laufen.
Doch plötzlich spüre ich eine Hand an meinem Handgelenk und werde sachte umgedreht.
Nun ist er nur eine Stufe tiefer als ich. Er ist mir so nah. Zu nahe, wenn man mich fragt.
“Du sagtest, du wirst mich immer lieben!“ haucht er schon fast. Ich schlucke und sage sicher “Das war bevor du mein Kind getötet hast!“ Verletzt sieht er mich an. “Du hast mich gefragt, wieso ich hier bin.“

Worauf will er hinaus?

“Ich wollte mich selbst überzeugen. Das Bild wie Nick dich küsst hat mich innerlich... zerrissen. Zu wissen, dass ein Anderer deine Lippen berühren darf. Ich wollte mich einfach selbst überzeugen, ob das Mädchen, dass mich liebte wirklich gestorben ist. Ob wirklich alles vorbei ist. Ob...“
Ich spüre wie mir langsam die Tränen in die Augen stiegen.

Fuck!

Ich versuche es zu ignorieren und sage kühl “Hör auf zu kämpfen. Es zerstört dich nur!“ Ich entreiße ihm meinen Arm, drehe mich erneut um und lief weg. Doch diesmal schneller und mit verschwommener Sicht.

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Hat Stefen noch eine Chance? Was denkt ihr?

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