26 Wenn seine Worte wahr werden #Zomdado

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"Geh sterben!",schrie er mir nach. "Ja gerne",flüsterte ich und ging. Ich ging zu dieser einen Brücke. Unter ihr ein strömender Fluss. Viele haben hier schon Selbstmord begangen und jetzt werde ich auch einer von ihnen sein. Ich stieg über das Geländer und setzte mich darauf. Meine Beine baumelten hinunter. Der Fluss rauschte und übertönte den Straßenlärm. Ich lehnte mich leicht vor. Bald wird es vorbei sein. Dann liegt mein lebloser Körper am Boden. Ich atmete nochmals tief durch. Jetzt machte ich ihnen einen Gefallen. Ich werde sterben und sie werden lachend auf meinem Grab tanzen, weil sie mich endlich loshaben.

Außerdem ging mir dieser Junge nicht mehr aus dem Kopf. Seit 4 Jahren versuchte ich seine Stimme im Kopf zu behalten. Ich hatte mich mit 15 in diesen 12 Jährigen verliebt. Ich merkte, dass ich schwul bin. Und ich hatte ihn nie wieder gesehen. Seine nassen Haare, seine liebliche Stimme, seine ruhige Art, seine Worte. Alles war tief in meinen Gedanken verankert.

Plötzlich packte mich jemand an meiner Hüfte. Diese Person zog mich vom Geländer und hielt mich fest. Er drückte mich so sehr an sich, als hätte er Angst, dass ich mich losreiße und einfach springe. Er drückte mich so fest, als wollte er zeigen, dass er mich nicht alleine lassen wird. Als er sich von mir entfernte, blieben seine Hände eine Sekunde länger als nötig an meiner Hüfte. Er sah mich traurig lächelnd an. "Du solltest doch noch 2 Jahre warten. Meine Mutter ist schon wieder hinter mir her. Wir haben vielleicht zehn Minuten und ich muss dir so viel sagen",meinte er. Ich sah ihn sprachlos an. Es war der Junge vom Spielplatz.

"Warte noch 6 Jahre. Dann werde ich kommen und dich retten",murmelte ich. "Ja, du erinnerst dich",rief er freudig. Ich musterte ihn. Er hatte sein Kindergesicht verloren, er war größer geworden und überragte mich um ein paar Zentimeter. Über seiner Schulter hing eine große Sporttasche. "Bist du auf der Flucht?",fragte ich unf lachte zum Schluss leicht. "Ja, ich bin von Zuhause abgehauen und wollte dich suchen. Ich hatte keinen Bock mehr",erzählte er. "Komm mit, mein Auto steht da hinten",schlug ich vor. "Perfekt!" Er schmiss seine Tasche auf den Boden. "Dann sieht es so aus, als wäre ich gesprungen",meinte er.

Ich parkte das Auto aus und fuhr in Richtung Stadtmitte. "Wo willst du hin?",fragte ich. "Brauchst du nicht noch Geld?",fragte er. "Das können wir überall anders machen. Hast du Geld?",erwiederte ich. Er nickte. "Seit meine Mutter diesen reichen Schnösel geheiratet hat, habe ich ihr immer ein wenig Geld aus der Brieftasche geklaut. Außerdem habe ich viel Taschengeld bekommen. Die Summe reicht für ein halbes Jahr mit geringer Miete. Ich habe das alles ausgerechnet seit ich 14 war. Ich wollte nur von hier weg."

Ich nickte. "Wie wäre es mit einer kleinen Stadt. Dort sind die Wohnungen nicht so teuer",schlug ich vor. Er nickte. "Das ist gut." Ich fuhr also auf die Autobahn in irgendeine Richtung. "Wie heißt du eigentlich",begann er nach langem Schweigen. "Michael, aber im Internet nennen mich alle Zombey. Das ist mir auch lieber. Ich hasse meinen Namen ",antwortete ich. "Was hasst du denn nicht?",fragte er kichernd, weshalb ich grinsen musste. "Dich",meinte ich ehrlich. "Ich hasse dich auch nicht, Zombey." "Und dein Name?" "Maurice, aber da ich dich auch mit seinem Nickname anspreche, darfst du das auch. Für dich bin ich Maudado."

Bei einer Raststätte machten wir Pause. "Du weißt ja, ich muss dir noch so viel sagen, aber das wollte ich jetzt nicht im Auto machen",begann Maudado. Ich legte meinen Kopf schief und sah ihn abwartend an. "Ich muss sagen, dass ich dich seit unserem ersten Treffen nicht mehr aus dem Kopf bekommen habe. Ich glaube, dass es Schicksal war, dass wir beide uns zwei mal getroffen haben und wir jetzt wegfahren. Und ich glaube auch, dass ich es lange mit dir aushalten werde, weil ich...ich dich liebe."

Mit offenem Mund sah ich ihn an. "Also, ich glaube, dass ich dich liebe",redete er schnell weiter. "Lass es uns ausprobieren",forderte ich ihn auf. Schneller als er reagieren konnte küsste ich ihn. In mir explodierten die Gefühle die ich seit Jahren versteckt hatte, die ich zurückgehalten hatte. Fröhlichkeit, Glücklichkeit, Liebe, Lust. Alles kam plötzlich hoch. Ich entfernte mich wieder von ihm. Es kostete viel Überwindung, aber irgendwie hat es sich gelohnt.

Er sah mich erst einfach nur an. Dann sagte er mit leicht zitternder Stimme:"Ich glaube, ich liebe dich wirklich." Er presste seine Lippen auf meine und es führte bei mir zu einer Reizüberflutung. Ich spürte überall das angenehme Kribbeln. Seine Hände ruhten auf meiner Hüfte und ich schlang meine um seinen Hals.

"Der erste Kuss auf einer Autobahnraststätte. Ich hätte mir nie etwas romantischeres vorstellen können",kicherte Maudado, als wir in dem schäbigen Restaurant zu Abend aßen.

Oneshots | YouTuberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt